Lampe der Weisheit – Alexandra David-Néel

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lampe sonnenuntergang sunsetAlexandra David-Néel „Lampe der Weisheit“

Alexandra David-Néel
 (1868 – 1969)

„…Wie uns gemeldet wird, soll es einer Französin gelungen sein, Lhasa zu betreten, eine für Ausländer verbotene Stadt. Es handelt sich um Madame Alexandra David-Néel, die 1911 Frankreich verlassen hat…“. Die Nachricht der Agentur Havas vom Januar 1925 ist eine Weltsensation.

Amcover-David-Neel 24. Oktober 1868 wird Louise Eugénie Alexandrine Marie David, genannt Alexandra, in Saint-Mandé bei Paris geboren.

Ihr Vater, Louis David ist Franzose und von Beruf Lehrer, die Mutter Alexandrine, skandinavischer Abstammung, ist eine strenggläubige Katholikin. Mit drei Jahren reißt Alexandra zum ersten Mal von zu Hause aus. Sie sagt später von sich selbst, dass sie weglaufen konnte, noch bevor sie gehen konnte. „Die wahren Freunde sind die Bäume, die Gräser, die Sonnenstrahlen, die Wolken, die in der Dämmerung oder im Morgengrauen am Himmel schweben, das Meer, die Berge.“  Mit fünf Jahren zieht sie mit ihren Eltern nach Brüssel. Hier verbringt sie ihre Kindheits- und Jugendjahre. Alexandra ist ein sehr lebhaftes Kind und die Eltern lassen ihre einzige Tochter in einer Klosterschule erziehen.

Schon von meinem fünften Lebensjahr an, als frühreifes kleines Ding in Paris, sehnte ich mich über die Grenzen, in denen ich wie alle Kinder meines Alters, gehalten wurde, hinaus. Damals gingen meine Wünsche, über die Gartenpforte hinweg, auf die daran vorbeiführende Straße und hinaus in die unbekannte Ferne. Später erbat ich von meinen Eltern nie andere Geschenke als Reisebeschreibungen, Landkarten und als höchstes Glück, Ferienreisen ins Ausland. Als junges Mädchen konnte ich mich stundenlang in der Nähe der Eisenbahnlinien aufhalten, wie magisch gefesselt von den glänzenden Schienensträngen und der Vorstellung der vielen Länder, wohin sie führten. Allein, wiederum zauberte mir die Phantasie nicht Städte, Gebäude, glänzende Feste oder eine bunte Volksmenge vor: nein, ich träumte von wilden Bergen, von riesigen verlassenen Steppen und unzugänglichen Gletscherlandschaften!“

Mit 17 Jahren verlässt sie ihr Elternhaus, nimmt einen Zug in die Schweiz und wandert über den St.-Gotthard-Pass allein zum Lago Maggiore.

Mit 18 radelt sie ganz allein von Belgien bis nach Spanien. Nach ihrer Schulausbildung hält sie sich in London auf, um ihre Englischkenntnisse zu erweitern und geht an-schließend nach Paris. An der Sorbonne studiert sie Völkerkunde. Vornehmlich orientalische Philosophie, sowie indische und chinesische Religionsphilosophie, insbesondere Buddhismus und die Veden erregen ihr Interesse. Mit einer Erbschaft finanziert sie ihre erste Reise nach Indien, wo sie buddhistische Rituale kennenlernt und reist weiter nach Ceylon, Indochina und Südchina. Fast zwei Jahre reicht ihr Geld. Zwischendurch legt sie eine Blitzkarriere als Sopranistin ein und singt –  nicht in der Heimat, sondern als „Star von Hanoi“ auf den großen Bühnen der Kolonie Indochina die „Carmen“ und andere Opernpartien („Manon“, „Margarethe“) in Saigon, Tonking und Hué.

Um die Jahrhundertwende

landet sie während eines Engagements in Tunesien, wo sie sich mit dem Koran beschäftigt und das Stadttheater von Tunis leitet. Dort lernt sie den Lebemann Philippe Néel kennen, der als Ingenieur im Eisenbahnbau arbeitet. Sie heiraten im August 1904 und aus einer wilden Ehe wird eine eingetragene. Außerhalb der Konventionen bleibt diese trotzdem – die längste Zeit über in Form einer transkontinentalen Brieffreundschaft. „Wir haben eher aus Bosheit denn aus Zärtlichkeit geheiratet“, äußert sie sich später zu ihrer Eheschließung. Alexandra kehrt nach Brüssel zurück und erhält einen Lehrstuhl für orientalische Philosophie an dem „Institut des Hautes Études“, der damaligen Neuen Universität.

Nach dem Erscheinen ihres ersten Buches über Sinn und Lehre des Buddhismus 1911 bricht sie mit 43 Jahren zu der Reise auf, die ihr Leben verändert: wieder nach Asien, im Gepäck eine Predigt Buddhas und ihre Zinkbadewanne. Alexandra bereist zumeist noch unbekannte Gebiete Zentralasiens, Nepal, Sikkim, die Wüste Gobi, China und Indien. Philippe finanziert die Reise und findet sich damit ab, dass seine Ehefrau statt der geplanten 18 Monate lange 14 Jahre fortbleibt. Über 3.000 Briefe schreibt sie ihm aus der Ferne.

Schon bald meldet sie sich begeistert aus Indien:

„Es scheint, als ob ein guter Geist vor mir hergeht, um mir alle Türen zu öffnen und alle Dinge zu vereinfachen.“ Wer immer dieser Geist sein mag, er führt Alexandra David Néel auf wundersame Wege. Ob in den schillernden Palästen der Maharadschas von Nepal und Sikkim oder im Kreis halbnackter Saddhus in düsteren Hindu-Tempeln, überall ist man beeindruckt von der kritischen Intelligenz der alleinreisenden Dame aus Paris, die alles ganz genau wissen will und sehr wohl zwischen heilig und scheinheilig unterscheiden kann. Selbst seine Heiligkeit der 13. Dalai Lama, Gottkönig der Tibeter und im April 1912 gerade auf dem Rückweg aus indischem Exil nach Lahasa, zeigt sich so entzückt von seiner ersten Begegnung mit dieser Frau, dass er ihr zum Abschied nachruft: „Lernen sie tibetisch!“

Mit ihrem Begleiter, dem dreißig Jahre jüngeren Tibeter Aphur Yongden, den sie später mit nach Frankreich nimmt und adoptiert, verbringt Alexandra zwei Jahre auf 4.000 Meter Höhe in einem Himalaya-Kloster. Dort bekommt sie den Namen „Leuchte der Weisheit“. Alexandra wird von einer fixen Idee beherrscht: „Allen Hindernissen zum Trotz“, so schreibt sie, will sie die verbotene Stadt Lhasa zu Fuß erreichen, „um zu zeigen, was der Wille einer Frau vermag.“ Eine mehrjährige Odyssee beginnt. Alexandra, das Gesicht mit Ruß verdreckt, die Haare mit Tusche schwarz gefärbt, und Yongden geben sich als Bettelpilger aus. Die Reise ist gefährlich; Überfälle von Straßenräubern, Durst, Hunger und Schlafmangel zehren an den Kräften. Immer wieder stoppen Grenzposten die Wanderer. „Ich akzeptiere prinzipiell keine Niederlage, um was es sich auch handle“, kommentiert sie knapp.

Am 28. Februar 1924 erreicht Alexandra David-Néel, abgemagert bis zum Skelett, als erste weiße Frau Lhasa, die Hauptstadt Tibets.

Nach ihrer Rückkehr wird sie als „die Frau auf dem Dach der Welt“ gefeiert. Die französische Regierung ernennt sie zum Ritter der Ehrenlegion. Die Geographische Gesellschaft in Paris verleiht ihr die Goldene Medaille, desgleichen die Königlich-Belgische Gesellschaft für Geographie. Ein Zusammenleben mit Philippe ist nicht mehr möglich. Alexandra kauft in Südrankreich eine Villa, die sie „Samten Dzong“ nennt, „Festung der Meditation“. In der Abgeschiedenheit des Alpenortes in der Nähe von Digne widmet sie sich der Bearbeitung ihres gesammelten Materials und ihrer Reisebeschreibungen, bis sie ihre Lehrtätigkeit an der Sorbonne wieder aufnimmt.

Aber 1936 bis 1946 zieht es sie wieder fort. Sie reist nach Asien, Indien, bereist den Himalaja, China, Japan, Korea und Tibet. In China erfährt sie 1941 vom Tod ihres Mannes. Auch Yongden überlebt sie. Er stirbt 1955 im Alter von 50 Jahren. Als ob das entbehrungsreiche Reisen ihr zusätzliche Kräfte gab, schreibt sie ein Buch nach dem anderen.

In über dreißig Büchern dokumentiert sie ihre ausgedehnten Reisen nach Asien. Kaum jemand ist geeigneter, ein lebendiges Bild über Menschen und Leben in Tibet zu geben, als Alexandra David-Néel, die Jahre lang in Asiens Hochländern gelebt hat und dem Denken und Fühlen der Bewohner so nahe gekommen ist, dass sie sich inzwischen auch zum Buddhismus bekennt. Die Forscherin, die bis zum letzten Augenblick ihres langen Lebens im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte bleibt, lässt noch mit 100 Jahren ihren Reisepass verlängern und redigiert noch in den letzten Monaten ihres Lebens das Buch „L’Individualisme Integral“.

Am 8. September 1969 stirbt Alexandra David-Néel in ihrer Villa „Santen Dhzong“ bei Digne in Frankreich.

 Unvergänglichkeit  KARDIOMAGIE Roland-Ropers-Grafik-watchful-wisdom-walking29.07.2021
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.org


Roland-Ropers-Portrait-2021Über Roland R. Ropers

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.
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