YUL Wintersonnenwende und wilde Percht
Yul bedeutet so viel wie Rad. Es ist die Zeit der Ruhe und Einkehr.
Das Rad der Zeit steht still. In diese Zeit fällt auch die Wintersonnenwende: Die längste Nacht des Jahres. Sie markiert sowohl das Ende, wie auch den Beginn eines neuen Zyklus. Das Alte ist noch nicht gänzlich vorüber und das Neue noch nicht in seiner vollkommenen Präsenz.
Die Kelten feierten an Yul die Geburt des Sonnengottes, der die Wärme und Fruchtbarkeit zurück ins Land bringen sollte.
Mit dem Sonnenkind wurde auch die Hoffnung für das kommende Jahr geboren. Vor allem dachten die Menschen damals an eine gute Ernte und an ein gutes Gelingen im neuen Jahr. Jetzt im Dezember gab es noch viel Essen, das während der langen Ernte- und Dankeszeit eingelagert worden war, so dass das Fest des Sonnengottes ausgiebig gefeiert werden konnte.
Mehrere Tage lang sangen, tanzten, aßen und tranken unsere Vorfahren und hofften darauf, dass auch dieses Mal wieder das Licht über die Dunkelheit triumphieren würde. Man beschenkte sich als Zeichen von Fülle und Glück und leistete das sogenannte Yul-Gelübde. Dabei legte man eine Hand auf den Yul-Eber und gelobte eine gute Tat für das nächste Jahr. Später wurde aus dem Yul-Eber der Christstollen.
Das Yul-Fest wurde ursprünglich mit dem Eintritt der Sonne in das Sternzeichen Steinbock gefeiert: ca. vom 22.-24. Dezember. Der Steinbock steht für das Begreifen der Lebensgesetze, den ewigen Kreislauf von Fülle und Leere.
Im Rahmen der Christianisierung wurde dann Christi-Geburt auf dieses Datum gelegt. Bis ins Jahr 353 feierte man seinen Geburtstag am 6.1. -am Tag der Taufe. Wahrscheinlich wurde Jesus aber irgendwann im Spätherbst geboren, da er am Karfreitag in einem Alter von 33,5 Jahren starb.
Nach dem großen Fest für den Sonnenkönig, folgten die heiligen Mutternächte.
Die Kelten stellten sich das Sonnenkind in den Armen von der tief weiblichen Mutter (-Erde) vor. In dieser Zeit hielt man Vorausschauen für das kommende Jahr ab oder weihte rituelle Gegenstände. Besonders beliebt waren die Losnächte.
„Losen“ ist abgeleitet von dem Wort lauschen. Man lauschte damals nämlich auf die Zeichen, die einem begegneten, um sie zu deuten –insbesondere interessierten sich die Menschen für das Wetter im kommenden Jahr.
Und so begannen die geheimnisvollsten Nächte des Jahres: Die zwölf Raunächte.
Die Herkunft des Wortes ist nicht ganz geklärt. Es wird abgeleitet von Rauch (Räuchern) oder von rau. Denn diese Nächte, die von der heiligen Holla angeführt wurden, waren oftmals geprägt von grausamen Ereignissen, wie Krankheit, Tod und Verlust. Und so glaubten die Kelten, dass Frau Holle mit ihrer wilden Percht, ihrem wilden Gefolge, übers Land ritt und kontrollierte, ob sich die Menschen auch an die Regeln und Gesetze hielten und ihren Ahnen und allem Weiblichen, Respekt zollten. Dazu gehörte auch, dass niemand arbeiten durfte –alle Räder hatten still zu stehen.
Das Wort Percht kommt von Perath und bedeutet leuchtend schön.
Die Percht war ein Heer aus Fruchtbarkeitsgöttinnen, die angeführt von der heiligen Holla, das Land wieder erwecken und fruchtbar machen sollten. Doch die Perchten trugen gruselige Masken, um die Ungehorsamen zu strafen.
Da ein Mondjahr aus 354 Tagen besteht (12 achtundzwanzigtägige Mondzyklen) und ein Sonnenjahr 365 Tage hat, entsteht eine Differenz von 12 Tagen.
In diesen zwölf Tagen, so erzählt man sich, sei der Schleier zur Anderswelt besonders dünn, so dass man Geister sehen, mit Tieren sprechen oder auch in die Zukunft blicken kann.
Alle Magie ist dann ausgesprochen kraftvoll.
Besonders Heilkräuter wirken in dieser Zeit sehr stark und was man in diesen Nächten träumt, geht angeblich in Erfüllung.
Wer Hexen und Kobolde vertreiben will, der räuchert nachts Haus und Hof ausgiebig mit Weihrauch.
Unterlassen sollte man tunlichst das Waschen und Lüften von Kleidung und (Bett-) Laken, da es Unglück und Krankheit bringt. Auch Haare und Nägel schneiden schaden dem Körper in dieser Zeit mehr, als dass sie ihm nützen. Doch am wenigsten mag es Frau Holle, wenn wir verreisen, backen, fegen oder schwer arbeiten.
Tatsächlich ist zur Zeit der Raunächte, die Erdstrahlung sehr hoch, was empfindsame Menschen besonders stark spüren.
Alpträume können auftreten, oder es zeigen sich alte Ängste. Deshalb hängt man bis heute einen Mistelzweig auf-er neutralisiert die Strahlung und sorgt für ein gesundes Raumklima.
Zur Zeit der Kelten, gab es im Winter nicht mehr viel zu tun. Die Ernte war eingeholt, die Erde wurde hart und so besann man sich auf das Leben im Inneren.
Heute gibt es kaum noch einen Ort, wo nicht die ganze Nacht lang irgendein Licht brennt oder eine Werbetafel leuchtet, wo Menschen unterwegs sind und das Leben immer weiter zu gehen scheint.
Was aber spricht dagegen, sich in diesen zwölf Tagen und Nächten ein wenig nach innen zu wenden? Still zu werden und ruhig? In der Dunkelheit seinen tiefsten Gedanken und Gefühlen zu lauschen?
Es gibt wundervolle Rituale, die man in dieser Zeit wieder lebendig werden lassen kann.
Gemeinsam zu singen und Geschichten zu erzählen stärkt zum Beispiel das Gemeinschaftsgefühl. Und an Silvester orakeln wir ohnehin fast alle, mithilfe des Bleigießens. Vielleicht gibt es ja auch noch andere Möglichkeiten, einen Blick in die Zukunft zu werfen…
Wir können uns auch uns selbst zuwenden und uns fragen:
- Was ist mir wichtig und was möchte ich im neuen Jahr ins Leben rufen?
- Was gibt meinem Leben Sinn?
- Wie möchte ich mich selbst ausdrücken, oder meine Liebe?
- Was will ich hinter mir und loslassen?
- Womit will ich abschließen?
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Heute kennen wir fast alle die christliche Entsprechung: Christus Mansionem Benedicat: Christus segne dieses Haus!
Auch die im Januar umherziehenden Sternsinger wünschen uns für das neue Jahr Segen und Liebe:
„Christus segne dieses Haus und alle, die gehen hier ein und aus. Die Liebe sei mächtig, der Hass sei verbannt -das wünschen die Weisen aus dem Morgenland!“
20.12.2019
Heike Erbertz
Buchtipp:
„Im Tal der goldenen Sonne –
Meditative Geschichten zur Entspannung und Selbstreflexion“
von Heike Erbertz
Heike Erbertz
„Schon immer habe ich „um die Ecke“ gedacht und war sehr feinfühlig, konnte die inneren Themen der Menschen, ihre „inneren Kinder“ wahrnehmen. Mein Weg führte von der Pädagogik zur Therapie und zur Gesundheit, weiter zur Spiritualität und wieder zurück. Mich faszinieren Zusammenhänge, das große Ganze genauso, wie das kleinste Detail.
Zufriedenheit bedeutet für mich, Balance im sich immer wandelnden Rhythmus der Natur, im ewigen Werden.“
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