Beatrice Bruteau – Zu den Wurzeln unseres Daseins

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Beatrice Bruteau - Zu den Wurzeln unseres Daseins fantasyBeatrice Bruteau – Zu den Wurzeln unseres Daseins

Beatrice Bruteau (1930 – 2014) war eine Pionierin im integralen Studium von Mathematik, Philosophie, Evolutionstheorie, östlicher und westlicher Mystik. Mit ihrem Background aus Advaita Vedanta, Katholizismus und den Naturwissenschaften hatte sie eine einmalige Vision der menschlichen Wirklichkeit in ihren kosmischen und sozialen Kontexten entwickelt.

 „Je mehr Sorgen und Schwierigkeiten es in der Welt gibt, desto wichtiger wird es, optimistisch zu sein – und diesen Optimismus gilt es, besonders tief zu verwurzeln. Mittels der Kontemplation lenken wir unsere Aufmerksamkeit von äußeren, objektiven, vorübergehenden zeitlichen Sorgen auf unser inneres Universum. Dieser transzendente und zugleich immanente Prozess bringt uns an einen tieferen Ort, an dem uns die wahren Werte aufleuchten und wir zu unserem authentischen Sein finden…“

Beatrice Bruteau wurde am 25. Juli 1930 in Carbondale, Illinois/USA geboren,

wuchs in einem baptistischen Elternhaus auf, studierte zunächst Mathematik in Pittsburgh, und begegnete Swami Pavitrananda, dem Präsidenten der Vedanta Society in New York.   Sie drang mit Begeisterung in die Schriften großer indischer Weiser ein und wurde im Jahr 1954 an der Fordham University in New York mit einer Dissertation über Sri Aurobindo promoviert. Im Jahr 1967 gehörte sie zu den Mitgründern der amerikanischen Teilhard-de-Chardin-Gesellschaft und war intensiv im spirituellen West-Ost-Dialog engagiert.

Der Benediktinermönch und Mystiker Bede Griffiths, (1906 – 1993) dem sie wiederholt begegnet war, schrieb: „Ich kenne kaum jemanden, der sich dem Herzen der Wirklichkeit so tiefgreifend nähert wie Beatrice Bruteau“.

Nach dem Tod ihre Ehemanns Fred Burkle im Jahr 1970, heiratete sie am 31. Januar 1971 den von seinem Orden dispensierten Jesuitenpater und Philosophieprofessor James Somerville (1915 – 2016). Zusammen gründeten sie die „Schola Contemplationis“.

Im August 2002 schrieb Beatrice Bruteau geradezu prophetisch:

„Die Kontemplation führt zum tiefen Gewahr werden der absoluten, universalen Verwandtschaft mit allem Seienden. Wenn wir die gemeinsame Basis suchen, die grundlegenderen Werte, die sich alle Menschen teilen, versetzen wir uns zumindest in eine kreativere Ausgangsposition, um neue Ansätze finden zu können. Die derzeitige Krise, bei der es zum Teil um Kultur und zum Teil um wirtschaftliche Kontrolle geht, muss man in diesem Kontext sehen. Es sind draußen in der Welt Terroristen unterwegs, die Zugang zu furchtbaren Waffen haben, und in dieser Welt hat sich ein System etabliert, das nahezu unbemerkt die Kontrolle über den Großteil der wesentlichen Lebensgrundlagen erlangt hat. Wir müssen dringend alle Bereiche neu überprüfen, müssen fragen, worum es in unserem Leben geht, welche Werte wichtig sind. Besteht unser Zweck als Menschen darin, das Wirtschaftswachstum zu fördern, auch wenn dabei unser Lebensunterhalt gefährdet wird, unsere Familien sich auflösen, unser Recht zu wissen, was wir essen, verloren geht und wir nicht mehr erfahren, welche für unser Leben signifikanten Ereignisse stattfinden und wer die Entscheidungen trifft, die sie steuern? Oder ist die Wirtschaft dazu da, dem Leben der Menschen, ihrem Wohlbefinden und ihrem Glück zu dienen? Wir müssen unbedingt den Weg zurück zu den ganz grundlegenden Realitäten und Werten finden. Die Kontemplation ist der Weg, auf dem wir das tun können. Wir müssen die Wurzeln unseres Daseins finden. Wir müssen radikal werden. Nur wenn wir fest glauben und unsere Werte erhalten können, werden wir den Willen, die Energie, die Ernsthaftigkeit und den Mut aufbringen, der derzeitigen Krise engagiert die Stirn zu bieten. Wir müssen Verhältnisse schaffen können, in denen die Menschen über die Bedingungen ihres eigenen Lebens frei mitbestimmen können, und dass sie dazu in der Lage sind, ohne damit die gleichen Rechte anderer Menschen beeinträchtigen zu müssen. Wir müssen das Wohlbefinden aller und jedes Einzelnen von allen wollen. Es ist ein Optimismus, der radikal in der Tiefe unseres Seins verwurzelt ist und sich Kraft der Liebe mit kompetenten Sachverstand in der Welt auswirkt…“

Beatrice Bruteau publizierte 17 Bücher, cover other half soul ropers

darunter im Jahr 1996 das 400-Seiten-Werk „The Other Half of My Soul – Bede Griffiths and the Hindu-Christian Dialogue; das Titelfoto für dieses eindrucksvolle Buch hatte ich von Bede Griffiths im April 1991 in seinem südindischen Ashram gemacht. Die Autorin bat mich um die Abdruckgenehmigung. Seit jener Zeit waren wir in Verbindung.

Sie lebte in Winston-Salem, North Carolina/USA, wo sie nahezu plötzlich im Herbst 2013 an Alzheimer erkrankte. Innerhalb kürzester Zeit reduzierte sich ihr Körpergewicht auf 30kg. In ihren letzten irdischen Lebenstagen erlebte ihre Umgebung ein besonderes Leuchten und Strahlen ihres Wesens. Sie starb am 16. November 2014 im Alter von 84 Jahren. Ihre Ehemann James Somerville starb zwei Jahre später am 19. September 2016, zwei Tage vor seinem 101. Geburtstag.

Der vier Jahre ältere Benediktinermönch David Steindl-Rast, der am 12. Juli 2022 im Europakloster Gut Aich am österreichischen Wolfgangsee seinen 96. Geburtstag feiert, schrieb vor vielen Jahren:

„Beatrice Bruteau zeigt uns, dass das Leben unserer Welt davon abhängig sein kann, radikal und realistisch zu träumen.“

Im November 2000 traf ich Beatrice Bruteau an der Fordham University in New York zu einem gemeinsamen Tagesseminar zum Thema „Contemplation in a World of Action“.

Beatrice liebte das Wort „leisure“ – deutsch: „Muße“, lateinisch: „otium“.

„Wenn einem der Wunsch kommt, ein kontemplativer Mensch zu werden, dann müsste es herrlich sein, in Muße leben zu können. Aber was ist in Wirklichkeit Muße? Und wie fühlen wir uns in der Muße tatsächlich? Wir sind geschäftige Menschen. Unsere Zeit ist straff durchstrukturiert und total ausgefüllt. Wir messen unser Leben in Zeitmaßen: in Jahren, Semestern, Quartalen, Monaten, Wochen, Tagen, Stunden, Minuten. Auf unsere Zeit sind wir eifersüchtig bedacht. Vielleicht ist sie sogar unser kostbarster Besitz. Andererseits sind wir Sklaven unserer Zeit. Nichts tun, nicht die Zeit messen, nicht das Leben zeitlich bemessen, nicht die Menschen danach bemessen, wie sie die Zeit bemessen — mit all dem tun sich viele von uns schwer, sogar diejenigen, die der Meinung sind, wir sehnten uns nach einem Leben in Muße, nach einem kontemplativen Leben. Sogar in den meisten kontemplativen Klöstern wird der Alltag von der Uhr streng in kleinere Einheiten unterteilt. Wir tun uns sehr schwer, von solchen tief sitzenden Gewohnheiten loszukommen… Das radikale Wahrnehmen des gegenwärtigen Augenblicks ist eine nicht-produktive kontemplative Aktivität, die mich an die Urquelle meines unsterblichen Wesensgrundes führt.“

23.06.2022
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de


Über Roland R. Ropers

Rückkehr zur Ur-Quelle Roland Ropers Portrait 2021

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

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Buch Tipp:

cover kardiosophie Roland RopersKardiosophie
Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle

von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu

Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.

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