Stress als Ursache für Übergewicht

Uebergewicht-Stress-Statue-lake-constnaceStress als Ursache für Übergewicht erkennen

Stress ist inzwischen zur Volkskrankheit Nr. 1 geworden. 67 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer leiden unter Stress und psychischem Druck im Job. Allein 2018 gab es dreimal so viel Fehltage wegen psychischer Leiden als noch 1997. Neben den psychischen Belastungen wirkt Stress auch auf den Hormonhaushalt: Das Stresshormon Cortisol macht krank, dick und isoliert zusätzlich. Wie das zusammenhängt und wie Entschleunigung dabei helfen kann, die seelische und die körperliche Gesundheit wieder in Einklang zu bringen, lesen Sie hier.

Stress schlägt auf die Seele und macht uns krank

Im heutigen Alltag ist Stress leider ein häufiger Begleiter. Wir arbeiten oft bis in die Abendstunden. Durch die Digitalisierung ist es auch so, dass wir nicht abschalten können, sondern häufig den Stress von der Arbeit mit nach Hause nehmen – das Meeting für den nächsten Tag vorbereiten, noch ein paar letzte E-Mails auf der Couch beantworten. Die ständige Erreichbarkeit sorgt dafür, dass die Grenze zwischen unserem Arbeits- und Privatleben zunehmend verwischt. Wir kommen gar nicht mehr dazu, vollends zu entspannen.

Diese Dauerbelastung geht an uns nicht spurlos vorüber. Einerseits leiden immer mehr Menschen an psychischen Problemen, wie beispielsweise Burn-out oder depressiven Verstimmungen. Denn wer keine Zeit mehr für den Ausgleich hat, kann sich auch nicht regenerieren. Andererseits sorgt ständiger Zeitdruck und viel Zeit vor dem Computerbildschirm auch dafür, dass wir schnell zwischendurch zu ungesunder Nervennahrung greifen. Dies, in Kombination mit recht wenig Bewegung, ist jedoch nur einer der Gründe, weswegen immer mehr Menschen neben stressbedingten seelischen Krankheiten zusätzlich unter Übergewicht leiden.

Die Gründe für immer mehr Menschen mit Gewichtsproblemen sind nicht so einfach herzuleiten – die angesprochene ungünstige Ernährung trägt sicherlich dazu bei, ist aber nur ein kleiner Teil des Problems. Denn auch bei gesunder Ernährung kann das Stresshormon Cortisol zu Übergewicht führen. Dauerstress hebt den Cortisolspiegel im Blut an. Dadurch wird die Produktion von Bauchfett gefördert und die Fettverbrennung gehemmt – wir nehmen zu, obwohl wir uns gesund ernähren.

Stress ist eine dreifache Belastung

Für Betroffene ist Stress eine Mehrfachbelastung. Zu den psychischen Auswirkungen des Dauerstresses kommt die unfreiwillige Gewichtszunahme – und sehr oft auch das Stigma bzw. die Vorurteile von Mitmenschen. Denn woher die zusätzlichen Pfunde kommen, ist von außen nicht zu erkennen. Ob in der Schule, im Berufsleben oder auch im Privatleben – dicke Menschen sind täglich mit tief verwurzelten Vorurteilen ihnen gegenüber konfrontiert. Und das ist eine zusätzliche Belastung.

Viele schlanke Menschen halten die eigene Lebensweise (also genügend Bewegung und eine gesunde Ernährung) für ausreichend. Dass sie möglicherweise genetisch anders veranlagt sind und somit anders auf Umweltbedingungen reagieren, ist nicht immer der erste Gedankengang. Daraus ergeben sich zwar gut gemeinte, aber dennoch verletzende Ratschläge, die auf der Auffassung beruhen, dass allein die Person selbst Kontrolle über die Gewichtszunahme hat.

Forscher haben in einer Umfrage herausgefunden, dass die Mehrzahl der Deutschen den Grund für Übergewicht im eigenen, persönlichen Verhalten sieht. Vorurteile, man müsse sich nur ein bisschen mehr bewegen und den Schokoladenriegel gegen den Apfel austauschen – also disziplinierter sein – halten sich hartnäckig, wie die folgende Grafik zeigt:

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Grafik: Vorurteile gegenüber dicken Menschen

Seelische Folgen von Ausgrenzung

Die Ausgrenzung, die oft schon in der Jugend beginnt, und in gewisser Weise auch die Schuldzuweisung, man wäre ganz allein für sein Aussehen verantwortlich, sorgt nur immer wieder für mehr Stress. So gaben bei einer Umfrage 15 Prozent der Befragten in Deutschland an, dicke Menschen vorsätzlich zu meiden. Auch weitere negative Einstellungen zum „Dicksein“ sind durch die Befragung deutlich geworden:

Vorurteile gegen Dicksein
Grafik: Einstellungen zu übergewichtigen Menschen

Soziale Isolation sorgt wiederum dafür, dass Betroffene sich eher zurückziehen und weniger mit Freunden unternehmen. Somit fehlt auch hier der Ausgleich, der den Stresslevel senken würde. Nicht umsonst spielen wir auch als Erwachsene sehr gern, wie wir in diesem Artikel bereits beschrieben haben. Sich aus eigener Kraft aus dem Kreislauf zu befreien, ist sehr schwierig, denn um dieses gesellschaftliche Problem zu lösen, ist ein generelles Umdenken nötig.

Was kann also jeder Einzelne tun?

Zum einen würde es schon helfen, Menschen mit Übergewicht von diesem Stigma zu befreien. Dazu gehört beispielsweise, dass wir ihnen nicht – auch nicht als gut gemeinten Rat – einen Sportkurs empfehlen. Gemeinsam einen Spaziergang zu unternehmen, ist eine viel bessere Hilfestellung. Dies suggeriert nicht: „Du wirst so, wie du jetzt bist, nicht akzeptiert“. Außerdem sind Spaziergänge von Natur aus stress-senkend. Jeder Mensch fühlt sich besser, wenn er als vollwertig angenommen und ihm nicht gesagt wird, er müsse sich verändern oder optimieren.

Was können Sie für sich selbst tun?

Ein guter Punkt, um anzusetzen, ist die Minimierung von Stress im Alltag. Dies kann schon in kleinen Schritten erreicht werden. Ziel ist es, den Stress auszugleichen. Eine Auszeit zu nehmen und zu entspannen, ist Balsam für die Seele, aber tut auch dem Körper gut. Ab und zu zu entschleunigen, sei es durch Meditation oder einen langen Spaziergang, hilft dabei, den Alltagsstress hinter sich zu lassen.

Es kann aber auch helfen, die eigenen Grenzen klar zu formulieren, um die Wahrnehmung von außen zu beeinflussen. Äußerungen bezüglich der eigenen Gesundheit kann man sachlich deeskalieren, sagt Plus-Size-Bloggerin Susanna Niklas.

Auf den Vorwurf „Du bist so dick, das ist doch ungesund!“ rät sie, sachlich zu reagieren:

„Im Falle von Body-Shaming-Kommentaren sollte man meiner Meinung nach sachlich bleiben. ‚Deeskalieren‘ könnte man das auch nennen. Denn wenn man sich davon aufbringen lässt und entsprechend auf solche Kommentare reagiert, erlangt Body Shaming viel mehr Aufmerksamkeit, als es der Fall sein sollte.“ (Zitat Susanna Niklas)

Was sie darauf meist antwortet?

„Du kennst mich doch gar nicht. Wieso solltest du also beurteilen können, wie es mir gesundheitlich geht?“

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen, die ein soziales Umfeld haben, in dem sie sich angenommen und akzeptiert fühlen, weniger gestresst sind. Wer also regelmäßig Kontakt zu seinem engen Freundeskreis pflegt, beugt Stress sozusagen schon vor.

18.09.2019
Spirit Online
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