Thaumasium die Wunderkraft des Universums
Als Wunder bezeichnen wir ein Ereignis, das Staunen hervorruft, das unerwartet und unberechenbar auf den Menschen zukommt. Es ist für den Menschen nicht machbar. Es ist bemerkenswert, dass in der griechischen Sprache die Worte für Wunder und Wunde (thauma und trauma) so eng beieinanderliegen, im Lateinischen wie im Englischen sprechen wir von „miraculum“ bzw. „miracle“ und unser deutsches Verb wundern kommt vom Althochdeutschen „wuntar“ = wünschen. Oft möchte man, dass sich Wunschträume erfüllen, die dann möglicherweise traumatisiert erlebt werden und von der Illusion des Wunderns überlagert sind.
Wir leben in einer sehr krisenhaften Zeit voller Paradoxien, wo wir uns täglich aufs Neue wundern müssen. Dennoch laufen alle Ereignisse in unserer Welt innerhalb eines Rahmens von festgefügten Gesetzmäßigkeiten ab. Diese nicht veränderlichen Fügungen nennen wir Naturgesetze. Nach allem, was wir wissen, sind Naturgesetze konstant – sie sind im Wesentlichen unveränderlich. Sie geben einerseits einen weiten Freiraum für Wirksamkeiten und Abläufe in unserer Welt und erlauben die vielfältigsten technischen Erfindungen und Verfahren, aber andererseits schließen sie viele nur in unserer Vorstellung erdachte Vorgänge als nicht realisierbar aus.
Besonders in den Naturwissenschaften Physik und Chemie wird versucht, diese ständig gegenwärtigen, überall wirksamen Gesetze durch Beobachtung und Experimente herauszufinden und sie dann mathematisch oder verbal in allgemeiner Form auszudrücken. Wir beobachten in der uns umgebenden Wirklichkeit zahlreiche staunenswerte Vorgänge.
Beobachtung (lat. observatio) erfordert eine sehr demütige Haltung gegenüber dem Universum. Observieren, beobachten ist ein absichtsloses Dienen (lat.: servus = Diener) gegenüber (lat.: ob) dem Objekt, demjenigen, das mir entgegengeworfen, entgegengehalten wird (lat.: obicere). Wer dienend, demutsvoll einer Person oder einer Sache gegenübersteht, beobachtet ohne eigenes Hinzutun und nimmt dann letztlich die Dinge wahr, wie sie im Prinzip, im Ursprung sind.
Besonders im Bereich des Lebens fehlt uns oft das Verständnis für die genaue Funktionsweise der vielen komplexen Details.
Niemand kann bisher den genialen Prozess der Photosynthese hinreichend erklären oder ihn gar nachbauen, dennoch findet er in jedem Grashalm statt. Das menschliche Gehirn verfügt über etwa 100 Milliarden Schaltelemente (Neuronen), die untereinander mit tausenden von synaptischen Verknüpfungen verbunden sind. Von der Komplexität dieses etwa 1,5 kg schweren Organs können wir uns einen Eindruck verschaffen, aber die Arbeitsweise dieser genialen Konstruktion ist uns weitgehend unbekannt.
Wie kommt es, dass das menschliche Herz 70 oder 80 Jahre ununterbrochen schlagen kann, wo doch alle unsere technischen Geräte eine dazu vergleichsweise geringe Funktionsdauer aufweisen?
Andere Beiträge von Roland Ropers
Wir lesen bei Lao Tse im 67. Kapitel des „Tao Te King“:
„Alle Welt sagt,
dass mein Weg großartig und unvergleichlich ist.
Eben, weil er großartig ist,
ist er unvergleichlich.
Wäre er vergleichbar,
wäre er schon lange verschwunden.
Ich habe drei Schätze,
die ich hege und pflege:
Der erste heißt: Mitgefühl,
der zweite heißt Genügsamkeit,
der dritte heißt: nicht danach streben,
in der Welt an der Spitze zu sein.
Ist man mitfühlend, kann man mutig sein.
Ist man genügsam, kann man großzügig sein.
Wer nicht danach strebt, in der Welt Spitze zu sein,
kann andere leiten.
Das Mitgefühl um des Mutes willen aufgeben,
die Genügsamkeit um der Großzügigkeit willen aufgeben,
den letzten Platz um des ersten Platzes willen aufgeben:
das bedeutet den Tod.
Wer mit Mitgefühl kämpft, wird siegen
Und in der Verteidigung unbezwingbar sein.
Wem der Himmel hilft,
den beschützt er durch die Gabe des Mitgefühls.“
10.12.2020
Roland R. Ropers
Über Roland R. Ropers
Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.
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