
Ursachen für Wiedergeburt und für reine Welten
Viele Menschen erkennen, dass ihre Seele unsterblich ist und entsprechend ihrem Karma und Tendenzen in verschiedenen Welten inkarniert, bis sie Erleuchtung und Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten erreicht.
Das karmische Universum, also das, was ein Individuum wahrnehmen kann, entsteht im Moment vor der Wiedergeburt. Das Bewusstsein eines fortgeschrittenen spirituellen Praktizierenden kann im astralen Zwischenzustand, in dem man nach dem Tod ist, die Quelle erkennen und in der Natur des Geistes wie in einem leuchtenden Raum verweilen. Er kann alle vor ihm erscheinenden astralen Energien in sein Bewusstsein integrieren. Er ist von ihnen unabhängig, kann mit ihnen spielen und zu einem Wesen in einem Regenbogenkörper werden, gleich einer Gottheit.
Für alle anderen, die den Raum der Quelle des Bewusstseins nicht erkennen, ist es unmöglich, die während dieses Zwischenzustandes entstehenden astralen Visionen zu integrieren. Ihr Geist klammert sich an diejenige dieser Erscheinungen, die seinem Karma am besten entspricht. Die Folge davon ist, wieder in einen materiellen Körper und in das manifeste Universum einzutreten. Hier trennen sich die Wege von Samsara und Nirvana.
Leuchtendes Universum
Das gesamte sichtbare äußere Universum verfügt über Leuchtkraft, Glanz und Strahlkraft. Dieses Strahlen wird Prakasha genannt. Ein weiterer Faktor des Universums ist das Bewusstsein (Vimarsha). Diese beiden Grundprinzipien, die strahlende Leuchtkraft (Prakasha) und das Bewusstsein dafür (Vimarsha), sind die Grundlage der Wahrnehmung jeder Art von Energie.
Heilige und Mahasiddhas sehen das Universum beispielsweise als eine leuchtende, vielfältige Substanz aus subtilen, leuchtenden Fäden, die mit Bewusstsein ausgestattet sind.
Wenn man das Glück hatte, in einem dunklen Retreat (einer längeren Meditationsphase in einem dunklen Raum) oder mit Hilfe einer fortgeschrittenen Jyoti-Yoga-Praxis zu meditieren, dann hat man vielleicht diese Lichtstrahlen schon selbst gesehen. Es bedarf dazu keines dunklen Retreats: Wenn Sie in eine Lichtquelle schauen, die Augen soweit beinahe schließen, dass Sie durch Ihre Wimpern schauen, oder das Licht so durch Ihre Hand leiten, dass es von Ihren Fingern reflektiert wird, sehen Sie subtile Lichtstrahlen, die sich in alle Richtungen ausdehnen. Dies ist noch kein Jyoti-Yoga, aber sein Anfang.
Sobald Sie mit den Lichtstrahlen arbeiten und sich mit ihnen integrieren, beginnen Sie allmählich zu verstehen, dass man das Leuchten als die Natur der Realität bezeichnet. Stellen Sie sich vor, dass das Universum eines heiligen Mahasiddhas nur aus solchen Strahlen besteht (er sieht es nur so), dann verstehen Sie, dass das Universum tatsächlich transzendentales Bewusstsein, Brahman ist.
Das ist nicht nur Philosophie, das ist direktes Erkennen. In unserer Tradition hat diese direkte Wahrnehmung eine große Bedeutung. Deshalb gelten die Methoden des Anuttara-Tantra als so wertvoll. Im Advaita bezeichnet man das Universum als das Absolute, das wir aber nicht sehen. Praktizieren wir jedoch die direkten Methoden des Anuttara-Tantras, können wir die Welt tatsächlich in reiner und richtiger Sicht wahrnehmen.
Universum als Brahman und transzendentales Bewusstsein
Die Aussage, das Universum sei Brahman, das transzendentale Bewusstsein, bedeutet, dass das Universum real ist, wenn die Gedanken und alles darin als Brahman wahrgenommen werden. Und es ist unwirklich, sobald man die Gedanken und alles andere als etwas vom Brahman Getrenntes wahrnimmt. Daher sind Illusion (Maya) und Realität ein und dasselbe.
Auf die Frage, ob die Welt wirklich eine Illusion sei, antwortete Ramana Maharshi: „Auf der Ebene eines spirituell Suchenden muss man sagen, dass die Welt eine Illusion ist. Es gibt keinen anderen Weg. Wenn ein Mensch vergisst, dass er Brahman und damit ewig und allgegenwärtig ist, und sich durch den Gedanken, er sei ein Körper, in einem Universum voller vergänglicher Dinge täuschen lässt, dann müssen Sie ihn daran erinnern, dass die Welt unwirklich und trügerisch ist. Warum? Weil sein Blick, nachdem er sein eigenes „Ich“ vergessen hat, im äußeren materiellen Universum feststeckt. Er wird sich solange nicht nach innen wenden, um nach einer Innenschau zu suchen, bis man ihm klarmacht, dass dieses gesamte äußere materielle Universum unwirklich ist.“
Illusion und Realität
Um unseren Blick vom äußeren Universum abzulenken, üben wir, es als illusionär und unwirklich zu betrachten. Dabei machen wir den Vorbehalt, dass zwar unsere Wahrnehmung und Sichtweise unwirklich, die Energie selbst jedoch real ist.
Erlebt ein Yogi Verwirrung, Unwissenheit und Leid, muss er sich selbst daran erinnern: „Das Universum, einschließlich ihm selbst (so wie er sich sieht), ist nicht real.“ Vielmehr sollte er auf das wirklich Reale achten: Die Quelle des Bewusstseins ist real, diese Quelle ist das wahrnehmende Bewusstsein. Man sollte an diesem inneren Beobachter festhalten und sich vorstellen, dass alles, was im Universum geschieht, ein reines und spontanes Spiel des Absoluten ist.
Man muss dies nicht nur als eine philosophische Sichtweise akzeptieren, sondern vor allem auf der Ebene der konditionierten Reflexe, also der unterbewussten Ebene. Nur dann kann die Selbstbefreiung von der Unwissenheit funktionieren.
Verschiedene Wesen können ein und dasselbe Objekt auf unterschiedliche Art wahrnehmen. Zum Beispiel nehmen die Menschen einen Fluss als Wasser, Götter als Nektar, Asuras (kriegerische Halbgötter) als Waffe, Pretas (hungrige Geister) als Eiter und Fäkalien, Höllenwesen als heiße Lava und Tiere als Lebensraum wahr. Dies liegt an ihrer karmischen Sichtweise.
Wovon hängt diese karmische Sicht ab? Es kommt darauf an, welche feinstofflichen Kanäle im Körper aktiviert sind und welche subtilen Geisteszustände und Elemente dominieren.
Karmische Vision klären
In der relativen Dimension besteht unsere Aufgabe darin, unsere karmische Sicht ständig zu reinigen. Indem wir zum Beispiel mentale Einstellungen (Sankalpas) gemäß der Sicht von Advaita festigen, spirituelle Verdienste ansammeln sowie die Grundsätze der Gebote und der Reinheit befolgen, reinigt sich unsere karmische Sicht. Das geschieht ebenso beim Betrachten eines Yantras oder Mandalas und beim Hören der Klänge von spirituellen Gesängen (Bhajans).
Wir müssen unsere Sicht kontinuierlich reinigen, bis sie die unreine karmische Sicht verdrängt und sie wirklich rein wird. Reinigung bedeutet auch, die reine Sichtweise zuerst mental zu praktizieren. Zuerst übt man die reine Sicht als Konvention, dann sieht man tatsächlich so und verdrängt dadurch die unreine karmische Wahrnehmung.
Zunächst gehen wir davon aus und denken: „Ja, vielleicht, wenn die Heiligen sagen, dass es im Körper jedes Menschen subtile Kanäle und darin hohe göttlichen Energien gibt und dass alle Situationen, die auftreten, Spiele des Absoluten sind, dann versuche ich einfach daran zu glauben.“ Nach und nach gewöhnt man sich daran und beginnt tatsächlich, die subtilen Energien zu erkennen, die hinter jeder Situation wirken. Und irgendwann hat man keine Zweifel mehr. Man kann sehen, wie göttliche Kräfte zu wirken beginnen und die Menschen einfach ihre Träger und Verkörperungen sind, sozusagen ihre Avatare.
Außerdem erhält man in allen Situationen Einblick in derartige Spiele. Wenn sich Ihre reine Sicht und die Wahrnehmung des Göttlichen vertiefen, beginnen Sie, die Quelle dieser göttlichen Kräfte zu erkennen: das eine, allumfassende göttliche Bewusstsein, das wie der leuchtende und unendliche Raum ist.
Reine karmische Sicht
Potenziell und in reiner karmischer Sicht ist jeder von uns eine Gottheit, die ihre Spiele (Lilas) ausführt und sich dabei wie ein spirituell Praktizierender oder ein weltlicher Mensch verhält. Unser Bewusstsein versteht dies aufgrund seiner Gewohnheiten noch nicht, weil es von diesen subtilen göttlichen Kräften sehr weit entfernt ist. Trotzdem ist es bereits so. Die Aufgabe besteht also darin, dies zu erkennen und sich wieder vollständig mit der reinen karmischen Sicht zu identifizieren.
Übergang in eine reine Dimension
Man sagt, dass ein Yogi zu reiner Sicht und Wahrnehmung gelangen muss. Die Erleuchtung ist ein solcher – und vollständiger – Übergang in eine andere Dimension des Bewusstseins, in das Feld des göttlichen Spiels und der reinen Sicht. Dies bedeutet nicht, dass man in ein reines astrales Land, wie Shambhala, Tushita oder das reine Land Padmasambhavas gehen muss. Es meint, dass Ihre Sicht hier, auf der physischen Ebene, radikal zu ändern und zu reinigen ist. Die Welt um einen herum wird im Rahmen dieser reinen Sicht als eine Art Mandala wahrgenommen. Ihre Handlungen werden zum Spiel, zu spontanen und unmotivierten Aktivitäten.
Im Mandala-Zustand scheint der Yogi im Zentrum des Universums zu stehen und alle Energien sind Ausdruck seines eigenen „Ichs“. Der Übergang zur reinen Sicht, zu einer reinen Dimension ist das, was für einen Yogi wirklich geschieht, nachdem er die Natur des Geistes für sich eröffnet und sich von seiner unreinen karmischen Sicht gereinigt hat. Auf diese Weise wird der Mensch wie eine Gottheit, ist genauso befreit und erlebt die Welt um sich herum als göttlich und vollkommen rein.
Der verwirklichte Meister und das Mandala der reinen Sicht.
Folgt man einem spirituellen Meister, praktiziert man so. Wenn man Heiligen oder verwirklichten Meistern folgt, betritt man ihr Mandala. Das ist die Grundlage der tantrischen spirituellen Ausbildung sowohl im Vajrayana-Buddhismus als auch im Hinduismus. Nachdem man die Fülle an Übertragungen empfangen hat und der Geist klarer geworden ist, aktiviert sich ein subtiler, leuchtender innerer Raum, mit dem man sich vollständig vereint. Der Raum um einen herum wird vollständig klar, man selbst zu seiner zentralen Gottheit. Und dann entfalten sich endlos die eigenen, spontanen, kreativen Aktivitäten, die auch neue astrale Welten entstehen lassen können.
Sobald man sich selbst erkannt hat, weiß man:
- Im Universum gibt es nichts anderes als Brahman.
- Das gesamte Universum muss als Brahman verstanden werden.
- Ohne Brahman gibt es kein Universum.
Bis ein Mensch Brahman als die Quelle von allem erkennt, muss man ihm jedoch sagen, dass das äußere Universum eine Illusion ist.
Die Wahrnehmung von sich selbst ändern
Um Befreiung zu erlangen, muss man so früh wie möglich damit beginnen, die eigene Wahrnehmung des Göttlichen in sich selbst zu fördern. Im Zustand eines hungrigen Geistes, voll von verschiedenen Wünschen und von Unzufriedenheit, ist es schwierig, Befreiung zu erlangen. In diesem Zustand ist das Bewusstsein zunächst zu verschiedenen Niederlagen verurteilt. Einem Bewusstsein, das Unzufriedenheit, Verwirrung oder Mangel an etwas erlebt, fehlen die Voraussetzungen zum vollständigen Erwachen. Es unterliegt negativen Eigenschaften (Kleshas) aus angesammeltem Karma.
Um eine göttliche Selbstwahrnehmung aufzubauen, müssen sich durch das Praktizieren der mentalen Einstellung „ich bin das Absolute“ (Aham Brahmasmi) sowie der reinen Sicht alle unreinen Zustände wie Unzufriedenheit, Leid und Verwirrung aufzulösen. Dann kann sich der Geist einer neuen Ausrichtung zuwenden, um sein neues, vielschichtiges und kreatives Bewusstsein zu erlangen.
Relativität aller Wahrnehmungen
Wenn man eine Zeitung liest, achtet man nur den Text, nicht aber auf das Papier. Dieses Papier war jedoch da, bevor etwas darauf gedruckt wurde. Der Text ist die sichtbare Realität, das Papier entspricht dem Raum des Bewusstseins, dem Fundament der Realität.
Wenn wir nur die Außenwelt wahrnehmen, sehen wir nur den Text und verstehen nicht, dass die Grundlage dafür das Papier ist. Der Text allein für sich ist nicht gegenständlich real, er entsteht erst einmal als Idee. Ebenso ist unsere Interpretation der Welt nur mentaler Natur, aber ihr liegt der ursprüngliche Raum des Bewusstseins zugrunde.
Ein anderes Beispiel: Menschen neigen dazu, ihren Geisteszustand auf Andere zu projizieren. Wenn ein wütender Mensch jemandem begegnet, dann wird er diese Person als zornig empfinden. Zeigt man die gleiche Person einem enthusiastischen Menschen, erkennt der möglicherweise einige verborgene Talente in ihr und bewundert ihre Qualitäten. Trifft diese Person einen Buddha oder einen Heiligen, der die Nicht-Dualität erkannt hat, wird der sie (wie auch sich selbst) als ein perfektes Spiel der Energien der Leerheit betrachten. Hat sich die Person verändert? Nein, aber die Vorstellungen über sie änderten sich, je nachdem wer sie ansah und seine Interpretation auf sie projizierte.
Relative und absolute Wahrheiten
Der Standpunkt der Lebewesen zum Universum und zu allen Phänomenen hängt vom jeweiligen Level ihres Bewusstseins ab. Wesen haben bestimmte karmische geprägte Sichtweisen. Es gibt keine objektive und gleiche Wahrheit für alle. Die relative Wahrheit ist also nicht eine einheitliche. Vielmehr existieren unendlich viele Variationen davon nebeneinander – und sie alle hängen von den individuellen karmischen Sichtweisen ab.
Als ultimative Wahrheit bleibt somit nur das Absolute. Sie steht jenseits aller Worte und Konzepte. Diese Wahrheit erkennt, wer das absolute Bewusstsein verwirklicht hat.
12.04.2025
Swami Vishnudevananda Giri
https://de.advayta.org
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Mehr zum Thema gibt es in den Büchern „Laya Yoga“, „Shakti Yantra“, „Kundalini Yoga“, „Leben in der Multirealität“, „Nada und Jyoti Yoga“ und „Leben in Gott“ von Swami Vishnudevananda Giri
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Leben in der Multirealität: Parasattarka Logik
von Swami Vishnudevananda Giri
Leben in der Multirealität – „Ich denke, also bin ich.“ – Dieses Lebensgefühl ist den meisten Menschen eigen. Die alten vedischen Schriften sagen jedoch, dass Denken eine Art künstliches Leben darstellt. Die wirkliche Existenz und die Präsenz des Bewusstseins sind keine Denkprozesse, sondern jenseits des Verstandes in der Natur des Geistes verankert.
Swami Vishnudevananda Giri (Swami Vishnudev) ist ein spiritueller Lehrer in den Traditionen des Advaita Vedanta und des Yogas, ein Sadhu, ein realisierter Meister und Jnani in der Linie des Advaita Vedanta, Philosoph, Theologe und Schriftsteller. Er stammt aus der yogischen Tradition des Sahajayana, des natürlichen Weges der Siddhas, er ist Linienhalter einiger Übertragungslinien des Yogas der Siddhas und spiritueller Meister für viele Schüler in Ost- und Westeuropa, den USA und Indien. Er wurde 1967 in der Ukraine geboren.
Seine spirituelle Praxis und Meditation begannen im Alter von 6 Jahren von selbst, indem er sich intuitiv auf Erinnerungen aus der Vergangenheit stützte. Er hat den Sanatana Dharma als seinen religiösen Weg im Alter von 19 Jahren angenommen. Er absolvierte einige intensive Retreats, deren längstes fast 3 Jahre andauerte. Als Resultat dieses letzten Retreats in den Jahren 1993-1995 erreichte er Samadhi und Realisation.
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