Milliarden-Investitionen in künstliche Intelligenz längst Realität. Wir müssen umdenken
Wie wichtig künstliche Intelligenz (KI) für den amerikanischen Technologiekonzern Google ist, macht der Vorstandsvorsitzende Sundar Pichai mittlerweile auch öffentlich glasklar. Er beschreibt Google als „AI-first“-Unternehmen („KI zuerst“), zum Beispiel sagte er das gerade erst auf großer Bühne während der stets mit viel Spannung verfolgten Entwicklerkonferenz I/O in San Francisco.
Und Google ist nicht das einzige große Unternehmen, das mit viel Geld auf Fortschritt in dieser Technik setzt.
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Große Konzerne geben viele Milliarden Dollar aus, um in Sachen KI voranzukommen. 2016 investierten sie insgesamt geschätzt zwischen 20 und 30 Milliarden Dollar. Neben Google, Apple und Amazon in den Vereinigten Staaten gehören auch maßgeblich Baidu und Alibaba in China dazu. Politik und Gesellschaft ignoriert weitgehend die Konsequenzen auf das Leben. Während eine Mehrheit der Deutschen KI befürwortet und mehr Vorteile sieht, werden die tatsächlichen Auswirkungen noch gar nicht absehbar sein. KI wird das Leben vollständig verändern. Wie einst die Elektrizität. Darüber sind sich die meisten „Fachleute“ einig.
Eine Umwälzung vergleichbar der Elektrizität
Die Fachleute haben dafür die Geschäftsberichte unter die Lupe genommen. Die kalkulierte Bandbreite ergibt sich aus teils verschiedenen Möglichkeiten, Ausgaben für Forschung und Entwicklung genau dem Bereich der künstlichen Intelligenz und seiner Abgrenzung zuzuordnen. Aus Deutschland sind die Konzerne Siemens, BMW, SAP und Volkswagen Teil der Untersuchung. Für kleine aufstrebende Firmen kommen die McKinsey-Experten auf weitere KI-Investitionen zwischen 6 und 9 Milliarden Dollar für das Jahr 2016 – macht in der Summe mit den Konzernen also beinahe bis zu 40 Milliarden Dollar.
Zugleich ergab eine Umfrage im Rahmen dieser Untersuchung, dass außerhalb der Technologiebranche künstliche Intelligenz als Technik vielfach erst in geringem Umfang oder in einem experimentellen Stadium verwendet wird. Von 3000 Managern in zehn verschiedenen Ländern (Vereinigte Staaten, Deutschland, China, Großbritannien, Frankreich, Italien, Schweden, Japan, Kanada und Südkorea) erklärte nur jeder fünfte, er verwende mit künstlicher Intelligenz zusammenhänge Technik in beträchtlichem Umfang oder als Kernelement seines Geschäftes.
„Wir stehen in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz noch am Anfang. Doch die großen Digitalunternehmen haben mittlerweile massiv in diese Technologien investiert“, sagte Peter Breuer, der sich für McKinsey mit der Thematik beschäftigt.
Gleichwohl lässt sich die gestiegene Hoffnung auf künstliche Intelligenz auch klar am Investitionsverhalten der vergangenen Jahre zeigen, ergibt die McKinsey-Untersuchung. Alleine die Mittel, die Wagniskapitalgeber und private Beteiligungsgesellschaften in KI gesteckt haben im vergangenen Jahr, sind demnach drei Mal so hoch wie noch drei Jahre zuvor.
Die Zuversicht der Investoren gründet dabei auf Fortschritten in der Programmierung schlauer Computer, den mittlerweile riesigen Datenmengen und der gestiegenen Rechnerleistung. Fachleute erwarten, dass sich im Grunde alle Branchen damit auseinandersetzen müssen. Andrew Ng, einer der führenden KI-Fachleute auf der Welt, vergleicht die Veränderungen, die künstliche Intelligenz hervorrufen werde, beispielsweise mit den Umwälzungen durch die Elektrizität vor hundert Jahren.
Hirndaten auslesen?
Schon bald könnte die Gehirnaktivität ähnlich einfach erfasst werden wie bislang Handydaten und Bewegungsprofile. Enorme Fortschritte im Bereich Künstlicher Intelligenz machen das möglich, auch aufgrund millionenschwerer Investitionen weltweit. Doch bislang sind diese hochsensiblen Daten im nicht-medizinischen Umfeld viel zu wenig geschützt. Zu diesem Schluss kommen Neurowissenschaftler, Mediziner und Ethiker unter Beteiligung des Universitätsklinikums Freiburg im Fachmagazin Nature. „Daten der Hirnaktivität sind unsere persönlichsten Daten überhaupt. Wir brauchen dringend eine gesellschaftliche Debatte, wie Hirndaten genutzt werden dürfen, bevor die Konzerne Fakten schaffen“, sagt Dr. Philipp Kellmeyer, Wissenschaftler an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg und einziger europäischer Ko-Autor des Artikels, der am 11. November 2017 erschienen ist. ( http://www.psychologie-aktuell.com)
KI-gesteuerte Waffen reißen die Kontrolle an sich?
Südkorea setzt zur Sicherung seiner Grenze zu Nordkorea heute bereits von Samsung entwickelte Wachroboter ein, die im Notfall schießen könnten – autonome Waffensysteme sind also schon im Gebrauch. Deshalb ist ein Zukunftsszenario nicht unwahrscheinlich, in dem Gesichtserkennungssoftware bei der Jagd auf Zielpersonen benutzt werden könnte; oder eines, in dem Kleptokraten oder Terroristen sich per 3D-Drucktechnologie eigene Waffenarsenale anlegen.
Früher, während des Rüstungswettlaufs im Kalten Krieg, bauten Staaten Bomben und Raketensprengköpfe mit riesigem Zerstörungspotenzial (weil die Zielgenauigkeit dieser Waffen so schlecht war) und benutzten menschliche Armeen, die im Kriegsfall enorme Verluste hätten erleiden müssen. In Zukunft könnten Roboterarmeen hingegen gezielt eingesetzt werden und würden unbeteiligten Zivilisten theoretisch nicht schaden.
Roboterarmeen werden jedoch derart klein und billig sein, dass nicht nur staatliche Akteure in ihren Besitz kommen dürften. Das dystopischste Szenario wäre, dass militärische Stärke zukünftig völlig entkoppelt würde von der Größe eines Staates oder einer Gruppe. Laut Jaan Tallinn könnte Folgendes passieren: „Fünf Leute könnten mit nur zwei Lkw-Ladungen autonomer Kleinwaffen die Bevölkerungen ganzer Städte töten – und niemand wüsste sicher, wer dahintersteckt.“
Stuart Russell, Computerwissenschaftler in Berkeley, warnt vor einem Wettrüsten, bevor überhaupt eine echte Debatte über autonome Waffensysteme begonnen hat und eine Verständigung auf deren Verbot möglich wird, wie es derzeit bei den Vereinten Nationen diskutiert wird. Das allein sollte einem schon Angst machen, doch ein Wettrüsten könnte auch die Entwicklung riskanter KI beschleunigen – inklusive solcher Maschinen, die in der Lage sind, selbst Waffen zu kaufen.
Weltweites Forschungsrennen um Neurotechnologie
Rund 100 Millionen Dollar investieren Unternehmen wie Google und Facebook sowie Tesla-Gründer Elon Musk jährlich in entsprechende Neurotechnologien – Tendenz steigend. Bereits heute gibt es erste Geräte für Konsumenten, die die Hirnaktivität aufzeichnen. Sie werden wie ein Kopfhörer aufgesetzt und sollen den Nutzern helfen, ihre Konzentrationsfähigkeit zu steigern und Stress abzubauen. „Die Unternehmen kommen viel schneller voran als ursprünglich gedacht. Ein großflächiger Einsatz könnte in den nächsten drei bis fünf Jahren erfolgen“, sagt Dr. Kellmeyer. Bisherige Leitlinien wie die Deklaration von Helsinki und die Allgemeinen Menschenrechte beantworten die Frage nach der Nutzung der Daten nur unzureichend. Deshalb haben die Autoren vier Bereiche erarbeitet, in denen besonderer Handlungsbedarf besteht.
Datenschutz
Geräte, mit denen die Hirnaktivität erfasst werden kann, sollten die Daten nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Nutzer teilen dürfen. „Nutzer müssen Herr über ihre Daten bleiben. Eine mögliche wirksame Einschränkung wäre ein Verbot für den Verkauf und Handel solcher Daten, ähnlich wie bei menschlichen Organen“, sagt Dr. Kellmeyer.
Verantwortung und Identität
Bei der gezielten Veränderung der Hirnaktivität kann sich auch heute schon die Eigenwahrnehmung einer Person ungewollt verändern. In Extremsituationen kann die Grenze verschwimmen, ob eine Handlung selbst- oder fremdbestimmt ist. „Manipulationen der Hirnaktivität außerhalb medizinischer Therapien müssen verhindert werden. Darum sollte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte um den Schutz der Hirnaktivität erweitert werden, sozusagen Neurorechte“, erklärt Dr. Kellmeyer.
Selbstoptimierung und militärische Nutzung
Auch Methoden zur Optimierung von Hirnfunktionen, etwa zur Verbesserung des Gedächtnisses, werden weiterentwickelt. Dabei besteht das Risiko, dass medizinische Anwendungen für militärische Einsätze zweckentfremdet werden. „Statt mit einem blinden Verbot sollte solchen missbräuchlichen Anwendungen durch einen umfassenden Rechtsrahmen entgegengewirkt werden“, sagt Dr. Kellmeyer.
Alles in allem spielt der Mensch Zauberlehrling. Gewinner werden die Tech Konzerne sein die wie bereits Apple ein höheres BIP erwirtschaften als die Türkei. Die Großen US Konzerne werden Schlüsseltechnologien grundlegend beherrschen. Nationen wie Deutschland werden auf der Strecke bleiben und der Datenschutz wird in Europa untergehen. Es sei denn auch hier wird schleunigst der Old Economy Adieu gesagt und verstanden, dass nur Europa und gemeinsame Investitionen als auch Schutz wirksam sein können.
Es ist jedoch zu befürchten das Dummheit, Ignoranz der Politik und nationaler Egoismus siegen werden.
16. Februar 2018
Uwe Taschow
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