Mysterium der 10 Gebote auf dem Berg Sinai

Berg Sinai copyright roland ropers
Berg Sinai copyright roland ropers

Das Mysterium der 10 Gebote auf dem Berg Sinai

Wir erleben zur Zeit einen gewaltigen Krieg in Israel, dessen Ende nicht abzusehen ist. Von vielen Seiten wird GOTT um Hilfe angerufen, aber er meldet sich verständlicherweise nicht.

Mysterium der 10 Gebote auf dem Berg Sinai Katharinenkloster April 1999
Foto: copyright Roland R. Ropers in atemberaubender Stille auf dem Berg Sinai

Als ich vor Jahren den Gipfel des Berges Sinai in 2.300 m nach einer mehrstündigen Wanderung erreichte, sind mir die 10 Gebote aus dem Alten Testament in Erinnerung gekommen, insbesondere das Bilderverbot.

Der Berg Sinai liegt 440 km südöstlich von Kairo und 500 km südlich von Jerusalem.
Man beginnt den Aufstieg vom Katharinenkloster auf 1.600 m Höhe in der Regel in den frühen Morgenstunden wegen der enormen Hitze. Ich bin mit nur 2 Personen gegen den Mainstream in völliger Stille erst um 10 Uhr gestartet – in 2 ½ Stunden waren wir am Ziel. Unvergesslich.

Die heutige kaum zu bewältigende Bildüberflutung hat zu einer illusionären Vorstellung der Welt geführt. Wir haben Götzenbilder geschaffen, die mit dem Mysterium Gott nichts zu tun haben.

„…Die ganze Gemeinschaft der Kinder Israel kam in die Wüste und murrte gegen Moses und Aaron:  Wären wir doch durch die Hand des Herrn im Lande Ägypten gestorben, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und Brot in Fülle zu essen hatten. Denn ihr habt uns in die Wüste herausgeführt, um diese ganze Gemeinschaft Hungers sterben zu lassen.“
(2. Buch Moses, Exodus, 16, 1-3)

In diesem Moment befinden sie sich auf halbem Wege zwischen den Götzen Ägyptens und dem Gott, der im Begriff steht sich ihnen am Sinai zu offenbaren. Der Weg zurück ist allerdings versperrt und so müssen die Kinder Israel lernen umzudenken, damit sie in der Wüste überleben können. Die Sklaven gewöhnen sich allmählich daran, was Freiheit bedeutet. Sie beginnen zu lernen, dass man ohne menschliche Herren leben kann, dass auch eine andere Autorität möglich ist, dass die Wege Ägyptens nicht die einzigen sind.

Und so ziehen sie weiter, bis sie schließlich Sinai erreichen. Drei Monate sind vergangen, drei Monate, in denen sie von einer Realität in eine andere übergegangen sind; denn im Sinai werden sie durch  eine begriffliche Revolution gehen.  Sie und mit ihnen die ganze Menschheit. In diesem Moment wird alles, was als natürliche Ordnung angesehen wurde, auf den Kopf gestellt.

Die Anbetung des Todes hat sich in die Anbetung des Lebens verwandelt.

Und das hat die Menschheit bis heute nicht verkraftet. Bis heute ist der Tod der Herrscher.
„Du sollst dir kein Abbild von Gott machen…“
Bilder und Formen werden die Wahrnehmung von Gott beschränken. Nicht einmal einen Namen sollst du Gott geben, denn auch dieses grenzt ein.

„ICH BIN UND WERDE EWIG Sein“, als das ewige Sein ohne Form und Grenzen. Es ist diese Aussage, die mehr als alles den Wechsel von spiritueller und mentaler Sklaverei zu völliger Freiheit symbolisiert. Aus diesem Grund benutzt die Bibel die folgenden Worte, um  die Ankunft der Kinder Israel im Sinai zu beschreiben:

„Im dritten Monat des Auszugs der Kinder Israel aus Ägypten, an diesem Tage kamen sie in die Wüste Sinai.“
(Exodus 19,1)

Dieser Tag ist ein Tag, der aus dem Zeitgefüge ausgeschlossen ist. Dieser Tag wird immer in der Gegenwart bestehen. Dieser Tag wird nie zu einem Ende kommen, sondern wie der brennende Dornbusch sein und für immer fortdauern.

„Und es geschah am dritten Tag, als es Morgen wurde, und es kamen Stimmen und Blitze und ein schweres Gewölk auf dem Berge und der Schall des Widderhorns war sehr stark, so dass das ganze Volk, welches sich im Lager befand, erschauderte vor Angst … Und Moses  führte das ganze Volk aus dem Lager Gott entgegen und sie stellten sich am Fuße des Berges auf. Und der Berg Sinai war ganz in Rauch gehüllt, denn der Herr fuhr auf ihn herab im Feuer und der Rauch stieg auf wie der Rauch von einem Schmelzofen, und der ganze Berg bebte. Und der Schall des Widderhorns wurde lauter und lauter und Moses sprach und Gott antwortete ihm mit donnernder Stimme…“
(Exodus 19, 16-20)

So überwältigend war die Offenbarung,

dass die anwesenden Menschen die donnernde Stimme und den Schall des Widderhorns sahen. Ein klarer Fall von Synästhesie, eine Überkreuzung von sensorischen Wahrnehmungen.

Das Revolutionäre an den 10 Geboten ist, dass sie öffentlich gemacht wurden. Gesetzescodes waren nichts Außergewöhnliches im antiken Nahen Osten; der berühmteste war der Code des Hammurabi, des babylonischen Königs, der im 18. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung lebte. Die Entdeckung dieser Gesetze löste große Aufregung in wissenschaftlichen Kreisen aus, da es viele Ähnlichkeiten zwischen diesen Gesetzen und den biblischen gibt.

Spätere Entdeckungen haben jedoch gezeigt, dass Hamurabis Gesetze nie in die Praxis umgesetzt wurden. Die Stelen, auf die sie geschrieben waren, wurden in den Tempeln aufgestellt, den Göttern zugewandt. Ihr Zweck war nicht, das Los des Volkes zu verbessern, sondern den Göttern zu beweisen, was für ein gerechter König Hamurabi war. 

Die Gesetze als solche wurden in all den Hunderten von legalen Dokumenten, die man aus der Zeit entdeckt hatte, nicht ein einziges Mal erwähnt. Wenn wir dies mit der Bibel vergleichen, sehen wir, dass die Gesetze, die durch Moses offenbart wurden, nicht nur so öffentlich wie möglich verkündet wurden, sondern die Menschen wurden ermutigt, sie gründlich zu lernen, untereinander darüber zu sprechen und sie ihren Kindern zu lehren. Was für eine Veränderung gegenüber all dem, was voraus gegangen ist! Da diese Gesetze göttlich waren, waren sie für Könige und Bettler gleicher Massen bindend.

Berg Sinai copyright roland ropers
Foto: copyright Roland R. Ropers Berg Sinai mit Blick auf das Hochplateau

Hier haben wir die erste Erklärung der allgemeinen Menschenrechte,

der Gleichheit nicht nur vor den Augen Gottes, sondern auch vor dem Auge des Gesetzes.

Vor fast 3.000 Jahren hat die Bibel erklärt, dass alle Menschen gleich geboren sind und dass alle Menschen Grundrechte haben, aus dem einfachen Grund, dass sie als menschliche Wesen geboren sind.
Die Bibel kennt keine Menschen, die mehr gleich sind oder weniger, keine Aristokraten und Plebejer.
Während in den meisten alten Gesetzescodes eine Person, die einen entlaufenen Sklaven versteckt, schwer bestraft wird, erklärt die Bibel klar:

„Du sollst einen Sklaven, der vor seinem Herrn zu dir geflüchtet ist, nicht an seinen Herrn ausliefern; er soll bei euch leben, an dem Ort, den er wählen wird, wo es ihm am besten gefällt, und du sollst ihn nicht bedrücken.“
(Das 5. Buch Moses, Deuteronomium 23, 16).

Die 10 Gebote (oder wie die hebräische Bibel sie nennt, die Zehn Sprüche) schaffen die Grundlage für das Recht des Menschen auf Freiheit, auf Würde und Sicherheit. Die 10 Gebote ermutigen den Menschen sich von den Götzen und Dämonen zu befreien, die ihn heimsuchen, und so sich selbst treu zu sein und seine Göttlichkeit wieder zu gewinnen.

Die 10 Gebote ergeben eine Verfassung für die Menschheit als ganze.

Sie waren nicht nur für die Kinder Israel bestimmt, sondern für jeden. Das Volk Israel wurde nur zum Hüter und Flaggenträger der neuen Idee gewählt. Hier, zum ersten und wahrscheinlich zum einzigen Mal in der menschlichen Geschichte offenbart sich Gott selbst einem ganzen Volk. Dieses ist das Tor zu einer neuen Welt, das ermöglichen soll, Gottes Reich auf Erden einzuleiten.

Ist es wirklich das, was die Bibel uns lehren wollte? Warum schreibt uns  dann die Bibel vor, wir sollen Gott über alles lieben, auch die Aufforderung: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ stammt nicht von Jesus, sondern aus dem 3. Buch Moses „Levitikus“. Nicht um zu Sklaven von neuen Götzen zu werden, verließen die Kinder Israel Ägypten. Die historische Rolle Israels war es den Götzendienst in all seinen Formen zu bekämpfen – die Bibel erwähnt dieses Thema 44mal.

Aber was ist die Verbindung zwischen Götzenverehrung und der Abwesenheit menschlicher Freiheit? Und welche Relevanz hat der Kampf gegen Götzenverehrung in einem Zeitalter von Monotheismus oder Atheismus, in einem Zeitalter, in dem Religion als Ganzes ihre Anziehungs-kraft verloren hat? Könnte es sein, dass wir einfach eine Garnitur von Götzen gegen eine andere ausgetauscht haben?

Könnte es sein, dass all die verschiedenen –ismen nur moderne Götzen sind, die einfach „fortgeschrittener“ sind als die, welche im Altertum angebetet wurden.  Könnte es sein, dass der sogenannte Atheismus nichts anderes ist als die völlige Unterwerfung unter diese modernen Götzen, wie z.B. Wirtschaft und Wissenschaft. Einige moderne Philosophen definieren Götzen als alles, für das wir unser wahres Selbst opfern, und meinen damit die Jagd des modernen Menschen nach materiellen Gütern und Errungenschaften.

Das Kennzeichen eines Götzen ist und bleibt die Sklaverei und seine Waffe ist die Furcht. Nach dieser Definition sind  heutzutage auf der religiösen Ebene die stärksten Bastionen der Götzenverehrung die etablierten Religionen, die den Monotheismus in ein Mono-Götzentum und Gott in einen Super-Götzen verwandelt haben, den der Mensch aufgrund von Furcht lieben soll – ein Widerspruch in sich selbst.
Wenn Gott wirklich „der liebe Gott“ wäre, wäre das alles nicht nötig.

08.02.2024
Roland R. Ropers
Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher, Buchautor und Publizist

www.KARDIOSOPHIE-NETWORK.de


Über Roland R. Ropers

Ehrfurcht vor dem Leben Roland Ropers

Roland R. Ropers geb. 1945, Religionsphilosoph, spiritueller Sprachforscher,
Begründer der Etymosophie, Buchautor und Publizist, autorisierter Kontemplationslehrer, weltweite Seminar- und Vortragstätigkeit.
Es ist ein uraltes Geheimnis, dass die stille Einkehr in der Natur zum tiefgreifenden Heil-Sein führt.

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Buch Tipp:

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Weg-Weiser zur kosmischen Ur-Quelle

von Roland R. Ropers und
Andrea Fessmann, Dorothea J. May, Dr. med. Christiane May-Ropers, Helga Simon-Wagenbach, Prof. Dr. phil. Irmela Neu

Die intellektuelle Kopflastigkeit, die über Jahrhunderte mit dem Begriff des französischen Philosophen René Descartes (1596 – 1650) „Cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) verbunden war, erfordert für den Menschen der Zukunft eine neue Ausrichtung auf die Kraft und Weisheit des Herzens, die mit dem von Roland R. Ropers in die Welt gebrachten Wortes „KARDIOSOPHIE“ verbunden ist. Bereits Antoine de Saint-Exupéry beglückte uns mit seiner Erkenntnis: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Der Autor und die sechs Co-Autorinnen beleuchten aus ihrem individuellen Erfahrungsreichtum die Vielfalt von Wissen und Weisheit aus dem Großraum des Herzens.

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