Welches Glück suchen wir?

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Welches Glück suchen wir?

Eine spirituelle Perspektive auf einen vieldeutigen Begriff

Wenn man Menschen fragt, was sie glücklich macht, wird schnell klar, dass die Vorstellungen davon, was Glück bedeutet, weit auseinander gehen. Entsprechend fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus.

Zunächst einmal wäre zu klären, ob Glücklichsein mit „Glück haben“ zu tun hat.

Fühlen wir uns glücklicher, wenn wir generell dazu neigen, Glück zu haben? Hier stellt sich wiederum die Frage, ob es nicht ganz wesentlich darauf ankommt, ob wir der Ansicht sind, wir hätten meistens Glück. Demnach ginge es mehr darum, ob wir es so empfinden, dass wir zu denjenigen gehören, die anscheinend das Glück anziehen. Ist das bei uns der Fall, dann werden wir uns wahrscheinlich sogar in einer misslichen Situation damit trösten, dass wir noch Glück im Unglück gehabt haben! Fühlen wir uns hingegen als Verlierer im „Glücksspiel Leben“ (unabhängig davon, ob andere das auch so sehen würden), so ist das ein perfektes Rezept zum Unglücklichsein.

Könnte umgekehrt jemand, der unserer Einschätzung nach oft Pech hat, dennoch glücklich sein? Wenn sich ein solcher Mensch mit diesem Umstand abgefunden hätte und aus anderen Quellen des Glücks schöpfen könnte, würde er sich möglicherweise sogar als glücklicher empfinden als jemand, der aus unserer Sicht ständig Glück hat und dennoch unzufrieden ist?

Wie wir sehen, ist die Sache nicht so einfach.

Um sie noch ein wenig komplizierter zu machen, gibt es auch Menschen, die Glück und Unglück schon vom Konzept her ablehnen, weil sie die Existenz von sogenannten Zufällen bestreiten. Entweder betrachten sie alles, was uns widerfährt, als karmisch bedingt oder machen es von göttlichem Urteil beziehungsweise göttlicher Gnade abhängig. Wieder andere gehen von einem rein deterministischen Universum aus, wo alles hundertprozentig bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgt: „Gott würfelt nicht“. Die Mehrheit, sei es von religiöser oder wissenschaftlicher Seite, scheint allerdings zu dem Schluss zu kommen, dass es bei aller Kausalität doch „Fehler“ oder auch Raum für „Spiel“ gibt und daher so etwas wie Glück oder Pech tatsächlich existiert.

Doch kommen wir zurück zur noch einmal präzisierten Ausgangsfrage,

was Menschen meinen zu brauchen, damit sie sich glücklich fühlen.

Erwartungsgemäß steht für die meisten die Liebe an erster Stelle, gute Gesundheit einmal vorausgesetzt. Für diese bedeutet es Lebensglück, einen Partner oder eine Partnerin zu haben. Darüber hinaus ist es für manche wichtig, auch Kinder zu haben, also eine Familie zu gründen. Für andere stehen materielle Bedürfnisse im Vordergrund, wie zum Beispiel das eigene Haus, genügend Geld für Reisen und das Wunschauto. In diesem Zusammenhang geht es natürlich auch um Erfolg im Beruf, Karriere und Ansehen.

Ist das Genannte einmal erreicht, stellt es sich jedoch häufig heraus, dass es nicht notwendigerweise glücklich macht. Genau genommen handelt es sich dabei eher um Grundbedürfnisse, die befriedigt (oder überreichlich befriedigt) sein sollen, als um Garanten für Lebensglück. Deswegen wird auch Gesundheit eher als Voraussetzung für Glück angesehen denn als glücklich machend per se – doch vielleicht könnte man auch bei eingeschränkter Gesundheit glücklich sein, siehe oben! Dann gilt auch für die anderen erwähnten Bedürfnisse, dass sie nicht unbedingt (vollständig) erfüllt sein müssen, damit jemand sich glücklich fühlen kann. Aber woraus speist sich dann dieses Glück?

Bevor wir dieser Frage nachgehen, halten wir einmal fest: Die genannten ersehnten Dinge können uns allenfalls Glücksmomente bescheren, aber dauerhaftes Glück? Dazu kommt noch ein schlimmer Spielverderber: Kaum hat man das Erstrebte erreicht, hat man schon wieder Angst, es zu verlieren.

Angst und Glück passen nicht gut zusammen!

Abgesehen davon ist es keineswegs sicher, dass die ersehnte Partnerschaft nach Wunsch verläuft oder die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern so harmonisch sind, wie man sich das vorgestellt hat. Alles mögliche könnte in der Liebe schief gehen, das Wunschkind ein Problemkind sein, der Job verlorengehen. Das Traumhaus könnte eine Enttäuschung werden, die finanzielle Situation sich drastisch verschlechtern, der Urlaub alles andere als erholsam sein, das neue Auto eine Montagsproduktion und so weiter. Da haben wir es: Jetzt sind wir wieder da angelangt, dass es darauf ankommt, ob man Glück oder Pech hat beziehungsweise ob man es so empfindet.

Doch gibt es eine Art des Glücklichseins,

die von all dem unabhängig ist? Glück sozusagen als Seinszustand?

Wenn ein Mensch erkennt, dass sein Leben auf einer soliden materiellen und sozialen Basis steht er dennoch nicht glücklich ist, kann das der Moment sein, an dem eine spirituelle Suche beginnt. Doch kann jemand auch trotz oder wegen ungünstigerer Lebensumstände den Entschluss fassen, sein Glück im spirituellen Bereich zu suchen. Vielleicht ist das, was man vermisst und sucht, ja auf einer höheren Ebene zu finden!

Wer allerdings dennoch an seinen Vorstellungen von Glück festhält und Spiritualität nur als Mittel dazu ansieht, Glück der oben genannten Art zu finden, wird keinen Zugang dazu finden, was Glück auf der spirituellen Ebene wirklich bedeuten könnte. In diesem Fall ist es ein Leichtes, falschen Heilsversprechungen auf den Leim zu gehen und sich mit seichten, pseudospirituellen Lehren zufriedenzugeben.

Etwas haben die oben genannten Glücksvorstellungen gemeinsam, das es zu überwinden gilt: Sie stellen ausschließlich uns selbst in den Mittelpunkt und repräsentieren daher eine Auffassung von Glück, wie sie für das Ego charakteristisch ist. Doch auf einem echten spirituellen Weg wird unsere Idee davon, wir könnten unser Glück ganz für uns allein (und vielleicht noch auf Kosten anderer) finden, alsbald erschüttert werden.

Bevor wir nicht verstehen, dass unser eigenes Lebensglück niemals unabhängig

vom Wohlbefinden unserer Mitwesen und der Erde selbst sein kann, werden wir es nirgends finden.

Kein Weg wird dann zur Rayeta, dem unvergleichlich strahlenden Stein führen, der aus der Erde kommen wird und den wahrlich ersehnten Zustand versinnbildlicht, der uns von unserem fundamentalen Getrennt-Sein befreien wird. Erweitern wir also besser unser viel zu enges Konzept von „Familie“!

Es ist die entscheidende Wandlung, sich von dem Wunsch zu lösen, etwas (in diesem Fall Glück) für uns selbst haben zu wollen, und dahin zu kommen, liebend etwas zum Gemeinsamen, das alle nährt, beitragen zu wollen.

Beginnen wir, das zu tun, können wir dabei tatsächlich Erfüllung finden (das ist vielleicht das bessere Wort als Glück): Wir machen uns weit und empfinden Fülle!

Viele Gründe sprechen dafür, dass es wieder „in“ sein sollte, einen spirituellen Weg zu gehen, und zwar einen, der die Erde ehrt und das Herz in den Mittelpunkt stellt.

Ohne Herz können wir der Welt (also auch uns selbst) nicht wirklich etwas schenken, das sie zu einem besseren, schöneren Ort für uns alle macht. Schönheit gedeiht nicht ohne Liebe. Und wenn wir schon Glück suchen: Wie könnten wir es mit einem verschlossenen Herzen empfinden – ist es nicht ein Gefühl?

Sind wir etwa deshalb nicht glücklich, weil wir gar nicht wissen, wie sich Glück anfühlt?

Es ist unsere Liebesfähigkeit, auf unsere ganze Weltfamilie ausgedehnt, die uns das Tor zu jenem Glück öffnet, das wir eigentlich suchen. Wenn wir spüren, dass unser Da-Sein einem höheren Zweck dient, macht uns das glücklich. Wir beglücken andere damit, dass wir da sind, und darüber vergessen wir, dass wir eigentlich nur für uns selbst glücklich sein wollten!

Liebe, mit Geist durchdrungen, macht es möglich. Deshalb spreche ich auch von Wayna Fanes als dem siebenfachen Weg des kristallenen Herzens; siebenfach, weil diese Liebe durch alle Farben unserer Seele schimmert. Das physische Pilgern ist nur ein Aspekt dieses facettenreichen spirituellen Weges, doch lässt sich an ihm besonders gut zeigen, was spirituelles Glück bedeuten könnte.

Wenn wir beim neuen Pilgern Gaben zu heiligen Orten bringen, können wir eindrücklich erfahren, wie uns das viel glücklicher macht als eine gewöhnliche Wanderung.

Es ist ein freudiges Geben, ohne jegliche Angst, etwas zu verlieren, sondern im Gegenteil mit dem Gefühl, etwas Großartiges zu gewinnen, weil unser Herz dabei immer strahlender wird. Erhebende Gefühle und Spitzenerlebnisse können dabei spontan auftreten, sind aber nicht der eigentliche Zweck dieses Tuns – sie sind nur Salz und Pfeffer in einem glücklichen Seins-Zustand, der uns wie auf sanften Flügeln trägt. Unterwegssein in wunderbaren Landschaften bekommt so einen neuen, weit über uns persönlich hinausreichenden Sinn.

Es wird zur Gewissheit:

Wir können mit Gaben der Liebe tatsächlich etwas bewirken!

Sind wir in diesem Geist unterwegs, werden wir von den Wesen der Natur freudig begrüßt, was uns umso mehr beglückt. Eine Aufwärtsspirale setzt sich in Gang, und auf wundersame Weise finden wir ungeahnte Erfüllung, Freude und – Glück!

21.02.2023Logo waltraud hoenes
Waltraud Hönes
www.waynafanes.org


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Waltraud Hönes, Schöpferische Freiheit Waltraud Hoenes Portrait


Jahrgang 1964, Curandera (schamanische Heilerin), zeremonielle Künstlerin und Buchautorin, ist die Gründerin der Wayna Fanes-Tradition und der Gruppe Dolomiten Ayllu. Nach Abschluss ihres Psychologiestudiums an den Universitäten Würzburg und Konstanz bildete sie sich in Kalifornien (USA) bei führenden Vertreter/-innen der transpersonalen Psychologie fort. Bei dem peruanischen Meisterzeremonialisten und Curandero Don Oscar Miro-Quesada absolvierte sie eine zehnjährige Lehrzeit. Waltraud Hönes lehrt und heilt europaweit in Form von zeremoniellen Workshops und Pilgerseminaren, vor allem in den Dolomiten, wo sie lebt. Als Pilgerin für die Erneuerung unserer Beziehung mit der Erde betreut sie zusammen mit dem Dolomiten Ayllu ein Netzwerk von über hundert heiligen Orten.
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