Verborgene Sprache der mystischen Symbole

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AMORC-Sprache-mystischer-SymboleDie verborgene Sprache der mystischen Symbole

Die mystische Sprache der Symbole ist eine überlieferte Kunst, die man auf herkömmlichem Wege kaum erlernen kann. Es ist keine irdische Sprache, aber jene, die den Menschen im Exil wieder mit seiner geistigen Heimat verbinden und den Weg ebnen kann, der ihn zu seinem wahren Wesen führt. Einerseits weisen mystische Symbole einen psychischen Weg auf, andererseits regen sie über die Psyche die spirituelle Ebene des Menschen an, bis hin zur kosmischen Ebene, welche die Heimat der traditionellen mystischen Symbole ist.

Das Wort Symbol entstammt dem Griechischen “symbolon“ und bedeutet soviel wie etwas Zusammengefügtes. In der lateinischen Sprache bedeutete es soviel wie “ein Abbild“. J.W. von Goethe bezeichnete ein Symbol als eine “aufschließende Kraft“, was der ursprünglichen rosenkreuzerischen Tradition sehr nahe kommt. Im mystischen Sinne ist ein Symbol etwas, das zwar dargestellt wird, aber kaum erschöpfend beschrieben werden kann.

Der Mensch muss sich ihm zuwenden und es wird zu einem Füllhorn, da es aus jener geistigen Ebene etwas mitzuteilen vermag, dem sich der äußere Geist nur annähern kann. Symbole eröffnen ihre unerschöpfliche Fülle erst, wenn man den inneren Zugang gefunden hat. Sie gehören zu jener inneren Sprache, welche über den rationalen Sprachen steht und alle Menschen vereint, ganz gleich zu welchem Sprachraum sie gehören. In ihrer traditionellen Ordnung sind Symbole gewissermaßen universell; sie können Geist und Bewusstsein erheben und uns die hohe Welt der psychischen und darüber hinaus der kosmischen Erfahrungen vermitteln.

Die Sprache der mystischen Symbole ist genährt und durchtränkt von psychischem und kosmischem Wissen. Wer die Kunst erlangt, diese Sprache zu verstehen, der wird fähig sein, Schöpfung, Natur und Mensch zu verstehen, die in erster Linie geistiger Natur sind. Allerdings ist eine hohe Reife der Seelenpersönlichkeit erforderlich, um überhaupt erst damit beginnen zu können, diese Sprache zu verstehen. Wer diese hohe Reife anstrebt, der kann sich darin üben, so wie wir dies auf dem mystischen Pfade des Rosenkreuzes tun. Im Grunde geht es uns in der Übung dieser Sprache wie mit der Interpretation von Träumen. Um unsere Träume richtig deuten zu können, müssen wir lernen, die Sprache unseres inneren Wesens zu verstehen. Wir müssen uns sozusagen mit unserer psychischen Ebene verbinden, denn dies wird uns helfen, sie zu deuten.

Im Erlernen der mystischen Sprache gehen wir noch einen Schritt weiter und berühren dabei die Verbindungsebene zwischen unserem Inneren und unserem Höheren, Kosmischen Selbst. Dies war und ist die große Domäne der rosenkreuzerischen Kultur. Die mystische Sprache ist zeitlos. Sie galt für die Eingeweihten der vergangenen Jahrhunderte ebenso wie heute. Selbst im Alten Ägypten, wo sich die Wiege der Rosenkeuzer befindet, widmete man sich dieser Symbolsprache ebenso, wie wir dies heute tun. Dabei müssen wir zwischen jenen Symbolen unterscheiden, welche kosmische Grundmuster darstellen, wie zum Beispiel der Punkt, oder der Punkt mit dem Kreis, wie auch die beiden Säulen oder das Dreieck, Quadrat, Pentagramm, usw., sowie jenen Symbolen, die wir als Archetypen kennen; ein Ausdruck, den Carl Gustav Jung, der große Vater der Psychologie prägte. Neben den kosmischen Grundmustern sind dies jene, die aufgrund unserer kulturellen Verwurzelung sich in der Schatzkammer unseres Gedächtnisses eingespeichert haben und uns wichtige Impulse freigeben, wenn wir uns an sie erinnern.

Wenn wir uns mystischen Symbolen widmen, sind diese weniger für unser objektives Ich bestimmt, umso mehr jedoch für die Entwicklung unserer Seelenpersönlichkeit. Schließlich ist die Entwicklung der SeelenPersönlichkeit, unserer inneren Persönlichkeit das große Anliegen der Rosenkreuzer, denn man weiß, dass jede wirkliche und ganzheitliche Entwicklung immer von dort beginnen muss ‒ begleitet von ethischem Verhalten des äußeren Menschen, wohlwollend für seine Mitwelt, für den Menschen und die gesamte Schöpfung. So vermögen wir es, in die Tiefen des Seins einzudringen und eine für die gegenwärtige Inkarnation weitest gehende Entwicklung zu erreichen, die über das herkömmliche Auffassungsvermögen hinausreicht.

Das Nachsinnen über Symbole lässt in uns neue, seltsame, aber harmonische Akkorde ertönen. Symbole scheinen eine Sprache zu sprechen, die unser Inneres gut versteht, die aber unserem äußeren objektiven Bewusstsein fremd ist. Es ist ihm klar, dass ihre Form und Gestaltung nicht zufällig ist. Seine innere Anteilnahme sagt ihm, dass Symbole eine verborgene Bedeutung haben und eine esoterische Sprache sprechen, deren Sinn er erschließen muss.

Ein Teil ein jeder mystischen Schulung besteht darin, dass nur äußerst kurz und knapp erklärt wird, was die hauptsächlichen Symbole traditionsgemäß darstellen oder was sie “bedeuten”. Damit hat der Intellekt zunächst mal seine Nahrung und das Unterbewusstsein wird angeregt. Aber schon bald wird klar, dass die traditionellen Bedeutungen lediglich als Ausgangspunkte für eigene Betrachtungen und Meditationen gegeben werden. Langsam begreift man, dass das objektive Bewusstsein des Menschen die Bedeutung eines Symbols nur in beschränktem Maße erfassen kann.

Die wenigen einfachen Sätze, die als Erklärung angeboten werden, sind nur ein flüchtiger Fingerzeig und lassen nur die äußere, vernunftmäßige Seite eines Symbols erkennen. Ein Symbol kann nicht nur rein verstandesmäßig erfasst werden, sondern seine Bedeutung muss auch tiefinnerlich empfunden werden; man muss es erleben. Das Symbol ist ein höchst differenziertes Produkt des menschlichen Unterbewusstseins. Es repräsentiert eine lebendige Kraft ‒ das Bewusstwerden, Erfassen und Erleben einer kosmischen Wahrheit. Jedes Symbol erstreckt sich auf ein weites Gebiet des Denkens und Fühlens. Die Reichweite seines Wirkungsfeldes wird meist erst nach langen Phasen des Studiums, der Meditation und der Erfahrung erkannt. Ein lebendes Symbol gewinnt neuen Sinn und neue Bedeutung bei jeder neuen Betrachtung. Während sich unser Bewusstsein entfaltet, werden wir nicht nur über die traditionellen Symbole der Vergangenheit nachdenken, sondern beim Meditieren werden auch neue und einzigartige Symbole aus unserem Unterbewusstsein auftauchen. Diese sind Ausdruck des inneren Selbst ‒ eine Manifestation der Stimme des Inneren, die uns auf unserem Wege leiten will.

Betrachten wir zunächst die äußeren, oberflächlichen Merkmale eines Symbols. So könnte man ein Symbol als die figürliche Darstellung einer Idee, einer Handlung oder einer Wechselwirkung beschreiben. Es könnte zum Beispiel eine Naturgegebenheit darstellen, wie z. B. eine dunkle Wolke oder einen Löwen. Andererseits könnte es auch lediglich aus Punkten, Linien oder Flächen bestehen, wie ein Dreieck, ein Viereck, ein Kreis oder eine Pyramide. Darüber hinaus steht ein Symbol nicht für die figürliche Darstellung an sich, sondern verweist auf etwas außerhalb seiner selbst. So kann die bildliche Darstellung eines Löwen Mut bedeuten, eine dunkle Wolke drohendes Unglück, ein Dreieck Vollkommenheit, ein Viereck Gediegenheit und der Kreis Unendlichkeit oder Ewigkeit. Die bildliche Darstellung eines Symbols steht in Beziehung zur jeweiligen geistigen Abstraktion. mittels Ähnlichkeit, Assoziation oder Suggestion. Beim Löwen denkt man an ein wildes, starkes, tapferes und kampflustiges Tier ‒ an Mut. Eine dunkle Wolke bringt man in Zusammenhang mit Blitz und Donner-drohendem Unheil.

Jenseits aller Worte

Mystiker erkannten mit eindrucksvoller Klarheit die einfache Tatsache, dass Worte nicht hinreichen, gewisse Erfahrungen und Erkenntnisse zu beschreiben, besonders solche, welche eine Wechselwirkung von Eindrücken, Gefühlen, Gedanken und Intuition enthalten. Sie begriffen, dass Worte in ihren Ausdrucksmöglichkeiten begrenzt sind und das objektive Denken einengen. Worte umschreiben, was sie auszudrücken wünschen. Was sie beschreiben wollen, umgeben sie mit einem engen, begrenzten Zaun ‒ einem immer einengenden Zaun aus Grammatik, Syntax und Rhetorik.

Worte sind daher unzulänglich zur Beschreibung von gewissen Erkenntnissen oder Erfahrungen des Bewusstseins. Schließlich leben wir nicht in einer mechanistischen, sondern in einer organischen Welt, einer Welt der lebendigen Erfahrung. Wir leben eben nicht nur in einer Welt des logischen Denkens, sondern auch in einer Welt der Gefühle, der Empfindungen und des intuitiven Schauens. Der Mensch denkt nicht nur, er erlebt auch. Der Mensch ist nicht nur rational, er ist zugleich auch nicht-rational. Worte beschränken den Kreis des Bewusstseins. Sie können nichts erschöpfen ‒ sie können nur umschreiben. Das zu Beschreibende schließt mehr ein und umfasst mehr, als eine zusammenhängende Gruppe von Wörtern im besten Falle ausdrücken kann. Worte versagen, wenn sie Gefühle, Gemütsbewegungen oder subtile Andeutungen übermitteln sollen. Ein Symbol dagegen steht über dem Wort. Wörter beschränken, nicht aber Symbole. Die alten mystischen Philosophen wussten das sehr wohl. Sie benutzten Symbole, um der lebendigen Kraft ihrer Erkenntnisse Ausdruck zu verleihen und sie der Nachwelt zu erhalten.

Der Ursprung der bildlichen Ausdrucksweise

Das in Erscheinung treten von Symbolen lässt darauf schließen, dass ein Symbol stets aus einer Erkenntnis erwächst. Erkenntnisse können zweierlei Ursprungs sein: Einmal können sie das bewusste Ergebnis eines Denkprozesses sein; zweitens können sie durch Vorgänge im Unterbewusstsein bedingt sein. Betrachten wir zunächst den Ursprung von Symbolen im objektiven Denken. Nehmen wir z. B. an, dass jemand zu einer Erkenntnis gekommen ist, die für ihn eine universale Wahrheit bedeutet. Er hat lange über sie nachgedacht; er hat über sie meditiert; er hat sie nach allen ihm bekannten Gesichtspunkten hin untersucht. Schließlich möchte er seine Erkenntnis anderen übermitteln und versucht, sie in Worte zu fassen.

Er schreibt einen kurzen Absatz. Plötzlich setzt er ab. Seine Erkenntnis lässt sich nicht völlig mit Worten erklären. Wie kann er ihr Ausdruck verleihen? Nach langem Nachdenken findet er ein Bild zur Darstellung seiner Erkenntnis. Solch ein Symbol ist das Ergebnis seines objektiven Denkens ‒ ein bildlicher, gedrängter Ausdruck einer universalen Wahrheit, eines kosmischen Gesetzes. Das Symbol kann somit wie eine Hieroglyphe wirken, es enthüllt und verhüllt zugleich. Es spricht eine ursprüngliche, universale Sprache. Es ist der bildliehe Abriss eines universalen Gesetzes oder einer Lehre, die Verdeutlichung eines kosmischen Gesetzesbegriffes.

Ein Symbol kann aber auch auf andere Weise entstehen, nämlich als das Endergebnis einer im Unterbewusstsein des Menschen vollzogenen Erkenntnis. Die Erfahrung lehrt, dass das menschliche Unterbewusstsein sich nicht in der Sprache des täglichen Lebens äußert. Das Unterbewusstsein benutzt eine symbolische Sprache, eine Bildersprache, einen unablässigen Strom von bildliehen Begriffen. Träume, Visionen und psychische Erlebnisse treten meist in Gestalt von Bildern auf. Bei solchen Erlebnissen zählt das Bild nicht als solches, sondern tritt an die Stelle von etwas anderem, was zur Geltung kommen will und mit dem es in Beziehung steht. Das bildliche Symbol zeigt sich als das Ergebnis einer im Unterbewusstsein geformten Erkenntnis. Sogar in Träumen oder Visionen vorkommende Laute und Wörter können symbolisch sein. Wenn das Unterbewusstsein sich äußern kann, spricht es in einer seltsamen, fremdartigen und zugleich vertrauten Sprache.

Es ist bekannt, dass das Unterbewusstsein über weit größeres Wissen als das objektive Bewusstsein verfügt und dass es ein Wesensteil des allumfassenden kosmischen Bewusstseins ist. Dem Unterbewusstsein ist eine universale Wahrheit voll bekannt, lange bevor der Mensch ihrer bewusst wird. Tatsächlich wird uns der größte Teil des im Unterbewusstsein vorhandenen Wissens im Laufe einer Inkarnation nicht objektiv offenbar. Das Unterbewusstsein ist aber stets bereit, sich mitzuteilen, wenn wir gewillt sind, auf seine feine zarte Stimme zu hören. Wenn wir innerlich sehr bewegt sind, wird seine Stimme laut und besteht darauf, gehört zu werden. Aber egal wie es sich äußert, es kann das nur in der ihm bekannten Sprache der Symbole geschehen. So kann das Symbol der Ausdruck einer Gemütsbewegung sein. Es kann auftauchen, um auf ein Gesetz oder auf eine universelle Wahrheit oder auf eine vom Unterbewusstsein erkannte Beziehung hinzuweisen. Ein so entstandenes Symbol weicht aber in seiner Bedeutung beträchtlich von dem durch objektives Denken geschaffenen Symbol ab.

Es ist mehr als ein solches Zeichen, denn es ist das Ergebnis einer lebendigen Erkenntnis. Zwar ist es immer noch der Ausdruck von universalen Gesetzen und Wahrheiten, die sich mit Worten nicht mehr beschreiben lassen (wie bei dem durch objektives Denken entstandenen Symbol); aber es muss der folgende zusätzliche und sehr wichtige Punkt berücksichtigt werden: Das Gesetz oder das Prinzip, welches das Unterbewusstsein enthüllen will, ist dem objektiven Bewusstsein in dem Augenblick, da das Symbol auftaucht, noch nicht bekannt. Oft mag seine Existenz geahnt werden, aber das Ausmaß seiner Bedeutung wird nicht erfasst. Wenn demnach das Symbol aus der Tiefe des Unterbewusstseins heraustritt, erscheint es entsprechend lebendig und voll unausgesprochener Bedeutung. Es reizt und regt an ‒ das objektive Bewusstsein weiß zunächst nicht warum ‒ eine noch nicht erkennbare Wahrheit wird angedeutet, die erst nach tiefem Nachdenken über das Symbol Gestalt gewinnt.

Das aus dem Unterbewusstsein aufsteigende Symbol ist also ein Versuch, etwas auszudrücken, wofür bis jetzt keine Worte, geschweige knappe Formulierungen existieren, eine Erkenntnis, die noch teilweise verhüllt ist. Das Symbol gibt die vorläufig beste Veranschaulichung dieser Erkenntnis. Daraus folgt: Wenn das Unterbewusstsein ein Symbol freigibt, bleibt immer ein verborgener Gehalt, der zum Nachdenken zwingt und erkannt werden will. Ein Symbol bietet jedenfalls mehr Gehalt dar, als man im Augenblick erfassen kann. Das Symbol muss nun studiert, durchdacht und durch Meditationen versucht erfasst zu werden. Allmählich wird sich seine latente innere Bedeutung entfalten. Das Unbekannte wird offenbar; das zunächst Unerklärliche findet klaren Ausdruck und kristallisiert sich in einer erprobten und anerkannten Form.

Die mögliche Wirkung eines Symbols hängt in hohem Maße von der geistigen Einstellung des Beobachters ab. Jedwedes Zeichen kann zum Symbol werden, vorausgesetzt, dass der Beobachter in aufnahmefähiger Verfassung ist. Die mystischen Philosophen waren sich dessen voll bewusst. So enthalten die traditionellen Einweihungszeremonien sorgfältig ausgearbeitete Formeln, die ausdrücklich zum Ziel haben, den Kandidaten in einen aufnahmefähigen Gemütszustand zu versetzen, in welchem die bei der Zeremonie benutzten Zeichen eine psychologische Wandlung in mystische Symbole für ihn entfalten.

Nur wer überzeugt ist, dass das Leben einen tieferen Sinn hat, als die äußeren Erscheinungen andeuten, kann für eine solche Anregung empfänglich sein. Für solche Menschen ist die physische Welt vergleichbar mit einem Mantel, der ein verborgenes Leben verhüllt. Andererseits wird ein Mensch, für den Schein Realität bedeutet und der keinen Unterschied zwischen Schatten und Substanz sieht, für die Kraft des Symbols empfindungslos sein. Den sogenannten Verstandesmenschen wird ein Symbol nur intellektuell anregen; das Symbol wird ihn, falls es fesselnd genug ist, im intellektuellen oder im ästhetischen Sinne interessieren, wenn überhaupt. Ein Symbol kann also ganz verschiedene Wirkungen auslösen. Dem einen erscheint es voll Leben, für den anderen ist es tot. Sein Einfluss ist durch die Einstellung des Betrachters zum Leben bedingt, durch seine Geisteshaltung.

Symbole als Mittler zwischen Innen und Außen

Ein mystisches Symbol ist ein lebendiges Symbol. Symbole sind Hauptwerkzeuge der praktischen Mystik. Das Unterbewusstsein spricht in Symbolen; Symbole sprechen zum Unterbewusstsein. Die Anwendung der Symbole erleichtert die Zusammenarbeit zwischen dem objektiven und dem subjektiven Bewusstsein des Menschen und ermöglicht innere Harmonie und Ausgeglichenheit. Kontemplation und Meditation verursachen sowohl das Auftauchen von Symbolen aus dem Innern als auch deren Wirken im Unterbewusstsein. Symbole befreien von der Tyrannei der Wörter und können das Gleichgewicht zwischen dem inneren und dem äußeren Selbst des Menschen herstellen und ihm jenen wahren Frieden erlangen helfen, welcher das Ziel ist, das alle Menschen erstreben.

Das Unterbewusstsein wird sich, sofern man dies unter geeigneten Bedingungen zulässt, in einer Symbolsprache, in Träumen, Visionen oder psychischen Erlebnissen äußern. Die Symbole tauchen meist spontan und unversehens auf; gewöhnlich erscheinen sie still und fast zufällig. Zu anderen Zeiten dringen sie deutlich drängend in das Bewusstsein. Die meisten der Symbole sind irgendwie rätselhaft und haben mehrere Bedeutungen. Diese Bilder müssen eingehend durchdacht, ihr verborgener Sinn muss entziffert werden, bis ihre verhüllte Bedeutung entdeckt und verstanden wird.

Aber auch die andere Seite der Situation ist bedeutsam. Soweit das Symbol die Sprache des Unterbewusstseins ist, ist es auch die Sprache, die das Unterbewusstsein verstehen kann und mit deren Hilfe es sich erreichen lässt. So können Symbole das Unterbewusstsein beeinflussen und zur Tätigkeit bewegen. Wenn das Symbol auf diese Weise angewandt wird, kann es als Werkzeug dienlich sein, das subjektive Bewusstsein anzuregen. Daraus folgt, dass die Anwendung von Symbolen in der Mystik zwei Aspekte hat: erstens die Einwirkung von Symbolen auf das Unterbewusstsein; zweitens die richtige Annahme jener Symbole, die aus dem Unterbewusstsein kommen.

Es ist bekannt, dass Symbole benutzt werden, um Erkenntnisse, die unerkannt im Unterbewusstsein ruhen, zu wecken. Im Altertum wurde den Einweihungskandidaten ein Symbol mit der Anweisung gezeigt, in der Stille und Einsamkeit Betrachtungen darüber anzustellen. Während der Betrachtung blieb das objektive Bewusstsein passiv, und das Unterbewusstsein wurde dadurch für Eindrücke empfänglich gemacht. Die Betrachtungen über das Symbol übten durch Ideenassoziation und Suggestion Einfluss auf das Unterbewusstsein aus. Da das Unterbewusstsein nur deduktiv urteilt, setzt die durch das Symbol angeregte Kette von Assoziationen durch Resonanz gewisse Kräfte in Bewegung und kann Ideen und Erkenntnisse zutage fördern, die seit mehreren Inkarnationen im Unterbewusstsein geschlummert haben.

Damit solche Enthüllungen stattfinden können, muss aber der Keim zu diesen Ideen und Erkenntnissen bereits zuvor ‒ vielleicht schon in früheren Inkarnationen ‒ gelegt worden sein. Unfruchtbarer Boden kann keine reifen Früchte tragen. Symbole können nur wieder erwecken, was bereits in uns ruht. Ferner werden dem einzelnen Symbole bekannt werden, die keinen Widerhall in ihm wachrufen. In solchen Fällen handelt es sich nicht um das Wiedererschließen von Erkenntnissen, sondern es ist der Beginn einer neuen Beziehung, wobei das Symbol gewissermaßen den Keim legt, den folgende Erfahrungen zur Reife bringen müssen.

Symbole können aber auch aus dem Unterbewusstsein aufsteigen, quasi der Weg in die andere Richtung. Jeder Studierende der Mystik weiß, dass das Unterbewusstsein während eines geistigen Grenzzustandes seine symbolischen Botschaften in Form von Visionen oder als psychische Erlebnisse enthüllt. Diese symbolischen Enthüllungen fallen gewöhnlich in zwei Gruppen: Ihr Wesen kann unpersönlich sein und ein Universalgesetz oder eine kosmische Wahrheit verdeutlichen; oder sie übermitteln eine persönliche Botschaft, die auf die psychische Entwicklung des Studierenden Bezug nimmt, um ihn zu leiten. In jedem einzelnen Falle hat die symbolische Botschaft einen geheimen Sinn, der durch langes Nachdenken und Meditieren erschlossen werden muss.

Symbole wirken also als Mittler zwischen Innen und Außen. Dadurch, dass man dem Unterbewusstsein Gelegenheit gibt, sich symbolhaft zu äußern und umgekehrt geeignete Symbole auf das Unterbewusstsein einwirken lässt, erreicht man ein harmonisches Zusammenspiel beider Bewusstseinssphären. Dies kann zu innerer Ausgeglichenheit und Harmonie führen, die bis auf die Kosmische Ebene und darüber hinaus reichen kann und so den Menschen mit seiner geistigen Heimat verbindet.

17.04.2018
Dr. rer. nat. Alexander Crocoll
Bild und Text (c) AMORC
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Vita des Autors:Dr. rer. nat. Alexander Crocoll

Dr. rer. nat. Alexander Crocoll, geb. 1966. Während seiner wissenschaftlichen Tätigkeit Publikation von Arbeiten zur Genetik molekularer Embryologie. Er beschäftigt sich seit frühester Jugend mit spirituellen Fragen, ist seit drei Jahrzehnten AMORC-Mitglied und arbeitet heute als Sekretär in der deutschen AMORC-Zentrale.


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