William Blake – Botschafter des Himmels

AMORC William Blake

William Blake – Botschafter des Himmels

William Blake (1757-1827) zählt als einer der bedeutendsten und originellsten Künstler der Romantik zu jenen erleuchteten Geistern, durch die, die sich in allen Zeitaltern zu offenbaren suchende, göttliche Weisheit floss. In seiner Fähigkeit, große Wahrheiten in der Kunst zu symbolisieren, ist Blake ohnegleichen, steht er doch in der Tradition der Rosenkreuzer. Seit etwa dem 16. Jahrhundert treten bedeutende Vertreter dieser uralten Weisheitslehre in unseren Gesichtskreis, zu denen große Geister zählen wie Jakob Böhme, Emanuel Swedenborg, Louis Claude de Saint-Martin und so viele andere mehr. Blakes Gemälde und Gedichte offenbaren, was jene zeitlose Weisheit seit jeher dem höher strebenden Menschen zu vermitteln sucht. Und dennoch erging es ihm ebenso wie anderen großen Mystikern, die darum bemüht waren, einer sich mühenden Menschheit aus dem abgestumpften Trott von Tradition und Bigotterie herauszuhelfen. Entsprechend wurde William Blake zeit seines Lebens wenig verstanden. Erst nach seinem Tode wurde er wieder entdeckt, fand allgemein Anerkennung und schließlich auch in der Popkultur Verbreitung.

Schon als Kind soll William Blake über das sog. Zweite Gesicht verfügt und Visionen von Engeln und Propheten gehabt haben.

Die Natur erschien ihm nicht unter ihrem gewöhnlichen Deckmantel, sondern in der königlichen Herrlichkeit ihres wahren Selbst. Bereits Blakes Eltern waren von der Hochkirche abweichende Andersdenkende; sie gehörten zu jenem Kreis, der heute als Mährische Brüder bezeichnet wird und die, wie auch die Böhmischen Brüder, zu jener geistigen Strömung gerechnet werden, mit der auch Jakob Böhme verbunden war und die als Pansophisten und später als Rosenkreuzer bezeichnet werden.

Die Bibel gehörte zu den prägenden Einflüssen auf Blake und blieb ihm zeitlebens eine Quelle der Inspiration. Seine Verbundenheit mit jener verborgenen Seite des Lebens war derart stark, dass er selbst im Kreise seiner Familie häufig unverstanden blieb und einer überbordenden Phantasie bezichtigt wurde. Auch wenn seine Visionen wie beispielsweise die vom Propheten Ezekiel keine Anerkennung fanden und eher zu einer ordentlichen Tracht Prügel führten, so erlaubten ihm seine Eltern schließlich doch, Unterricht im Zeichnen zu nehmen und schöpferisch tätig zu werden.

Bereits im Alter von zehn Jahren wurde er an einer der bedeutendsten Londoner Zeichenschulen angemeldet; er absolvierte eine Lehre als Kupferstecher, nach deren Abschluss er an der Royal Academy of Arts studierte. Hoffnungen auf eine Laufbahn als Historienmaler zerschlugen sich jedoch nach Zerwürfnissen mit dem Akademiepräsidenten, der seine Arbeiten missbilligte. Blake war stark von der Geschichte vom Heiligen Gral, von Merlin, König Artus und den Rittern der Tafelrunde berührt, und bereits im Alter zwischen 12 und 20 Jahren schrieb er seine ersten auf diese Themen bezogenen Gedichte. Sein erstes Gemälde von Bedeutung „Joseph von Arimathia, bei den Felsen von Albion“ schuf er in der Kapelle von Edward dem Bekenner im Allerheiligsten der Westminster Abbey, in der er auch seine ersten Skizzen fertigte und die Köpfe verstorbener Könige und Königinnen kopierte.

Seine imaginativ aufsteigenden Bilder führten ihn zu Experimenten im Hinblick auf die Farbgebung.

Blake kam zur Ansicht, dass Ölgemälde „absackten“, weil sie die Brillanz und Farbe minderten und seinem Anspruch nicht gerecht wurden. Selbst etablierte Künstler und Kritiker seiner Werke mussten zugeben, dass seine Schöpfungen eine tiefe Schönheit der Farben und der symbolischen Vision zum Ausdruck brachten. So sagte Frederick Tatham, Freund seiner späteren Tage und Biograph: „Ebenso wie seine Gedanken scheinen seine Gemälde von einer Fee inspiriert zu sein, und seine Farben sehen aus, als ob sie der Tau wären, der von den leuchtenden Flügeln der Geister des Prismas herabgetropft wäre.“

Blake versicherte seinen Freunden, dass er die Kraft hatte, seine Imagination so klar zu erfassen und mittels schöpferischer Vorstellungskraft derart vor sein geistiges Auge zu bringen, dass er in seinen Werken nicht fehlgehen konnte. Er sagte auch, dass er oft der Gefährte von Geistern war, die ihn belehrten und ihm Ratschläge gaben. Sein fesselnd schönes Gemälde „Die Vision der Jakobsleiter“ offenbart jedem wahren Mystiker augenblicklich, worauf sich Blake bezogen hat.

Als Mystiker hat Blake die göttlichen Wunder des Universums und die Geheimnisse der Natur berührt bzw. wurde von ihnen berührt. Auf den Vorwurf, dass seine Bilder zu unrealistisch seien, erwiderte Blake: „Der Baum, der einige zu Freudentränen rührt, ist in den Augen von anderen nur ein grünes Ding, das im Weg steht. Einige sehen die Natur ganz lächerlich und unförmig, und wegen diesen werde ich meine Proportionen nicht anpassen: und einige wenige sehen die Natur überhaupt. Aber in den Augen eines Mannes der Imagination ist die Natur die Imagination selbst. Wie ein Mensch ist, so sieht er. Für mich ist diese Welt eine einzige fortwährende Vision…“In Bezug auf sein literarisches Schaffen äußert er sich über die Bibel als beständige Quelle der Inspiration: „Ist es nicht deshalb, weil sie [die Bibel] an die Vorstellungskraft gerichtet ist, welche ein spirituelles Gefühl ist, und nicht unmittelbar an den Verstand oder die Vernunft?“ Erinnern wir uns an einen Gedanken Francis Bacons, der sagt: „Der Sinn wendet sich an die Vorstellungskraft, bevor die Vernunft geurteilt hat, und die Vernunft wendet sich an die Vorstellungskraft, bevor der Beschluss in Handlung umgesetzt werden kann.“

Blake lebte so, wie viele Mystiker vor und nach ihm gelebt haben ‒ in völliger Gleichgültigkeit gegenüber dem Glanz von materiellem Reichtum.

Tatsächlich hatte Blake sogar eine gewisse Furcht vor Reichtum und erklärte, dass dieser die schöpferische Kunst zerstöre. Er war weder reich noch arm, und jene, die ihm am nächsten standen, versicherten, dass er immer genug zum Leben zu haben schien und dafür, sich und seine Frau glücklich und zufrieden zu machen. Sie waren beide als sehr freigebig bekannt und hatten stets etwas Geld für jemanden übrig, der es dringend benötigte. So lebte Blake sein Leben auf dieser Welt, auch wenn dessen Quelle nicht in dieser begründet lag. So blieb er meist unverstanden, und viele hielten ihn für tatsächlich verrückt. Jenen begierig nach Wissen und Erleuchtung strebenden Seelen gegenüber offenbarte sich Blake hingegen als eine Quelle tiefer Weisheit.

Als sein jüngerer Bruder starb, erklärte Blake, dass dieser ihm eines Nachts erschienen war und ihm eine Methode eröffnet hatte, durch die er das erfinden und zur Anwendung bringen könne, was er später „Illuminiertes Drucken“ nannte und was zur gänzlich neuen Technik der Relief-Radierung führte. Er schrieb an einen Freund: „Ich bin nicht beschämt, ängstlich oder abgeneigt, Dir zu sagen, was gesagt werden sollte; dass ich unter der Leitung von Botschaftern des Himmels stehe, Tag und Nacht.“ Blake berichtete, dass seine Alltagswahrnehmungen unablässig von Visionen begleitet und überlagert waren. So sah er beispielsweise im Sonnenaufgang nicht nur die Wiederkehr des Lichts, sondern einen Jubelchor von Engeln.

Die Natur und die Welt waren für ihn daher nur Zeichen und in diesem Sinne Tore zum Himmel und zur ewigen Welt des Jenseits, auf die Blakes eigentliches Interesse gerichtet war. Die menschliche Form erschien ihm als lebendige Verkörperung der Gottheit. Den Gott des etablierten Christentums empfand Blake allerdings eher als autoritäre und beschränkende Gottheit, deren Priester den Menschen daran hinderten, seine Energie und Phantasie freizusetzen. Für Blake stand eine positive Vision im Zentrum seiner Glaubensüberzeugungen, jenseits aller Unterdrückung natürlichen Begehrens und lebendiger Sinnesfreude, und die Freude des Menschen galt ihm als ein Lobpreis Gottes. So schrieb Blake: „Die Menschen werden in den Himmel aufgenommen, nicht weil sie ihre Leidenschaften gezügelt und besiegt oder gar keine Leidenschaften hätten, sondern weil sie ihr Verständnis der Dinge kultiviert haben.“

Und doch musste auch Blake ‒ wie alle nach einem Leben in Heiligkeit und der Nähe zu Gott Strebenden ‒

durch eine dunkle Phase der Verzweiflung gehen, jene dunkle Nacht der Seele. Die Zurückweisung seiner künstlerischen Bemühungen lies ihn London verlassen und sein als ‘imaginative Kunst‘ bezeichnetes Schaffen in den Hintergrund treten. Über jene Zeit gab er an, von seinen spirituellen Freunden angewiesen worden zu sein, „alles zu ertragen und still zu sein, und ohne Murren durch alles hindurch zu gehen.“ Und gerade weil sein Dasein auf einer anderen Ebene begründet lag, und er kaum eine Abhängigkeit von vergänglichen Dingen in sich trug, gelang es ihm, seine zeitweise Inaktivität zu überwinden und nach London zurück zu kehren. Nach der Erneuerung seines inneren Lichtes gelang es ihm, sein früheres Leben und Werk zu erneuern und in erhabenem Glanz erstrahlen zu lassen.

So entsprach es seiner Absicht, andere zu erleuchten, indem er ihnen jene Kräfte offenbarte, die sie aus ihrem eigenen Inneren heraus erreichen konnten. Er schrieb: „Oh! Welche Wunder sind die Menschenkinder! Wollte Gott, dass sie es erkennen würden, dass sie ihr spirituelles Leben erkennen würden – ohne Rücksicht auf den blassen Schatten, der natürliches Leben genannt wird, und dass sie die spirituellen Werke der anderen unterstützen würden, jedes seinem Rang entsprechend… Wenn die Tore der Wahrnehmung gereinigt wären, würde dem Menschen alles so erscheinen, wie es ist, unendlich“ oder in einer alternativen Übersetzung „Wenn die Pforten der Erkenntnis geläutert würden, erschiene dem Menschen alles, wie es ist, grenzenlos und unbeschränkt.“

Stets blieb er ausgerichtet auf die reale und ewige Welt, von der dieses stoffliche Universum nur ein blasser Schatten ist, und in der wir in unseren ewigen und imaginativen Körpern leben werden, wenn diese stofflichen sterblichen Körper nicht mehr sind. Kurz vor seinem Tod führte er sein bemerkenswertestes Bild aus: „Der Alte der Tage, den ersten Kreis der Erde ziehend“. Es wurde ihm eingegeben durch die Zeilen in Buch VII des „Verlorenen Paradieses“, das mit den Worten beginnt: „Er nahm den goldenen Zirkel…“

Blake sprach ruhig über das Herannahen seiner Transition als Übergang zum wahren spirituellen Leben.

Es wird berichtet, dass die glücklichste und freudvollste Phase seines Lebens die Stunde war, bevor er verschied. Er sang auf eine Weise, die so schön war, dass jene, die es hörten, über alle Worte hinaus bewegt waren durch ihren mystischen Einfluss. Es heißt: „Seine Freudenausbrüche ließen den Raum immer wieder erschallen. Die Wände klangen und hallten von der glückseligen Symphonie wider. Es war ein Preludium zu den Hymnen der Heiligen. Es war eine Ouvertüre zum Chor des Himmels. Es war ein Gesang als Antwort auf die Engel. Dann gab er seinen Geist auf wie das Seufzen einer sanften Brise.“ Als seine letzten Worte sind uns überliefert: „Ich gehe in ein Land, das ich schon immer sehen wollte.“

07.06.2022
Dr. rer. nat. Alexander Crocoll
Bild und Text (c) AMORC
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Vita des Autors:Dr. rer. nat. Alexander Crocoll

Dr. rer. nat. Alexander Crocoll, geb. 1966. Während seiner wissenschaftlichen Tätigkeit Publikation von Arbeiten zur Genetik molekularer Embryologie.
Er beschäftigt sich seit frühester Jugend mit spirituellen Fragen, ist seit drei Jahrzehnten AMORC-Mitglied und arbeitet heute als Sekretär in der deutschen AMORC-Zentrale.




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