Es ist alles ganz anders
Wir sehen die Welt so, wie wir wollen. Aufgrund unserer Erlebnisse haben wir gelernt, alles und jedes zu beurteilen und die grösste Kategorie besteht in „gefällt es mir oder gefällt es mir nicht“ bzw. wir setzen allem entweder ein „Smiley” oder eben einen „Flunsch“ auf. Wir be- und verurteilen frisch fröhlich, ob eine Sache gut oder schlecht ist, ganz egal, wie viel Kenntnis wir davon haben. Doch im Leben ist alles ganz anders als wir denken.
Im Allgemeinen betrachten wir alles nur oberflächlich, nur von außen
So, wie wir mit Dingen umgehen, so auch mit Menschen. Da wird es dann etwas komplizierter, denn eigentlich vergleichen wir ja ständig mit uns selbst. Fremdes und ungewohntes Verhalten fällt prinzipiell schon mal in die Kategorie „gefällt mir nicht“. Verachten wir Dinge, dann verachten wir auch Menschen.
Natürlich ist das jetzt eine sehr krasse Behauptung.
Aber überprüfe an dir selbst, wie du Dinge und Menschen ständig beurteilst. Du kannst einmal auf einem Bummel durch die Stadt oder auf einem Spaziergang darauf achten, wie sehr dein Kopf damit beschäftigt ist, alles, was du siehst, zu benennen und zu beurteilen. Alles, was dir begegnet, wird automatisch schubladisiert. „Das ist schön…, „das ist hässlich“…, „Iii.. wie sieht denn Der aus…“, „Was hat Die denn an…“ oder auch: „…Die sieht aber toll aus!“ etc. etc.
Kommt dir das bekannt vor?
So arbeitet nun mal der menschliche Verstand.
Alles, was dir begegnet, wird automatisch schubladisiert Leben ist anders
Warum nur? Laben ist anders
Weil sich unser Verstand nur sicher glaubt, wenn er das tut.
Die Aufgabe des Verstandes ist es, Kontrolle und Sicherheit zu schaffen
Nicht benennen, nicht eingliedern, alles unsortiert wahrnehmen, ist die Art und Weise, wie noch ganz kleine Kinder die Welt sehen.
Sie sehen, sie staunen…, sie sind unwissend. Sie kennen noch keine Gefahren. In dieser Offenheit sind sie so begeistert! Alles ist faszinierend, alles unheimlich interessant! Dieses urteilsfreie Betrachten des Kleinkindes löst Freude aus! Freude, einfach so! Die Erwachsenen lassen sich davon berühren, finden es „süss”, „niedlich“.
Läuft jedoch ein Erwachsener mit diesem begeisterten, staunenden und freudigen Ausdruck herum, wird er belächelt, allenfalls sogar als verrückt oder zumindest als „Kindskopf“ erklärt.
Im Laufe des Lebens wird uns beigebracht, was als gut, schön, erstrebenswert und lobenswert und was als schlecht, böse, hässlich und strafbar gilt. Wir lernen, die Welt, in der wir leben, nach vorgegebenem Muster zu schubladisieren. Wenn alles schön in Schubladen geordnet und beschriftet ist, haben wir die Kontrolle darüber! Dann fühlen wir uns sicher und sind „Herr der Dinge“. Wir zweifeln nicht an unserer Wahrnehmung.
Was, wenn es sich um eine „Falsch-Nehmung“ anstatt „Wahr-Nehmung“ handelt? Leben ist anders
Was, wenn alles anders ist als es erscheint?
Wenn du daran interessiert bist, das herauszufinden, dann kannst du versuchen, die Dinge von innen her anzuschauen.
Das ist gar nicht so einfach und erfordert Hingabe und Offenheit. Aber vor allem erfordert es Stille.
Wie der „kleine Prinz“ von Saint-Exupéry schon festgestellt hat, „sieht man nur mit dem Herzen gut“.
Damit „das Herz“ schauen kann, müssen die physischen Augen geschlossen sein.
Damit der Verstand nicht dominiert, muss der physische Mund geschlossen sein.
Stille.
Mit geschlossenen Augen und geschlossenem Mund kannst du nun deine Aufmerksamkeit auf alles lenken, was du hörst. Höre es einfach, ohne zu benennen, ohne zu beurteilen. Einfach zuhören.
Nach einer Weile kannst du die Aufmerksamkeit von außen nach innen lenken, deinem Atem zuhören, deinem Herzschlag. Vielleicht hörst du sogar das Blut im Körper rauschen. Du hörst einfach zu. Auch den Gedanken, die unweigerlich da sind. Nimm sie einfach wahr, ohne darauf einzugehen. Sie plappern einfach vor sich hin. Das alles kannst du hören, nicht bewertend, nichts ausklammernd, nichts wollend. Einfach da sein, zuhören.
Was ist geschehen? – Du bist nach Innen gegangen. Leben ist anders
Vielleicht findest du es langweilig, einfach so da zu sitzen, nichts zu tun, nichts zu wollen, nichts zu planen, nichts zu wünschen…, weder der Vergangenheit nachzusinnen noch an die Zukunft zu denken. Einfach hier sein, jetzt. Von Augenblick zu Augenblick. Es darf langweilig sein!
Wenn du dann etwas länger im Beobachten verweilst, wirst du früher oder später noch etwas anderes wahrnehmen als das, was dir bekannt ist. Du kannst es Energie nennen, Licht oder Weite… eigentlich etwas Unbeschreibliches. Aber es bewirkt etwas. Es lässt dich nicht nur ruhiger und entspannter werden, sondern einem Funken gleich entfacht es Freude. Freude ohne Grund. Einfach so.
Du kannst Energie wahrnehmen und sie entfacht Freude – einfach so
Gibt es so etwas wie eine Ur-Freude?
Was du in diesem Zustand erlebst, kannst du nicht mit anderen vergleichen, es gibt keine Sicherheit, dass das existiert. Unsicherheit jedoch ist lebendig!
Im Äußeren mag es düster sein, Krieg, Zerstörung, Krankheit, Armut, Beziehungsprobleme, Erziehungs-Nöte und unzählige Sorgen, die dich in Beschlag nehmen und dir Kraft abziehen.
Aber im Inneren, in diesem Beobachten, da ist es hell, friedlich, da bist du geborgen.
Wie ist das möglich?
Es wäre zu einfach, dir das mit wenigen Worten zu erklären, denn das ist die Überraschung, die das Leben für dich bereithält. Aber als Hilfsmittel kannst du dir diese Fragen stellen:
Wer ist es, der beobachtet?
Was ist das für ein „Ort“, der sich im Inneren auftut?Gibt es Grenzen?
Gibt es da die Zeit? Leben ist anders
Wirst auch du beobachtet?
Je regelmäßiger du dich dieser stillen, unbeteiligten Beobachtung hingibst, desto intensiver werden deine Erfahrungen in dieser inneren Welt sein, die von außen nicht sichtbar ist.
Auf diese Weise kannst du eigentlich alles im Leben betrachten
Anstatt der normalen Sicht aus dem urteilenden Verstand zu vertrauen, kannst du die Augen schließen und dich nach innen bewegen. Du kannst zum Beispiel einen Baum von innen betrachten. Vielleicht nimmst du seine Wurzeln in der Erde wahr, vielleicht hörst du das Wasser rauschen, das durch den Stamm fließt. Ja, und vielleicht nimmst du sogar das wahr, was wir Leben nennen.
Du kannst Blumen so betrachten, Steine, Berge, das Wasser… Sobald du deine Aufmerksamkeit nach innen lenkst, wirst du erkennen, dass alles anders ist, als es scheint.
Nimm das Beispiel vom Meer: Es mag an der Oberfläche blau türkis erscheinen, ruhig oder wellig, wie eine solide Oberfläche. Lenkst du deine Aufmerksamkeit ins Innere des Meeres, nimmst du die unendliche Vielfalt wahr, die da herrscht. Alle diese Lebewesen, die das Meer bewohnen, die vielen uns noch unbekannten Tiere und Pflanzen…, sie alle tragen denselben Lebensimpuls wie du und ich.
Je mehr du dich auf die Sichtweise aus dem Inneren einlässt, desto tiefer tauchst du ein ins Innere der Erscheinungen.
Je mehr du einfach betrachtest und zuhörst, ohne zu bewerten oder den „Senf“ des Verstandes dazu zu geben, desto mehr wirst du die Essenz des Lebens erkennen.
Es geht darum, die Essenz des Lebens zu erkennen
Du wirst immer stiller. Selbst Kommentare wie „Oh, ist das ein schöner Sonnenuntergang!“ werden überflüssig und machen den Sonnenuntergang nicht schöner!
Wenn du Stille erfährst und dann flüsterst: „Wie schön ist doch diese Stille!“ zerreisst du sie genau in diesem Moment.
Nichts wird besser durch deinen Kommentar.
Du wirst erkennen, dass alles so ist, wie es ist.
Das Leben passt sich nicht den Vorstellungen und Wünschen deines Ich an. Es entfaltet sich stets und unermüdlich aus dem Jetzt heraus, und du kannst mit deinem Verstand nicht wissen, warum es so und nicht anders ist. Du kannst nur beobachten, Zeuge sein dessen, was geschieht, denn es geschieht ohnehin.
In diesem Beitrag spreche ich absichtlich nicht von Meditation. Denn dieser Begriff ist dermassen verwässert und zum Teil missbraucht worden und stösst bei vielen Menschen auf Ablehnung.
In den meisten sogenannten Meditations-Methoden geht es darum, irgendetwas erreichen zu wollen
zum Beispiel Entspannung, Gesundheit, Stressabbau. Darüber hinaus gibt es unzählige Vorstellungen und Anleitungen darüber, wie man durch Visualisieren das Leben verbessern kann. Auf dem „esoterischen Markt“ gibt es wohl nichts, was dir suggerieren kann, wie mächtig du bist, wenn du nur diese oder jene Methode anwendest. Das alles mag hilfreich sein. Aber es sind Produkte des Egos, welche das Leben verbessern wollen.
Die Erkenntnis, dass alles, was ist, so ist, wie es ist, führt zu Bescheidenheit, zu Akzeptanz.
Bekommst du in deiner stillen, urteilsfreien Beobachtung auch nur einen winzigen Einblick in die Großartigkeit des Lebens, verändert das dein Verhalten. Du möchtest immer wieder in solche Zustände kommen, diese grundlose, stille Freude wahrnehmen!
Grundlose, stille Freude wahrnehmen Leben ist anders
Wann immer du Gelegenheit hast dazu, gönne dir diese Augenblicke!
Das kann mitten am Tag sein, vielleicht beim Betrachten einer Zimmerpflanze. Oder an der Bushaltestelle. Anstatt morgens die News auf deinem Handy zu lesen, die ja meistens nicht erfreulich sind, könntest du dir einfach ein wenig Zeit nehmen, nach innen zu gehen.
Falls dieses stille Beobachten neu ist für dich, wirst du es vielleicht regelmässig anwenden wollen. Nach einer gewissen Zeit und tiefergehenden Erfahrung wirst du merken, dass du im Alltag ständig zwischen diesen beiden Welten wechseln beziehungsweise in beiden gleichzeitig sein kannst. Egal, wo du bist, egal mit wem du bist.
Du kannst zwischen diesen beiden Welten wechseln und in beiden gleichzeitig sein
Das unbeteiligte Beobachten ist das, was dich bewusst werden lässt.
Bewusst darüber, dass von innen her betrachtet, die Welt völlig anders aussieht. Bewusst werden darüber, dass die Rückschlüsse und Beurteilungen des Verstandes falsch sind, bzw. der Sache nicht gerecht werden. Das Leben ist viel komplexer als es erscheint.
Damit sind eben auch alle Vorkommnisse gemeint, die wir als schlimm, furchtbar, ungerecht oder schön und erstrebenswert ansehen. Alle unsere Massstäbe sind anerzogen, sind kultur- und gesellschaftspezifisch, sind das Produkt der Erziehung.
Unser Verstand ist dazu da, der Angst zu dienen
Er tut das mit Vorstellungen von Gefahr und Gefahrenabwehr, mit Kontrolle und Einschränkung.
Angst ist das Gegenteil von Liebe und Vertrauen.
Das Bewusstsein, das im stillen, urteilsfreien Beobachten erfahren wird, kennt keine Angst. Es ist Zeuge der immerwährenden sprudelnden Lebensenergie, und das Leben erzeugt Freude! (Denke nur daran, wie lebendig und freudig du dich fühlst, wenn du verliebt bist!)
Je mehr du dich im Zustand der Bewusstheit befindest, desto weniger Angst kommt auf. Du erkennst das Leben, du vertraust dem Leben und freust dich an allen seinen vielfältigen Erscheinungsformen. Nichts ist falsch, nichts muss verändert werden. So wie es ist, ist es. (Ob es dir gefällt oder nicht).
Du anerkennst die Tatsache, dass das Leben ständige Veränderung bedeutet, dass nichts so bleibt, wie es gerade ist. Du betrachtest die Veränderung. Du beklagst nicht, was nicht mehr ist, und du hoffst nicht, dass deine Wünsche in Erfüllung gehen. Denn Wünsche sind überflüssig. Das Leben ist, wie es ist.
Wünsche sind überflüssig- das Leben ist, wie es ist
Aus dieser Haltung heraus versteht es sich von selbst, dass es weder Sorgen noch Strategien für die Zukunft braucht. Jeder Augenblick erschafft sich aus sich selbst. Bist du jetzt, in diesem Augenblick zuversichtlich, freudig, dann bist du es auch im nächsten… und im nächsten.
Aber wenn du dich mit dem sorgenden Verstand identifizierst, wenn du jetzt, in diesem Augenblick, in Sorgen oder Missmut lebst, dann gestaltet sich auch der nächste Moment so… sorgenvoll… in Missmut. Das Jetzt erschafft das nächste Jetzt. Deshalb ist es sinnvoll, darauf zu achten, wie dein Jetzt aussieht.
Im Zustand des Bewusstseins lässt du dich nicht mehr manipulieren. Du glaubst nicht mehr, dass es „Waffen für den Frieden“ braucht, und du glaubst nicht mehr, was Politik und Wirtschaft dir weismachen wollen. Du lässt dir keine Angst einreden. Du glaubst eigentlich gar nichts mehr und erkennst die Absicht hinter den Handlungen.
Vertrauen ins Leben selbst, das sich ständig neu erschafft, ist die Alternative. anders
Wie mir scheint, sucht das Leben ständig die beste Lösung, um ein harmonisches Gleichgewicht herzustellen. Unser Verstand kann das natürlich nicht erkennen, darum redet er dauernd davon, wie man Gefahren bekämpfen soll. Aber, was man bekämpft, wird stärker.
Das Leben findet ständig die besten Lösungen – was man bekämpft, wird stärker
Die Aussage des kleinen Prinzen: „Nur mit dem Herzen sieht man gut“ könnte man auch erweitern
und sagen: Wer von innen her das Innere von allem, was ist, betrachtet, sieht klar, quasi „von Herz zu Herz“.
Ich möchte dich gerne dazu ermutigen, das auszuprobieren, denn die Freude und Zufriedenheit, die dabei entsteht, ist groß!
Mit herzlichen Grüßen
Navyo Brigitte Lawson Leben ist anders
15.02.2023
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Mir ist es auch nach vielen Jahren des Probierens (in der Meditation) nie wirklich gelungen, diesen beschriebenen Zustand zu erreichen. Ich hoffe, dass ich noch lang genug lebe, um ihn vielleicht doch noch erfahren zu dürfen.