Kritische Betrachtung zum Neuen Aberglauben
In einer Welt, die von wissenschaftlichem Fortschritt geprägt ist, könnte man erwarten, dass Aberglaube zunehmend an Bedeutung verliert. Doch das Gegenteil ist der Fall: Neben traditionellen Formen des Aberglaubens – wie der Angst vor schwarzen Katzen oder zerbrochenen Spiegeln – gewinnen neue, oft wissenschaftlich anmutende Überzeugungen an Einfluss. Dieser sogenannte „Neue Aberglaube“ erstreckt sich von Esoterik und Pseudowissenschaften bis hin zu alternativen Heilmethoden ohne wissenschaftliche Grundlage.
Diese modernen Glaubenssysteme sind besonders wirksam, weil sie sich einer Sprache bedienen, die seriös und glaubwürdig erscheint. Sie präsentieren sich oft als Alternative zu etablierten wissenschaftlichen Erkenntnissen und üben auf viele Menschen eine starke Anziehungskraft aus. Doch warum sind so viele Menschen empfänglich für diese neuen Formen des Aberglaubens? Welche Risiken birgt diese Entwicklung, und wie können wir ihr entgegenwirken?
Was ist „Neuer Aberglaube“?
Neuer Aberglaube umfasst Überzeugungen, die auf scheinbar wissenschaftlichen oder spirituellen Erklärungen basieren, aber keiner kritischen Prüfung standhalten. Im Gegensatz zum klassischen Aberglauben, der oft auf jahrhundertealten Mythen und Traditionen beruht, wirkt neuer Aberglaube oft rational und modern. Er profitiert von der schnellen Verbreitung über digitale Medien und von der Sehnsucht vieler Menschen nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen.
Typische Beispiele für neuen Aberglauben sind:
- Pseudowissenschaftliche Theorien, die Begriffe wie „Quantenheilung“ oder „biophysikalische Schwingungen“ verwenden, um wissenschaftlich zu klingen, aber keine echte Grundlage haben.
- Verschwörungstheorien, die wissenschaftlich gesicherte Fakten infrage stellen, etwa die Behauptung, Impfstoffe seien gefährlich oder 5G-Strahlung sei gesundheitsschädlich.
- Alternativmedizin ohne Wirksamkeitsnachweis, darunter Homöopathie, „Detox“-Kuren oder Bachblütentherapien.
- Technologische Ängste, beispielsweise die Vorstellung, dass Mikrowellen gesundheitsschädlich seien oder Wasser „energetisiert“ werden müsse, um gesund zu sein.
Warum glauben Menschen an neuen Aberglauben?
Die Verbreitung des neuen Aberglaubens ist kein Zufall. Mehrere Faktoren tragen dazu bei:
Vertrauensverlust in Wissenschaft und Institutionen
Viele Menschen empfinden wissenschaftliche Erkenntnisse als kompliziert und schwer verständlich. Gleichzeitig führen Skandale in der Pharmaindustrie oder politische Fehlentscheidungen zu einem allgemeinen Misstrauen gegenüber Experten. Infolgedessen suchen manche nach alternativen Erklärungen, die einfacher zu verstehen sind und emotional ansprechender wirken.
Der Wunsch nach Kontrolle und Sinn
Die moderne Welt ist unübersichtlich und voller Unsicherheiten. Viele Menschen sehnen sich nach einfachen Antworten und nach einem Gefühl der Kontrolle über ihr Leben. Esoterische Methoden oder pseudowissenschaftliche Theorien suggerieren, dass man sein Schicksal durch geheimes Wissen oder spezielle Rituale beeinflussen kann. Dies gibt den Menschen ein Gefühl von Sicherheit.
Die Rolle sozialer Medien
Plattformen wie YouTube, Instagram oder TikTok tragen stark zur Verbreitung von neuem Aberglauben bei. Algorithmen sorgen dafür, dass Nutzer vor allem Inhalte sehen, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen. Wer einmal ein Video über die angebliche Gefährlichkeit von Impfungen anschaut, bekommt automatisch weitere ähnliche Inhalte vorgeschlagen und gerät so in eine Filterblase, die wissenschaftlich fundierte Informationen ausblendet.
Angst und Unsicherheit als Verstärker
In Krisenzeiten – sei es während der COVID-19-Pandemie oder angesichts des Klimawandels – sind Menschen besonders anfällig für irrationale Erklärungen. Pseudowissenschaftliche Heilsversprechen oder Verschwörungstheorien liefern scheinbar einfache Lösungen und klare Feindbilder, die die Komplexität der Realität reduzieren.
Welche Gefahren entstehen durch neuen Aberglauben?
Obwohl einige Formen des neuen Aberglaubens harmlos erscheinen, können sie erhebliche negative Folgen haben:
Gesundheitsrisiken durch falsche Behandlungen
Wenn Menschen auf unwissenschaftliche Heilmethoden vertrauen und etablierte medizinische Behandlungen ablehnen, kann dies gravierende Folgen haben. Krebspatienten, die sich für Homöopathie statt für eine Chemotherapie entscheiden, setzen ihr Leben aufs Spiel. Impfgegner gefährden nicht nur sich selbst, sondern auch andere, indem sie die Ausbreitung von Krankheiten begünstigen.
Verbreitung von Fehlinformationen
Verschwörungstheorien und pseudowissenschaftliche Behauptungen untergraben das Vertrauen in echte Wissenschaft und können gesellschaftliche Spaltungen verstärken. Wer einmal in eine Verschwörungswelt eintaucht, wird oft immun gegenüber rationalen Argumenten, was den Dialog erschwert und zu gesellschaftlicher Polarisierung führen kann.
Wirtschaftliche Ausbeutung
Der Esoterik- und Wellnessmarkt ist ein Milliardenbusiness, das oft mit falschen Versprechungen arbeitet. Menschen geben viel Geld für nutzlose Produkte aus – von „energetisiertem Wasser“ bis hin zu „Schutzsteinen“ gegen Elektrosmog. Diese Geschäftspraktiken beruhen auf gezielter Manipulation von Ängsten und Unsicherheiten.
Was kann man gegen neuen Aberglauben tun?
Neuer Aberglaube ist mehr als eine harmlose Modeerscheinung – er ist ein ernsthaftes gesellschaftliches Problem. Um ihm entgegenzuwirken, sind mehrere Maßnahmen notwendig:
Bessere Wissenschaftskommunikation
Wissenschaft muss verständlicher und zugänglicher gemacht werden. Forscher sollten sich bemühen, ihre Erkenntnisse so zu erklären, dass sie für Laien nachvollziehbar sind. Klare und sachliche Kommunikation kann helfen, falsche Informationen zu entlarven.
Förderung kritischen Denkens
Bereits in der Schule sollte stärker vermittelt werden, wie man Informationen überprüft und Quellen hinterfragt. Wer lernt, wissenschaftliche Aussagen kritisch zu analysieren, ist weniger anfällig für Falschinformationen.
Aufklärung in sozialen Medien
Da viele Menschen ihre Informationen aus sozialen Netzwerken beziehen, müssen dort gezielt Faktenchecks und Aufklärungskampagnen stattfinden. Wissenschaftler und Experten sollten aktiver in sozialen Medien werden, um Mythen mit Fakten entgegenzutreten.
Fazit
Neuer Aberglaube ist kein harmloses Phänomen, sondern eine ernsthafte Herausforderung für die Gesellschaft. Die Kombination aus Wissenschaftsskepsis, sozialen Medien und Unsicherheiten trägt dazu bei, dass pseudowissenschaftliche Überzeugungen immer weiter verbreitet werden. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind Bildung, Aufklärung und ein kritischer Umgang mit Informationen essenziell. Nur durch eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema können wir verhindern, dass irrationales Denken das Vertrauen in Wissenschaft und Fortschritt weiter untergräbt.
09.05.2021
Uwe Taschow
Uwe Taschow
Als Autor denke ich über das Leben nach. Eigene Geschichten sagen mir wer ich bin, aber auch wer ich sein kann. Ich ringe dem Leben Erkenntnisse ab um zu gestalten, Wahrheiten zu erkennen für die es sich lohnt zu schreiben.
Das ist einer der Gründe warum ich als Mitherausgeber des online Magazins Spirit Online arbeite.
“Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.”
Albert Einstein
Sehr guter Artikel, danke. Was mir unangenehm aufstößt ist die Verlinkung Ihres Buches auf Amazon.
Wenn diese Krake die Weltherrschaft gewinnt, können wir uns nicht mehr aussuchen, was wir lesen, denken, essen und praktizieren dürfen
Hallo Herr Schreiber,
danke für Ihre ‘Kritik’. Da hat Frau Radtberger gar nichts damit zu tun. Das liegt an uns… Es war kein anderer Link zu finden! Und: es ist fast immer unglaublich schwer, Links zu den Büchern einzubringen, die von den LeserInnen auch tatsächlich genutzt werden. Sie gehen dann doch wieder zu Amazon. Da sind der Wunsch und die Tat doch sehr oft unterschiedlich…
Danke und HERZliche Grüße,
Heike Schonert