Liebe, Vertrauen, Wertschätzung und Annahme
Über den heilsamen Umgang mit Kinder – und Jugendlichenseelen Teil 4
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Frage nach Sinn und Entwicklung – Nutzen Sie diese Chance für Ihr persönliches Wachstum!
Es ist leicht zu sagen – ich formuliere das jetzt einmal bewusst überspitzt -:
„Mein Kind ist verhaltensauffällig und darum schicke ich es in Therapie, damit ein Therapeut das bitteschön wieder hinbiegen möge!“
Das ist eine Möglichkeit zu reagieren, aber es ist in meinen Augen, in meinem persönlichen Verständnis und aus meiner Erfahrung heraus weder die zielführendste noch die wirklich heilbringende Möglichkeit.
Ich möchte an dieser Stelle explizit klarstellen, dass ich Therapien für Kinder, egal welcher Art, für sehr sinnhaft und ganz wichtig halte. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Ich möchte Ihnen lediglich die Erkenntnis vermitteln, dass Therapien Ihres Kindes nur sehr bedingt etwas lösen können, das unter Umständen mit Ihnen zusammenhängt.
Frage nach Sinn und Entwicklung
Psychologen der Universität Rochester in Minnesota haben im Mai 2008 die Ergebnisse einer Untersuchung veröffentlicht, die sie mit sechsjährigen Kindern durchgeführt hatten. Das Ziel ihrer Forschungen war herauszufinden, wie Streitigkeiten der Eltern sich auf die Konzentrationsfähigkeit der Kinder auswirken. Für die ausgesuchten Grundschüler, die allesamt mit beiden Elternteilen zusammenlebten, waren die Auseinandersetzungen ihrer Eltern und die Gedanken an eine mögliche Trennung so belastend, dass sie sich auch in der Schule nicht davon lösen konnten.
Es verwundert eigentlich auch nicht so sehr, dass die Lösung einer Mathematik-Aufgabe nur zweite Priorität hat, wenn man sich als Kind Sorgen darüber macht, ob die Eltern sich vielleicht scheiden lassen.
Besonders besorgniserregend ist die Erkenntnis aus der Studie, dass Unkonzentriertheit, Impulsivität und motorische Unruhe nicht nur zeitgleich mit den Problemen zu Hause auftraten, sondern die betroffenen Kinder selbst ein ganzes Jahr nach dem elterlichen Streit sowohl von ihren schulischen Leistungen als auch von der sozialen Kompetenz her auffällig waren.
Nach Aussage dieser wissenschaftlichen Studie steckt in 34 % der Fälle hinter verhaltensauffälligen Kindern etwas ganz anderes als ein sogenanntes Aufmerksamkeits-Defizienz-Syndrom mit Hyperaktivität.
Was bedeutet dieses Ergebnis, wenn wir es weiter reflektieren?
Vielleicht fragen Sie sich jetzt: „Wie soll ich das denn bitteschön machen: mir den Raum zuzugestehen, den ich brauche, um immer mehr ich selbst zu werden?“
Und in antworte Ihnen: Es gibt unendliche viele Möglichkeiten, sich diesen Raum zu erschließen. Ich gebe Ihnen jetzt eine ganze Handvoll Beispiele, mit denen Sie genau das erreichen können.
Zum Beispiel, indem Sie regelmäßig ins Café gehen, sich in die Sonne setzen (sofern sie scheint …) und sich eine kleine Auszeit gönnen.
Oder Sie gehen in die Natur: im Wald spazieren gehen oder Wanderungen in der Stille der Berge unternehmen.
Sie können auch die körperliche Ebene miteinbeziehen, indem Sie Tai Chi, Qi Gong oder Yoga praktizieren. Dabei lernen Sie „den Geist zur Ruhe“ zu bringen und in der Stille zu sich zu kommen.
Kürzlich kam eine Frau nach meinem Vortrag auf mich zu und sagte, sie habe mit der Feldenkrais-Methode „Ihren“ Weg zu sich gefunden. Feldenkrais ist eine Art Bewegungs- und Körpertherapie, bei der es unter anderem darum geht, neue Bewegungsabläufe zu erlernen und zu speichern.
Sie können genauso gut Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung besuchen oder gute bewusstseinserweiternde Bücher lesen.
Eine gute Freundin von mir eröffnet sich ihren Raum damit, dass sie in ihrer Freizeit bastelt und malt.
Sie können sich aber auch „coachen“ lassen oder sich einen Mediator suchen– Coaching und Mediation sind heutzutage sehr gängige Methoden, um sich weiter zu entwickeln, und zwar nicht nur in der freien Wirtschaft.
Sie können sich Therapeuten suchen, die Psychokinesiologie praktizieren oder Psychonomie – beides Therapieformen, die unter Einbezug des Körpers auf einer tiefen seelischen Ebene arbeiten.
Sie können auch bei einem gutem Therapeuten eine Systemische Familienaufstellung machen und anfangen, Ihre familiären Verstrickungen zu lösen.
Sie können auch eine Psychotherapie beginnen – das ist heutzutage eine sehr gängige Möglichkeit, um sich auf den Weg zu sich zu machen. Lösen Sie sich von dem Gedanken, Psychotherapie sei nur etwas für kranke Menschen! Es ist eine Methode unter vielen anderen, um sein Bewusstsein zu erweitern, zu wachsen und sich selbst zu heilen.
Oder Sie meditieren! Regelmäßige Meditation ist das größte Geschenk, das Sie sich machen können. Wenn Sie damit Schwierigkeiten haben, dann lesen Sie Bücher dazu oder suchen sich jemanden, der Sie in der Anfangsphase unterstützt.
Was immer Sie für sich tun: Tun Sie es regelmäßig und tun Sie es mit Hingabe!
Alle Methoden, die ich Ihnen hier aufgeführt habe, sind einfach, absolut alltagstauglich und leicht zu praktizieren.
Allen Methoden gemein ist darüber hinaus die Ausrichtung: die Frage nach Sinn und Entwicklung.
Denn unser Leben hat ja einen Sinn. Und dieser Sinn liegt nicht in unseren Kindern, er liegt nicht in unserem Partner, er liegt nicht in unserer Firma oder in unserer Tätigkeit – der Sinn liegt ausschließlich in uns selbst.
Wir sind hier, weil wir etwas zu lernen haben, weil wir uns entwickeln wollen. Und ich plädiere dafür, Kinder aus diesem Geist heraus, in diesem Geiste auf ihrem Weg zu begleiten und zu führen.
Wenn wir uns selbst nicht in Frage stellen, treten wir auf der Stelle.
Entwicklung geht mit einer Erweiterung des Bewusstseins einher. Und Heilung passiert aus dem veränderten Bewusstsein heraus, durch tiefe Erkenntnisprozesse.
Auf welchem Weg wir zu unseren Erkenntnisprozessen gelangen spielt keine Rolle. Es spielt keine Rolle welchen Weg wir beschreiten, es geht darum, überhaupt einen Weg zu beschreiten, der uns zu uns selbst führt. Zu unserem Sein. Zu unserem inneren Licht.
Die wahre Kraft kommt immer aus der Authentizität. Aus dem Sein. Aus dem Licht, das wir in uns tragen.
Das größte Geschenk, das wir unseren Kindern machen können, ist, dass wir ihnen den Raum zur Verfügung stellen, den sie brauchen, damit sie sein dürfen. Damit sie ihr Licht leuchten lassen können.
Kinder wollen um ihrer selbst willen anerkannt und wertgeschätzt werden.
Sie wollen angenommen werden, und zwar so wie sie sind.
Und sie wollen um ihrer selbst geliebt werden, und zwar bedingungslos und nicht um irgendeiner Leistung willen, die sie vollbringen oder um irgendeiner Fähigkeit oder Besonderheit willen, die Eltern als „wert“ erachten, geliebt zu werden.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass jedes Kind ein Recht darauf hat, bedingungslos geliebt zu werden – für mich ist es eine Art „Geburtsrecht“. Und es ist unsere Verantwortung als Eltern, dafür zu sorgen, dass sie dieses gottgegebene Recht erleben können und dürfen.
Ich möchte zum Abschluss meines Vortrags ein letztes Mal zitieren, und zwar Nelson Mandela, den berühmtesten schwarzen Südafrikaner. Bei seiner Antrittsrede zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas im Jahr 1994 hat er diese großen, unglaublich berührenden Worte gesprochen:
„Unsere größte Angst ist es nicht, unzulänglich zu sein,
unsere größte Angst ist die, dass wir unvorstellbare Kraft haben.
Es ist unser Licht, das uns am meisten ängstigt, nicht unsere Dunkelheit.
Wir fragen uns: „Wer bin ich, dass ich so talentiert,
großartig und wunderbar sein soll?“
Aber wer bist Du, es nicht zu sein? Du bist ein Kind Gottes.
Es dient der Welt nicht, wenn Du Dich klein machst.
Sich klein zu machen,
nur damit sich andere nicht unsicher in Deiner Nähe fühlen, hat nicht Erleuchtetes.
Wir wurden geboren, um die Herrlichkeit Gottes, die in uns ist, zu verkörpern.
Sie ist nicht nur in einigen von uns, sie ist in jedem.
Wenn wir unser eigenes Licht scheinen lassen,
geben wir den Anderen unbewusst die Erlaubnis, das Gleiche zu tun.
Wenn wir von unserer eigenen Angst befreit sind,
befreit unsere Gegenwart automatisch die Anderen.“
Unsere Kinder sind wunderschöne, lichtvolle Wesen, die zu uns gekommen sind, auf dass wir sie zu neuer Größe führen mögen. Lassen Sie uns dieser Aufgabe gerecht werden!
2. Dezember 2015
(c) Isabel Segarra-Hallmeyer
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Isabel Segarra-Hallmeyer
Ihr besonders Augenmerk gilt Kindern, deshalb ist das Elterncoaching ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. Viele Jahre lang hat sie Vorträge in Schulen und Kindergärten gehalten über „den heilsamen Umgang mit Kinder- und Jugendlichenseelen”, mit den Anliegen, den Eltern bewusst zu machen, wie schwer die Kinder an der Last & dem Druck ihrer Eltern tragen.
Seit einem Jahr nimmt sie sich eine „Auszeit“ – Zeit, sich noch tiefer in sich selbst hineinfallen zu lassen & sich neu zu erfinden und reist mit ihrem Freilerner-Sohn mit dem Wohnmobil durch Europa.
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