Eine Woche im Kloster: Meine persönliche Reise zu Stille und Klarheit
Manchmal braucht es keine großen Katastrophen im Leben, um das Gefühl zu bekommen, dass man sich verliert. So erging es mir vor einigen Monaten. Mein Leben lief in gewohnten Bahnen, die Arbeit war wie immer stressig, die Familie und Freunde standen mir nahe, und dennoch fühlte ich mich irgendwie „fremd“. Ein ständiges inneres Unbehagen und das Bedürfnis nach Ruhe und Klarheit machten sich in mir breit. Vielleicht war es das Gefühl, ständig zu funktionieren und für andere da zu sein, ohne wirklich zu wissen, was ich eigentlich wollte. In dieser Stimmung beschloss ich, für eine Woche in ein Kloster zu gehen.
Die Entscheidung für das Kloster
Die Idee, eine Auszeit im Kloster zu nehmen, kam mir eher zufällig, als ich im Internet nach Orten der Stille suchte. Ich stieß auf ein Benediktinerkloster, das Gäste aufnimmt, die einfach mal Abstand vom Alltag brauchen. Ich hatte schon von solchen Klosteraufenthalten gehört, aber bisher hatte ich immer gedacht, dass das nichts für mich sei. Doch diesmal fühlte sich der Gedanke richtig an. Ich wollte raus aus dem Alltag, weg von den ständigen Eindrücken und Erwartungen, die mich umgaben, und mich auf das Wesentliche besinnen.
Also packte ich meinen Koffer – keine große Sache, denn ich brauchte nur ein paar einfache Kleidungsstücke, ein Tagebuch und meine Neugier. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde, doch die Vorstellung von Einfachheit und Ruhe im Kloster übte eine gewisse Faszination auf mich aus.
Ankunft und die erste Begegnung mit der Stille
Als ich das Kloster erreichte, war es, als ob ich in eine andere Welt eintauchte. Die alten Mauern, der Garten, die einfachen Räume – alles strahlte eine Ruhe aus, die ich im Alltag selten finde. Der Empfang war herzlich, aber kurz, denn viel geredet wurde im Kloster nicht. Mir wurde mein Zimmer gezeigt – schlicht, mit einem Bett, einem kleinen Tisch und einem Fenster, das auf den Klostergarten hinausging. Das Gefühl, keine ständige Reizüberflutung und Verpflichtungen zu haben, war ungewohnt, aber auch befreiend.
Gleich am ersten Abend fand ein gemeinsames Abendessen in Stille statt. Es war ungewohnt, so viele Menschen um sich zu haben, ohne ein Wort zu wechseln. Ich saß mit einer Handvoll anderer Gäste am Tisch, und das Schweigen schuf eine Atmosphäre der Achtsamkeit, die fast meditativ wirkte. Zum ersten Mal seit langer Zeit begann ich, bewusst zu essen und mir der einfachen Dinge bewusst zu werden, die ich oft so selbstverständlich hinnahm.
Einfache Routine und der Zauber der Langsamkeit
Jeder Tag im Kloster folgte einem einfachen, wiederkehrenden Rhythmus: Morgengebet, Frühstück, Zeit in der Natur oder für Meditation, Mittagessen, eine Zeit der Reflexion und schließlich das Abendgebet. An den gemeinsamen Gebeten nahm ich teil, auch wenn ich mich nicht besonders religiös fühlte. Doch die Rituale und die Stimmen, die im Chorraum sangen, hatten etwas Beruhigendes und Geborgenes.
Was mich am meisten überraschte, war der Effekt dieser einfachen Routine. Ohne die ständige Ablenkung durch soziale Medien, Termine oder To-do-Listen begann ich, wirklich im Hier und Jetzt zu leben. Die Langsamkeit des Klosterlebens ermöglichte mir, meine Gedanken zu ordnen und mich auf die Dinge zu konzentrieren, die mir wirklich wichtig waren. Ich hatte zum ersten Mal Zeit, über Fragen nachzudenken, die ich mir im Alltag selten stellte: „Was will ich wirklich?“ und „Welche Prioritäten habe ich?“
Begegnung mit mir selbst
Eine der wertvollsten Erfahrungen dieser Woche war die Zeit, die ich alleine verbrachte. Anfangs fiel es mir schwer, in die Stille zu gehen, da ich mich schnell in Gedankenspiralen verlor. Doch nach und nach begann ich, mich meinen Gedanken zu stellen, ohne sie zu bewerten oder wegzuschieben. Ich setzte mich in den Klostergarten, lauschte den Vögeln und beobachtete die Natur um mich herum.
Mit jedem Tag merkte ich, dass ich ruhiger wurde und eine innere Klarheit gewann. Die Ruhe ermöglichte es mir, mich mit lang verdrängten Themen auseinanderzusetzen, Ängste zuzulassen und gleichzeitig zu erkennen, dass vieles davon aus einer inneren Unruhe heraus entstanden war. Ich begann, die kleinen Momente der Freude wahrzunehmen, sei es durch die Schönheit der Natur oder das einfache, wertfreie Zusammensein mit den anderen Gästen. Es war, als ob ein neuer Raum in mir entstand, der mich mit einer Art innerem Frieden erfüllte.
Rückkehr in den Alltag: Was das Kloster für mich verändert hat
Nach einer Woche war meine Zeit im Kloster vorbei. Einerseits freute ich mich auf mein gewohntes Leben, doch andererseits wusste ich, dass diese Woche eine tiefgreifende Veränderung in mir angestoßen hatte. Ich hatte gelernt, wie wohltuend es sein kann, den Alltag gelegentlich hinter sich zu lassen und sich bewusst Zeit für sich selbst zu nehmen.
Zurück in meinem gewohnten Leben versuche ich, die Erfahrung aus dem Kloster zu bewahren. Ich nehme mir regelmäßige Auszeiten und gehe oft in die Natur, um diese innere Ruhe zu spüren, die ich im Kloster gefunden habe. Und auch wenn der Alltag mich manchmal einholt, hat mich diese Woche gelehrt, wie wichtig es ist, innezuhalten und den Moment zu schätzen.
Diese Reise ins Kloster war für mich nicht nur eine Pause vom Alltag, sondern eine Reise zu mir selbst – eine Erfahrung, die ich jedem empfehlen kann, der nach Klarheit und innerer Balance sucht.
22.04.2024
Uwe Taschow
Uwe Taschow
Als Autor denke ich über das Leben nach. Eigene Geschichten sagen mir wer ich bin, aber auch wer ich sein kann. Ich ringe dem Leben Erkenntnisse ab um zu gestalten, Wahrheiten zu erkennen für die es sich lohnt zu schreiben.
Das ist einer der Gründe warum ich als Mitherausgeber des online Magazins Spirit Online arbeite.
“Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.”
Albert Einstein
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