Zeichen ‒ Botschaften der verborgenen Seite unseres Seins

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Die mystische Lehre der Zahlen gehört seit jeher zur überlieferten und unvergänglichen Tradition der Rosenkreuzer. In dieser Überlieferungslinie steht auch Pythagoras, der als hoher Eingeweihter in die Mysterien bereits darauf hingewiesen hatte, dass Gott die kosmischen Kräfte in die Zahlen gelegt hat. Pythagoras gilt als der bekannteste und herausragende Vertreter dieser verborgenen Lehre der Zahlen. Er griff die damals von den Ägyptern bewahrte Weisheit der Zahlen auf und machte diese zur Grundlage seiner Lehre über die Ethik und die verborgenen Stützen der Welt.

Jede Zahl steht für eine ganz bestimmte kosmische Kraft oder besser gesagt für einen Aspekt der einen kosmischen Ur-Kraft. Jede der besonderen Qualitäten dieser Zahlen-Kräfte ist ein Ausdruck dieser einen übergeordneten göttlichen Ur-Kraft, die aus dem sogenannten Nicht-Sein hervorgegangen ist, welche die Rosenkreuzer seit alter Tradition als das „Nichts“ bezeichnen. Diese kosmische Ur-Kraft stellt man gerne symbolisch mit einem Kreis dar. Jede der daraus hervorgegangenen Zahlen hat eine bestimmte geistige Kraft-Qualität, die verbunden ist mit einer mystisch-planetarischen Kraft und einem der vier mystischen Elemente von Feuer, Wasser, Luft und Erde. Jeder dieser geistigen Kräfte ist auch eine bestimmte Farbe zugeordnet und vielen auch ein Aspekt des astrologischen Zodiaks. Um diese Kräfte und deren Zuordnungen wirklich zu verstehen und um sie für die eigene Entwicklung sinnvoll nutzbar zu machen, bedarf es einer seriösen Einführung, am besten einer dafür traditionellen Weisheitsschule und einem inneren Verstehen, das mit der eigenen Entwicklung einhergeht.

Eng verbunden mit der mystischen Weisheit der Zahlen ist auch jenes Symbolmodell, das wir als die traditionellen „Hebräischen Buchstaben“ kennen, die ebenso für bestimmte Zahlen bzw. Kräfte stehen.

Mit dem Begriff „hebräisch“ verbinden die Rosenkreuzer jedoch nicht ein bestimmtes Volk, sondern es ist der mystischen Tradition gemäß die Sprache der anderen Welt; jener Welt, so heißt es, aus der die Menschheit einst kam und mit der sie verbunden ist. Der Mensch trägt eine große Sehnsucht davon in sich und wird in diese Welt einst zurückkehren, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Wir kennen diese Welt auch als die Welt des Paradieses; ein persischer Begriff, der den besonderen Garten in der geistigen Welt beschreibt, aus welcher der Mensch einst kam und wohin er wieder zurückkehren wird.

Der Weg des Rosenkreuzes befasst sich mit dieser anderen jenseitigen Welt und hilft dem Menschen, zu verstehen, was diese ist und wie er die Verbindung dorthin wieder finden kann, um seine irdische Entwicklung in einem hohen Maße zu veredeln. Hierfür nutzt er die Zahlen als geistige Kräfte, und bedient sich ihrer als eine Leiter, die ihn emporsteigen lässt, um ein Höchstmaß an Entwicklung zu erreichen.

So ist die 1 die initiierende Ur-Kraft, aus der heraus alles Nachfolgende zum Entstehen kommt. In ihr ist jene alles gebärende Kraft verborgen, wie sie in ihrer Symbolik auch mit dem Ersten Schöpfungstag der Genesis beschrieben ist. Es ist die Zahl der Einheit, in der noch alles, das sich in Stufen ausbreiten wird, ruht, dem aber bereits eine gewisse Dynamik inne wohnt.

Die 2 symbolisiert die Dualität, jene Teilung, die allem innewohnt, das als Ur-Kraft von einer höheren Ebene zu einer niederen herabsteigt. Diese unsere Welt, in der sich die Menschheit befindet, ist zum Beispiel eine Welt, der diese 2 zugeordnet ist: eine Welt, die aus der Dualität heraus entsteht und von ihr geprägt ist. Alles kann nur durch sein entsprechendes Gegenüber bestehen und alles im Universum ist doppelter, dualer Natur, sowohl das Materielle als auch das Immaterielle, das Sichtbare und das Unsichtbare. Die Welt der 2 ist die Welt der sinnlichen Wahrnehmung und der materiellen Kristallisation, die aus dem Geistigen heraus geboren wurde. Dies bedingt auch, dass der Mensch ein Wesen zweier Welten ist, der materiellen und der geistigen. Dies ist die Grundlage allen irdischen Daseins.

Die 3 symbolisiert das uralte und unvergängliche Gesetz des Dreiecks und der Trinität. Dieses Gesetz gilt als das Gesetz der vollendeten Manifestation. Jede Verwirklichung kann nur durch dieses Gesetz geschehen. Eine vollendete Manifestation geschieht durch die Verbindung zweier gegensätzlicher Pole: einer positiven, von sich gebenden (1) und einer ihr zugehörigen negativen, aufnehmenden (2) Kraft. Wenn beide Pole oder Kräfte sich miteinander verbinden, entsteht eine neue Manifestation, auf einer anderen Ebene. Denken wir zum Beispiel an das Phänomen der Elektrizität, die nur dann manifest wird, wenn, gemäß dem Gesetz des Dreiecks, zwei entgegengesetzte Pole oder Kräfte sich vereinen. Wir erkennen auch, dass alles, was vollkommen ist, etwas Dreifaches ist, aus einer Dreiheit von Punkten besteht, so auch der Mensch mit Körper, Geist und Seele.

Die 4 symbolisiert die feste Ordnung, Stabilität und Beständigkeit. Alles kann nur durch die 4 Bestand haben. Wir können darin auch die Bedeutung der vier mystischen Elemente erkennen, welche als die Grundbestandteile der Schöpfung auf all ihren Ebenen gelten.

Der bereits erwähnte alt-griechische Philosoph Pythagoras stellte in seiner Heiligen Tetraktys dar, dass die Welt auf den Zahlen 1 – 4 beruht und alles Weitere darauf aufgebaut ist.

Über den nach ihm benannten Lehrsatz des Pythagoras werden die Schüler noch heute in der Schule unterrichtet; doch ist kaum bekannt, dass sich dahinter ein großes mystisches und kosmisches Gesetz verbirgt. Diese 4 kann – gemäß der platonischen Vorstellung – 3 mal potenziert werden, woraus wir die Zahl 12 erhalten, die für die äußerste Grenze der Schöpfung steht. Diese Zahl begegnet uns in vielen Mythologien, selbst im Zodiak, aber auch in den kryptischen Schriften des Alten und des Neuen Testamentes. Auch das erste rosenkreuzerische Manifest „Die Fama Fraternitatis“ ist darauf errichtet.

In der irdischen Zahlenrechnung, wie wir sie vor allem Adam Ries aus dem 15. Jahrhundert zuschreiben, finden wir kaum etwas von dieser hohen Bedeutung. Es bedarf einer anderen Ebene des Rechnens bzw. Erzählens, um die verborgene Bedeutung der Zahlen zu erkennen und sie sinnvoll zur ethischen Entwicklung des eigenen Wesens zu verwenden. In der mystischen Anwendung können wir darin die Größe des Göttlichen Planes erkennen und zu jener Ebene gelangen, welche die eigentliche geistige Heimat des Menschen ist, von der die hohen kryptischen und allegorischen Werke in der ihr eigenen Sprache erzählen und damit auch eng mit der mystischen Weisheit der Zahlen verbunden sind.

Wir heutigen Menschen kennen kaum mehr jene Sprach-Vielfalt, wie sie eigentlich zum Erbe der Menschheit gehört.

Wir meinen damit nicht die Vielfalt der Verbal-Sprachen der verschiedenen Völker, wie sie weltweit gesprochen werden, sondern jene dem inneren Menschen eigene Kommunikation, die verschiedene Ebenen hat und weit über die rein verbale äußere Sprache hinausreicht. Dies zeigt, dass der Begriff Sprache nicht einfach nur auf die rationale Ebene begrenzt ist. Da die äußere verbale Sprache für die Welt der rosenkreuzerischen Mystik nicht ausreichend ist, finden viele Darstellungen auf der Ebene der Symbol-Sprache statt. Mystische Symbole sprechen das Innere Bewusstsein in besonderem Maße an. Sie sind die Sprache des Unter-Bewusstseins und darüber hinaus führen sie zu jenen höheren Erfahrungen aus der kosmischen Ebene.

So verweisen auch die Hebräischen Buchstaben auf die andere verborgene Seite unseres Seins. Das Wort Hebräisch ist aus dem alten Wort „Iwri“, „Ivri“ bzw. „Ibri“ abgeleitet, was so viel bedeutet wie: „Jene, die aus der anderen Welt, bzw. von der anderen Seite kommen“. Darunter verstand man ursprünglich, dass auch die Buchstaben bzw. Zahlen, die ja im Hebräischen eine nicht zu trennende Einheit bilden, mehr sind als bloße äußere Zeichen. In ihrem mystischen Verständnis verweisen sie auf höhere Welt der kosmischen Kräfte, die in Schöpfung und Mensch wirksam ihren Ausdruck findet. Insgesamt gibt es 22 dieser Lettern, und man teilt die Welt der Hebräischen Buchstaben ein in Mutterlettern, Doppellettern und Einzellettern. Damit werden verschiedene Ebenen des Wirkens angesprochen.

Von den Mutterlettern gibt es drei: Aleph a 1, Mem m 40, und Schin s 300, die als die drei Hauptlettern gelten. Aleph 1 ist der mystischen Bedeutung dem Element Luft zugeordnet, Mem 40 der mystischen Bedeutung des Wassers und Schin 300 der mystischen Bedeutung des Feuers. Aleph wird dabei der absoluten schöpferischen Urkraft zugeordnet – Mem gilt als der kosmische Ozean, auch der Ozean von Raum und Zeit – Schin als die Befreiung von Begrenzung, wenn die Zeit gekommen ist.

Von den Doppellettern gibt es sieben: Beth b 2, Gimel g 3, Daleth d 4, Kaph k 20, Peh p 80, Resch r 200 und Tav t 400. Sie werden so benannt, da sie eine doppelte, gegenüberliegende Bedeutung haben. Ihnen sind die mystisch-planetarischen Kräfte zugeordnet: Beth wird als das „Haus“ bezeichnet, verbunden mit der Kraft des Merkur; Gimel ist als das „Kamel“ benannt, mit der mystischen Kraft des Mondes usw.
Den Einzellettern werden zwölf Hebräische Buchstaben zugeordent: Heh h 5, Vav v 6, Zaijn z 7, Cheth x 8, Teth u 9, Jod y 10, Lamed l 30, Nun n 50, Samekh c 60, Aijn i 70, Tzaddi j 90, Koph q 100.

Wie man schon in der obigen Darstellung erkennen kann, ist die Aufteilung in der Zahlenordnung eine andere.

Nach der Zählung von 1 – 9, setzt sich diese auf der 10er Ebene fort: 10, 20, 30, 40 etc. Nach der 90 folgt die Hunderter-Ebene, von 100 – 400. Mehr als 400 geht nicht in dieser Welt, da die Welt der Schöpfung mit der 400 endet, so heißt es in der Überlieferung. Alles, was danach kommt, ist jenseits dieser Schöpfung. So lässt sich auch verstehen, weshalb der Umfang des Baumes des Lebens im Paradies gemäß der Überlieferung mit 500 angegeben wird.

So sollte deutlich geworden sein, dass für ein Verständnis der allegorischen kryptischen Werke, die in der Tradition der Rosenkreuzer eine so bedeutende Rolle spielen, eine Kenntnis der Sprache der Symbolik unerlässlich ist. Bei Werken wie der Genesis, dem Johannes-Evangelium oder auch der Fama Fraternitatis und anderen als „heilig“ geltenden Texten handelt es sich um Schriften, deren Inhalt nicht so einfach erkannt werden kann. Es braucht dafür die hohe Kenntnis der mystischen Sprache, womit auch die symbolische Bedeutung dieser traditionellen Hebräischen Buchstaben verbunden ist.

Es sei daher an die drei Ebenen des Verstehens erinnert:

Man kann diese Schriften historisch betrachten und wird nicht umhin kommen, sich unweigerlich zu verstricken, da die historischen Forschungen zeigen werden, dass sie nur schwer damit vereinbar sind. Man kann sie psychologisch erforschen und kann hier zu interessanten Erfahrungen gelangen, insbesondere über den persönlichen Bezug und den psychologischen Bezug der Menschheit zu solchen Schriften. Darüber hinaus verbirgt sich in diesen kryptischen Schriften eine stimmige Symbolwelt, die so voller innerem Reichtum ist, dass man leicht erkennen kann, dass diese Werke kaum von Menschenhand erschaffen sein können. Hier hilft die Kenntnis der Gematria, wie sie vor allem für die traditionellen Hebräischen Buchstaben gilt, weiter. Doch ist eine Entschlüsselung ohne Arbeit an sich selbst, an der Veredelung von Geist und Bewusstseins, ohne Meditation und der kundigen Einführung einer seriösen Weisheitsschule kaum möglich. Dies bleibt aber der mündlichen Tradition vorbehalten…

Die Kenntnis der Bedeutung dieser symbolischen Zeichen ist von Bedeutung für die geistige Entwicklung, da sie den Zugang zu den eigenen verborgenen Kräften ermöglicht. Diese kosmischen Kräfte sind jedem Menschen eigen, liegen aber meist verschüttet und müssen wieder erkannt werden, damit der Mensch diese in sich selbst verlebendigen kann, um seinem Leben eine sinnvolle höhere Ausrichtung zu geben.

11.01.2017
Dr. rer. nat. Alexander Crocoll

Bild und Text (c) AMORC

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Vita des Autors:Zeichen ‒ Botschaften der verborgenen Seite Dr. rer. nat. Alexander Crocoll

Dr. rer. nat. Alexander Crocoll, geb. 1966. Während seiner wissenschaftlichen Tätigkeit Publikation von Arbeiten zur Genetik molekularer Embryologie.

Er beschäftigt sich seit frühester Jugend mit spirituellen Fragen, ist seit drei Jahrzehnten AMORC-Mitglied, Großmeister und 1. Vorstand von AMORC e.V.


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