Bhagavad Gita Der Gesang des Erhabenen – das Lied Gottes
Bhagavad Gita – „Nach buddhistischer Anschauung gibt es kein Selbst, sondern jeder Mensch ist das Zusammentreffen der Skandhas, die gleichsam Elemente oder Grundstrukturen sind. Diese Elemente bringen Körper, Seele, Geist und Erfahrung hervor, und nach jedem Augenblick zerfällt diese Verbindung wieder, wie auch die Ansammlung dessen zerfällt, was wir Körper und Seele nennen.
Letztlich gibt es weder Körper noch Seele, sondern die beständige Bewegung von Energien, die zusammentreffen und wieder auseinanderlaufen. In einem solchen Universum ist nichts permanent. Nur jenseits der Welt des Fließens ist es möglich, Frieden und Freude zu erfahren, eine Voraussetzung für Weisheit und Erleuchtung. Obwohl dies ein vollkommen negativer Zustand in Bezug auf den gegenwärtigen Bewusstseinszustand ist, so ist es doch in Wirklichkeit ein positiver im Sinne einer letzten Erfüllung. Nirvana ist dann ein Zustand der Befreiung, der spirituellen Freiheit, ungehindert durch Raum, Zeit und Ursachenverkettung.
Die Befreiung der transzendenten Vernunft und Weisheit von der Fessel der Leidenschaft und des Hasses wird auch gern mit einem Menschen verglichen, der die Austernmuscheln und Fische im klaren Wasser betrachtet. Er sieht die Dinge, wie sie wirklich sind: sub specie aeternitatis – unter der Perspektive der Ewigkeit. Die BHAGAVAD GITA erweitert diese buddhistische Vorstellung, indem sie vom Nirvana oder Brahman spricht.
Dies wird beschrieben als Brahma-Bhuta, d.h. Brahman werden. Es handelt sich um einen Seins-Zustand ohne Verlangen, friedvoll, Freude erfahrend mit dem Selbst, das zum Brahman geworden ist. Weil es in Wirklichkeit kein Selbst gibt, verschwindet man einfach im Brahman. Da gibt es kein Ich und kein Selbst mehr. Wenn man Brahman, den göttlichen Urgrund im Innersten, erreicht hat, erfreut man sich eines Zustandes der Zeitlosigkeit, reiner Gelassenheit und reiner Erleuchtung. In christlicher Terminologie ist Ähnliches gemeint mit dem Wort von der Teilhabe an der göttlichen Natur…Die Quelle der intuitiven Weisheit versiegt nie!“
(Mönch & Mystiker Bede Griffiths, 1906 – 1993)
Die erste Übersetzung dieser wunderbaren Gesänge von Liebe, Licht und Leben
aus dem Sanskrit in die englische Sprache erfolgte erst 1785 durch Charles Wilkins. Der deutsche Gelehrte August Wilhelm von Schlegel (1767 – 1845) übertrug im Jahr 1823 die Sanskrittexte ins Latein. Schlegel hatte zusammen mit Ludwig Tieck die Werke von William Shakespeare in die deutsche Sprache übersetzt. August Wilhelm Schlegel war der Inhaber des ersten Lehrstuhls für Indologie in Deutschland an der Universität Bonn. Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835) bezeichnete die BHAGAVAD GITA als „… das schönste, ja vielleicht das einzig wahrhafte philosophische Gedicht, das alle uns bekannten Literaturen aufzuweisen haben.“
Für Humboldt war Sprache eine Kraft, die den Menschen die Tür zur Welt öffnet. Sie sei wie ein Filter, durch den wir die Welt wahrnehmen. Deshalb müssten verschiedene Sprachen auch zu unterschiedlichen Ansichten über die Welt führen. Die Sprache sei Ausdruck der „Geisteseigentümlichkeit“ eines Volkes, formulierte Humboldt. Seine Theorien haben große Bedeutung erlangt. Er gilt als einer der ersten Forscher, welcher die kulturelle Bedeutung von Sprache erkannt haben.
Wie leben die Menschen? Wie sprechen sie? Wie denken sie?
Wilhelm von Humboldt war fasziniert von diesen Fragen. Zwar studierte er wie die meisten Offizierssöhne auch die Juristerei, aber es scheint, dass ihn der Bereich der Sprachwissenschaft schon sehr früh weit mehr reizte. Intensiv besuchte er die Vorlesungen des bekannten Philologen Christian Gottlob Heyne. Seine Sprach-Leidenschaft begleitete Wilhelm von Humboldt sein ganzes Leben. Er beschäftigte sich mit insgesamt 32 Sprachen und beherrschte Französisch, Englisch, Italienisch, Latein, Griechisch und in geringem Maße Spanisch in Wort und Schrift. Er untersuchte das Baskische, das Sanskrit und Kawi, eine Südseesprache. Er wollte wissen, welchen Einfluss die Sprache auf die Denkweise der Menschen hat.
Die wenigen deutschen Übersetzungen der BHAGAVAD GITA sind gut 100 Jahre alt.
In einem 330-Seiten Kommentar „The RIVER of COMPASSION“
hat Bede Griffiths die BHAGAVAD GITA meisterlich interpretiert. Ebenso Sri Eknath Easwaran (1910 – 1999) in seinem 3-bändigen Werk „The BHAGAVAD GITA for DAILY LIVING“ (1.300 Seiten). Es gibt derzeit keine Auslegungen, die an die vorgenannten Werke auch nur annähernd heranreichen. Es existieren viele höchst intellektuelle Forschungsarbeiten, die ähnlich den Schriften von Musikwissenschaftlern sind, die keinen einzigen Ton erzeugen können.
Bei Bede Griffiths und Sri Eknath Easwaran klingt beim Lesen jeder einzelnen Zeile der ganze Kosmos in seiner Vielfalt, Schönheit und Erhabenheit. Mit beiden Meistern war ich persönlich sehr eng verbunden.
Die 18 Kapitel der BHAGAVAD GITA haben das gesamte indische Geistesleben beeinflusst.
Kein Text der Hinduliteratur wird so viel gelesen, so oft auswendig gelernt und so häufig zitiert, wie diese Verse. Viele Hindus ziehen das Buch als wichtigen Ratgeber heran und auch für Mahatma Gandhi war es von erheblicher Bedeutung. Gandhi wollte dieses Werk noch mehr Menschen zugänglich machen.
Darum verfasste er, obwohl kein Schriftgelehrter, eine Übersetzung in seine Muttersprache Gujarati und schrieb dazu auch eigene, knappe Kommentare. Diese Ausgabe widmete er den Armen, die wenig Geld für Bücher ausgeben können sowie denen, die selten Zeit zum Lesen haben; nach eigenen Worten den Frauen, Geschäftsleuten und Handwerkern.
Kapitel 9: Yoga der Königlichen Erkenntnis
„Wenn Du erkannt hast, was Weisheit und Wissen ist, wirst Du vom Bösen befreit werden. Es ist königliche Erkenntnis, ein königliches Geheimnis, ein vollkommenes Mittel zur Läuterung: unmittelbar einleuchtend, der universalen Ordnung gemäß, leicht zu praktizieren, unvergänglich.“
Diese Verse werden von Bede Griffiths wie folgt meisterhaft kommentiert:
„Dieses Wissen ist königlich und ein Geheimnis, es ist reinigend. Krishna gebraucht den Begriff ‚Pratyaksha’, d.h. es geht um etwas, das durch direkte intuitive Erfahrung erkannt wird, im Gegensatz zum rationalen oder unterscheidenden Wissen, das durch Sinneserfahrung möglich und dann durch logisches Erkennen zu einem System wird.
Im intuitiven Wissen schauen wir von innen und begreifen mit einem Mal das Ganze in all seinen Beziehungen. Nur auf diese Weise können wir uns selbst erkennen. Wir müssen nicht nur über uns selbst von außen etwas lernen, sondern haben eine innere intuitive Bewusstheit von uns selbst und diese lässt uns in echter Selbsterkenntnis wachsen.
Die Wissenschaft ist moralisch indifferent. Man kann eine höchst unmoralische Person und doch ein großer Wissenschaftler sein oder auch philosophisches Wissen ganz unabhängig von der Moral entwickeln, während intuitives Wissen nur durch moralische Vollkommenheit, durch ‚Dharma’ reifen kann. Wenn wir einmal über dieses Wissen verfügen, sprudeln alle unsere Gedanken und Handlungen aus dieser Quelle der intuitiven Weisheit hervor, die nie versiegt. Nur wenn wir jenseits dieser Welt der äußeren Erscheinungen, jenseits des unterscheidenden Wissens, das innere Zentrum entdecken, wenn wir beständig zu diesem Zentrum zurückkehren, gelangen wir zur Freiheit…“
24.08.2023
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist
www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de
Über Roland R. Ropers
Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.
>>> zum Autorenprofil
Buch Tipp:
Kardiosophie
Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle
von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu
Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.
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