Frust – Tipps für einen entspannteren Umgang mit Frust
Frust lässt sich leider nicht völlig vermeiden. Aber wir können einen entspannteren Umgang mit ihm lernen, sodass er uns nicht die gute Laune schreddert!
Niemand bleibt von unserem guten alten Freund Frust verschont – und der kommt in vielen Varianten. Da bekommt man auf einer Behörde keine Auskunft, oder eine falsche, oder eine zu späte – und hat dann ohne eigenes Verschulden die Folgen zu tragen. Ob der teure Computer eine Woche nach Auslauf der Garantie kaputtgeht, jemand nachts in unseren Schränken heimlich alle Klamotten enger näht, die Kollegin unsere Idee als ihre eigene verkauft oder der 100. Verlag unser Bestseller-Manuskript ablehnt: Wir erfahren ein Gefühl von Ablehnung, Verlust, Kränkung und Enttäuschung. Das Wort „Frustration“ lässt sich nicht von ungefähr aus den lateinischen Begriffen für „vergeblich, nutzlos, erfolglos“ und „Täuschung, Vereitlung, Verhinderung“ herleiten.
Was biochemisch passiert,
wenn wir eine Frusterfahrung machen, ist bei allen Menschen relativ gleich.
Stark verkürzt ausgedrückt: Unser Hirn will eine Belohnung und setzt deshalb den Neurotransmitter Dopamin frei, der uns zu einer erfolgsversprechenden Handlung antreibt. Bleibt diese aber aus, sorgt Nozizeptin als mentaler Bremsklotz dafür, dass wir diese Handlung abbrechen. Ganz klar: Unser effizientes Gehirn will, dass wir unsere Energie nicht an etwas verschwenden, das uns nichts bringt. Gleichzeitig hemmt er den Stoff Serotonin, der ausgleichend auf unsere Stimmung wirkt.
Frust kann also durchaus auch nützliche Funktionen erfüllen.
Er regt uns dazu an, unsere Ziele neu zu evaluieren: Wollen wir das Angestrebte wirklich – und falls ja, sind wir bereit, den nötigen Einsatz dafür zu bringen? Er lädt dazu ein, unsere eigenen Erwartungshaltungen – allzu oft die Wurzel anhaltender Enttäuschung – zu hinterfragen, und kann als Trainingseinheit für Flexibilität und Improvisationstalent dienen … im Idealfall. Doch was ist schon ideal?
Wie wir REAL auf Frust reagieren, ist individuell sehr unterschiedlich, geprägt von der charakterlichen Veranlagung, erlernten Verhaltensmustern und eigenen Erfahrungen.
Einige wenige Glückliche bleiben gelassen, zucken maximal mit den Schultern und lassen sich die Laune nicht verderben, wenn sie einmal in ein Frustfettnäpfchen treten. Weniger Glückliche finden in vergleichbaren Situationen Trost im Kühlschrank oder beim Online-Shoppen, lamentieren lang und ausführlich und überall über ihr Unglück, verleugnen das Vorgefallene oder spielen es herunter, ziehen sich niedergeschlagen zurück oder lassen ihren Ärger, mehr oder weniger offen aggressiv, an anderen aus. Eins ist aber allen diesen Reaktionen gleich: Sie schmälern unsere Lebensfreude. Wenn du dich frustriert fühlst, fehlt dir irgendwann der Antrieb, dich weiterhin um etwas zu bemühen.
Wozu auch? Wie viele Frösche soll man denn küssen, wie viel mehr an Bewerbungen für einen Traumjob versenden? Und selbst ohne Frösche und Traumjobs lähmen uns zu viele Frusterfahrungen im Alltag, rauben uns Energie, machen grantig und unzufrieden und führen zu einem schlechten Teint! Wer uns dann, wenn wir einmal in die Frustfalle getappt sind, mit Floskeln wie „Das wird schon wieder!“ oder „Es gibt Schlimmeres!“ aufmuntern will, riskiert es, kommentarlos den Kopf abgebissen zu bekommen.
Frusterfahrungen lassen sich nicht vermeiden.
Selbst wenn wir Holz hackend und Wasser schleppend im Zenkloster auf die Erleuchtung warten würden, könnte auch da mal die Axt vom Stiel springen oder der Wassereimer zu Boden fallen. Wir alle reagieren mit einem Gefühl von Frust darauf, wenn uns etwas nicht gelingt, geradeheraus verweigert wird oder ein Mißgeschick widerfährt – die einen früher, die anderen später. Das kann man sich so vorstellen wie Hunger, wenn man lange nichts gegessen hat: eine ganz normale Reaktion.
Die alles entscheidende Frage ist deshalb, wie man mit diesem Gefühl umgeht. Ich habe umfassend recherchiert und sie mit Expertinnen der verschiedensten Bereiche besprochen: von Psychologie und NLP über stoische Philosophie und Hypnose bis hin zu Ernährungswissenschaft und sogar Hundetraining. Sie alle bieten bemerkenswerte Ansätze, mit Frust umzugehen, die auszuprobieren sich durchaus lohnt.
Das Erste und Wichtigste allerdings,
das du bei einem konstruktiven Umgang mit Frusterfahrungen beachten solltest, ist ganz einfach:
Akzeptiere, dass du Frust empfindest. Es ist einfach, aber nicht immer auch leicht: Gesteh es dir ein und gesteh es dir zu. Verdränge es nicht, unterdrücke es nicht. Du spürst jetzt also Frust, das ist nicht schön, aber das ist nun einmal so. Was genau fühlst du, wenn du frustriert bist? Wo sitzt die Emotion in deinem Körper? Was macht sie mit dir?
Und dann, erst dann, kannst du dich daran machen, dich mit diesem Gefühl auseinanderzusetzen. Egal, wie sich das Frustempfinden bei dir individuell äußert, aus welcher Quelle es sprudelt oder welcher Auslöser es zutage fördert: Das sehr tiefreichende Wurzel lässt sich meines Erachtens auf einen Mangel an Selbstwertgefühl zurückführen, der aus oft sehr gut versteckten, latenten Überzeugungen erwächst, wie beispielsweise „Ich genüge nicht“, „Ich werde nicht gesehen“ oder auch „Ich kann nichts tun.“
Die Auseinandersetzung mit dem Bewusstsein des eigenen Werts – oder dem Mangel daran – ist eine individuelle, sehr fruchtbare und auch sehr lange Reise. Sie hilft uns nicht in dem Moment, in dem wir in eine Frustfalle tappen und uns das allzu vertraute Gefühl mit Macht überflutet. Doch es gibt Methoden, die du sofort einsetzen kannst, um dir von deinem Frust nicht die Freude an allem verderben zu lassen.
Du kannst zwar längst nicht alle Frustfallen vermeiden,
aber einige „Klassiker“ vielleicht doch aus dem Weg räumen:
Der Anspruch, den du an dich selbst hast – ist der vielleicht permanent zu hoch angesetzt? Die Erwartungshaltung, mit der du der Welt begegnest – ist sie gerechtfertigt oder nicht? (Ohne die Erwartung, dass jede Anstrengung zwangsläufig zum Erfolg führt, dass alle Menschen sich fair und freundlich verhalten und jede gute Tat sofort belohnt wird, würden wir niemals frustriert werden.) Die angepriesene und eingeforderte „Selbstoptimierung“, in welchem Lebensbereich auch immer – bringt sie dich voran oder bremst sie dich aus?
Wenn du dann doch in ein Frustfettnäppchen trittst, mache dir bewusst: Frustempfinden ist eine natürliche Reaktion darauf; doch wie du damit umgehst, ist deine eigene Wahl.
Manchmal kann es durchaus angenehm und nützlich sein, dich dem Frust mit Wonne hinzugeben; manchmal hast du aber vielleicht weder Zeit noch Gelegenheit, dich im Frust wie in einem Schaumbad zu räkeln. Dann entscheidest du dich lieber dafür, ein Mensch sein, der sich von einem minderen äußeren Umstand nicht nach unten ziehen lässt, der den Humor behält und über genügend Ressourcen verfügt, um sich selbst wieder aus dem Frustsumpf herauszuziehen.
Inzwischen kenne ich das, was bei mir Frust auslöst, ganz gut:
Ich weiß, wo die tiefsten Frustfettnäpfchen auf mich warten, welche Auslöser zuverlässig eine Wirkung auf mich haben, und wappne mich dagegen. Mit einem Bündel von den verschiedensten Methoden und Kniffen – von A wie „Apfelchutney-Alternative“ bis Z wie „Zielsetzungs-Zauberformel“ – habe ich ein ganzes Arsenal an Werkzeugen zur Verfügung, die ich individuell als Frustschutzmittel einsetzen kann. Natürlich hilft nicht jedes Werkzeug immer und in jeder Situation – was allen klar ist, die schon einmal mit einem Schraubenzieher vor einem tropfenden Wasserhahn gestanden haben. Doch je mehr Möglichkeiten du ausprobierst, desto mehr Optionen stehen dir im Notfall zur Verfügung, mit denen du deinem Frust begegnen kannst. Sei kreativ und mach es zu einem Spiel, damit zu experimentieren! Zwei davon, die sich universell einsetzen lassen, will ich kurz vorstellen.
Die erste Methode, „Balance-Bremse“ genannt,
ist relativ einfach und erfordert nur ein wenig Übung: Immer erst einen kurzen Augenblick abwarten, bevor du auf eine Frusterfahrung reagierst! Wenn du magst, kannst du langsam zählen oder tief durchatmen. Schaue dir dann deine Gefühle an: Jetzt empfindest du sie nicht mehr direkt, sondern beobachtest sie, ohne sie zu verdrängen. Du wirst vielleicht bemerken, dass sie sich allein durch diesen Akt der Wahrnehmung verändern. So verabschiedest du dich aus der Frustzone und bekommst eine Distanz zum Geschehen, die dich wieder ins Gleichgewicht bringen kann.
Die zweite Methode ist das „Paradox-Potential“:
Wenn du dich richtig geärgert hast und rundum gefrustet bist – was willst du dann in diesem Moment reflexhaft tun? Überlege dir, was das sein könnte: Jetzt will ich meine Freundin anrufen und mich bei ihr ausheulen. Oder eine ganze Tafel Schokolade essen, um mich zu beruhigen. Oder mich im Zimmer einschließen, weil die Welt so ungerecht ist.
Und dann tust du genau das Gegenteil davon! Du rufst deine Freundin an, aber statt sie vollzujammern, fragst du sie, wie es ihr geht, und erlaubst ihr, ihren Frust – sofern vorhanden – bei dir abzuladen. Statt zur Schoko zu greifen, machst du dir einen Salat, den du gründlich kaust, oder backst einen Kuchen. Du gehst nicht ins Zimmer, sondern raus aus dem Haus, eine Runde spazieren. So erfährst du, wie viele Möglichkeiten du tatsächlich hast, auf Frust zu reagieren, statt immer nur das gleiche Muster abzuspulen. Darüber hinaus lernst du einen neuen Weg kennen, der dir vielleicht mehr Erfolg bringt als der alte.
Die Wahl! Auf der einen Seite können wir eine Emotion empfinden, ohne uns mit ihr zu identifizieren. Wir können wahrnehmen, dass unsere Anstrengungen keinen Erfolg haben, ohne uns in unserem Selbstwertgefühl mindern zu lassen. Allerdings können wir auch Kränkung oder Ablehnung erfahren, ohne die Menschen in unserem Umfeld darunter leiden zu lassen. Dann können wir sagen: Frust ist nicht schön – aber es gibt wirklich Schlimmeres!
20.05.2021
Martina Pahr
Autorin, Bloggerin und PR – Expertin
Martina Pahr
ist Autorin, Bloggerin und PR – Expertin, hat vor einigen Jahren den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sich selbständig gemacht. Seither tut sie, wovon sie immer geträumt hat, und lebt vom Schreiben.
Beruflich wie auch privat setzt sie sich mit den spirituellen Aspekten des Lebens und den vielen Erscheinungsformen der New-Age-Bewegung auseinander – und nicht immer ist ihr gesunder Menschenverstand überzeugt von dem, was er vorgesetzt bekommt. Sie glaubt ungebrochen an das (viel zu oft ignorierte) Göttliche im Menschen: Eigenverantwortlichkeit und Eigenmächtigkeit, Selbstwert und Selbstheilungskräfte.
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Buchtipp
Runterkommen und drüberstehen: Wie du dich weniger ärgerst und Frust keine Chance gibst
Taschenbuch : 224 Seiten
von Martina Pahr
Wir alle kennen ihn, und niemand kann ihn wirklich leiden … obwohl Freund Frust durchaus seine Berechtigung hat. Vermeiden lässt er sich nicht, leider – doch es gibt Wege, mit ihm umzugehen, die ihm den Biss nehmen und uns selbst erheitern. Davon handelt dieser überaus unterhaltsame Ratgeber, der da meint: Frust ist eine Wahl…
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