Illusionsfalle des scheinbaren Lebens

mann vor einem portal

Illusionsfalle: Das scheinbare Leben

Mehr Schein als Sein gehört zum trügerischen Erkennungszeichen unserer verführerischen Welt der Mega-Täuschungen. Das lateinische Sprichwort: „mundus vult decipi, ergo decipiatur“ (die Welt will betrogen sein, also wird sie betrogen) hat an Gültigkeit eher gewonnen als verloren. Das lat. Wort „decipere“ (= täuschen, betrügen; engl.: to deceive) heißt wörtlich: wegnehmen.

Im Akt der Täuschung wird Wirklichkeit weggenommen und die Scheinwelt für real gehalten. In der vedantischen Philosophie bezeichnet man diesen Zustand mit “Maya”. Und was man heute auf sehr bedrückende Weise wahrnehmen muss, ist die Tatsache, dass die vom Konsum und Fortschrittsglauben gesteuerten menschlichen Marionetten ihr eigentliches Leben und Dasein nicht erkennen, stattdessen eine Scheinwelt mit allen denkbaren Mitteln aufrechterhalten und verteidigen, was zu einem dauernden, letztlich vermeidbaren und unnötigen Lebenskampf führt.

„Weisheit untersucht nicht, sie betrachtet.
Wir müssen eine ganze Weile genau hinschauen,
bevor wir sie wirklich sehen können.
Was vor uns liegt und was hinter uns liegt,
ist nichts im Vergleich zu dem, was in uns liegt.
Wenn wir das, was in uns liegt,
nach außen in die Welt tragen,
geschehen Wunder.“
(Henry David Thoreau, 1817 – 1882)

Wenn Leben als Kampfplatz verstanden wird,

Illusionsfalle des scheinbaren Lebens mann vor einem portalwerden alle damit verbundenen Verteidigungs- und Rechtfertigungsmechanismen den Zugang zum göttlichen Paradies verhindern. Der Erfahrungsbereich des ewigen Lebens, des Seins in der Gegenwart, ist völlig frei von jeglicher Projektionsaktivität, die den Focus vom göttlichen und menschlichen Zentrum in den Bereich der vielfältigen Erscheinungen und Täuschungen verlagert. Und so ist auch die jetzt sehr lebendige Projektionswelt von Astralebenen, Durchsagen, Visionen mit aller größter Vorsicht zu betrachten, denn “die Geister, die ich rief, ward ich nicht mehr los” (J.W. von Goethe`s Faust).

Die Bergpredigt im Neuen Testament (Matthäus 5,1 – 7,29) sollte dringend zum intensiveren Studium auf dem Weg ins Paradies empfohlen werden.
“Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.”
“Wenn das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein!”
“Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.”

Was hindert uns am Erkennen der Wahrheit, dass das Göttliche immerwährend in uns ist? Unser Nichtwissen ist es (Sanskrit: Avidya), — die irrige Auffassung nämlich, dass unsere wahre Wesensnatur, welche Geist ist (Sanskrit: Atman), in Körper, Seele, Intellekt und Sinnesorgangen zu finden ist. Das Licht Gottes leuchtet, doch der Schleier unseres Nicht-Wissens, unser Aufenthaltsort im Reich der Schein-Welt, verdecken das Licht.

Jesus hat gesagt: “Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien.”(Joh. 8,32)
Die Erfahrung jener Wahrheit erfolgt durch Verwandlung oder, wie Jesus sagte, durch geistige Wiedergeburt: “Wenn einer nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.” (Joh. 3,3).

Nach der Lehre der Upanischaden lebt der Mensch in drei Bewusstseinszuständen:

Wachen, Träumen und Tiefschlaf. In keinem dieser Zustände können wir Gott schauen. Doch jenseits dieser drei Zustände gibt es einen vierten, der nur Mystikern und Erleuchteten bekannt ist – ein Zustand, der Raum, Zeit und Kausalität transzendiert. Er ist das von Jesus Christus erwähnte Himmelreich. Was man in jenem vierten Zustand erfährt, steht niemals im Widerspruch zu allen übrigen Erfahrungen. Wir werden wiedergeboren im Geiste und erlangen Vollkommenheit. In diesem transzendenten Zustand wird jegliches Bewusstsein der Welt in ihrer Vielfältigkeit ausgelöscht. Allein der göttliche Urgrund existiert, den die Inder Brahman nennen. Man erfährt Frieden und Glückseligkeit (Sanskrit: Ananda) jenseits allen Verstehens.

Die Hindus bezeichnen dieses Stadium mit Samadhi, der Buddhismus spricht von Nirvana, und bei den Christen ist es die unio mystica, die mystische Vereinigung mit Gott.

Die meisten Menschen sind zufrieden mit einem mehr oder weniger moralisch ausgerichteten Leben auf Erden in der Hoffnung, für jede ihrer guten Taten hier nach dem Tod belohnt zu werden. Das von Christus gelehrte höchste Ziel der Vollkommenheit ist im Allgemeinen entweder in Vergessenheit geraten oder miss-verstanden worden. Als Jesus zu seinen Jüngern sprach, meinte er wörtlich, dass sie Gott in ihrem gegenwärtigen Leben sehen können. Und die Jünger dürsteten eben nach dieser Wahrheit, Gott zu erkennen und vollkommen zu sein, wie auch der Vater im Himmel vollkommen ist.

Wie kann ein spiritueller Sucher, der die Wahrheit finden möchte, sich mit Antworten aus Theologie und Philosophie, mit Doktrinen und Glaubensgrundsätzen zufriedengeben?

Sri Ramakrishna (1836 – 1886) pflegte zu sagen: “Ihr seid in den Mangogarten gekommen. Welchen Sinn hat es, wenn ihr die Blätter an den Bäumen zählt? Esst die Mangofrüchte und stillt euren Hunger!”

Wer sich mit großer Ernsthaftigkeit auf den Weg macht, lässt sich auf ein abenteuerliches Risiko ein, das Leben heißt. Erst auf einem oftmals beschwerlichen und entbehrungsreichen Weg bricht nach und nach das Kartenhaus der Scheinwelt zusammen, und das Licht in der Finsternis beginnt dauerhaft zu leuchten.

21.03.2024
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de


Über Roland R. Ropers

Ehrfurcht vor dem Leben Roland Ropers

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

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