Halt finden in krisenhaften Zeiten?

Halt finden im Leben

Halt finden in krisenhaften Zeiten – Wege zu Stabilität und innerer Stärke

Wenn die Welt ins Wanken gerät

Krisen gehören zum Leben – ob persönliche Schicksalsschläge, gesellschaftliche Umbrüche oder globale Katastrophen. Doch in den letzten Jahren haben sich die Krisen vervielfacht und intensiviert: Klimawandel, Pandemien, geopolitische Konflikte, soziale Spaltungen und wirtschaftliche Unsicherheiten setzen Menschen weltweit unter Druck.

Die Frage ist: Wie kann man Halt finden, wenn die Welt ins Wanken gerät? Wie können wir psychische Stabilität bewahren, wenn äußere Umstände uns aus der Bahn zu werfen drohen?

In diesem Beitrag betrachten wir verschiedene Strategien aus Psychologie, Spiritualität und Gesellschaft, die helfen können, in turbulenten Zeiten inneren und äußeren Halt zu finden.

1. Die Bedeutung von Halt in Krisenzeiten

1.1. Was bedeutet Halt?

Halt bedeutet Sicherheit, Orientierung und Stabilität – sowohl äußerlich als auch innerlich. In einer Krise geht oft das Gefühl verloren, dass man Kontrolle über sein Leben hat. Halt zu finden heißt, sich neu zu verankern, Sinn zu erkennen und trotz Unsicherheit eine Perspektive zu entwickeln.

Psychologen sprechen hier von psychischer Resilienz, also der Fähigkeit, mit Krisen umzugehen, ohne daran zu zerbrechen. Resilienz ist kein angeborenes Talent, sondern eine erlernbare Fähigkeit.

1.2. Warum verlieren wir in Krisen den Halt?

Krisen haben oft folgende Auswirkungen auf unser Leben:

  • Verlust von Kontrolle: Ereignisse überschlagen sich, Zukunftspläne werden zunichtegemacht.
  • Emotionale Erschütterung: Ängste, Sorgen und Unsicherheit nehmen überhand.
  • Soziale Isolation: In schwierigen Zeiten ziehen sich viele Menschen zurück.
  • Überforderung: Die Vielzahl an Herausforderungen kann das Gefühl erzeugen, nicht mehr handlungsfähig zu sein.

Doch auch in der größten Unsicherheit gibt es Möglichkeiten, sich zu stabilisieren.

2. Wege zum inneren Halt: Psychologische Strategien

2.1. Akzeptanz statt Widerstand

Ein zentraler Punkt beim Umgang mit Krisen ist Akzeptanz. Menschen neigen dazu, gegen unangenehme Realitäten anzukämpfen – was zusätzlichen Stress erzeugt. Die Psychologin Tara Brach (2019) beschreibt in ihrem Buch Radical Acceptance, dass wahre Stabilität entsteht, wenn wir aufhören, gegen Unvermeidliches anzukämpfen.

Stattdessen hilft es, sich zu fragen:

  • Was liegt in meiner Kontrolle und was nicht?
  • Wie kann ich meine Energie auf das konzentrieren, was ich beeinflussen kann?
  • Welche Lektion steckt in dieser Situation?

2.2. Achtsamkeit und Bewusstsein für den Moment

Oft verlieren wir uns in Sorgen um die Zukunft oder in der Vergangenheit. Achtsamkeitstechniken helfen, den Fokus auf den gegenwärtigen Moment zu richten.

Techniken der Achtsamkeit:

  • Atemübungen: Einfache Atemtechniken, wie die 4-7-8-Methode (4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen), helfen, das Nervensystem zu beruhigen.
  • Bodyscan-Meditation: Den eigenen Körper bewusst wahrnehmen, um im Hier und Jetzt zu verankern.
  • Dankbarkeitspraxis: Jeden Tag drei Dinge aufschreiben, für die man dankbar ist.

Der Psychologe Jon Kabat-Zinn (1990) beschreibt in Full Catastrophe Living, dass regelmäßige Achtsamkeitspraxis langfristig Stress reduziert und das Gefühl von Halt verstärkt.

2.3. Routinen und Rituale schaffen Stabilität

In Krisenzeiten kann es helfen, sich bewusst an kleine Rituale und Routinen zu halten. Sie geben Struktur und Normalität in Zeiten der Unsicherheit.

Beispiele für stabilisierende Rituale:

  • Morgens bewusst aufstehen, anziehen, bewegen, auch wenn man sich erschöpft fühlt.
  • Feste Zeiten für Mahlzeiten und Schlaf einhalten.
  • Kleine Selbstfürsorge-Rituale wie eine Tasse Tee bewusst genießen oder ein Tagebuch führen.

2.4. Die eigene Widerstandskraft stärken (Resilienz-Strategien)

Halt finden im Leben
KI unterstützt generiert

Resilienz ist die Fähigkeit, sich von Krisen zu erholen. Laut der Forschung von Emmy Werner (1995) gibt es sieben Faktoren, die resilienten Menschen helfen:

  1. Akzeptanz der Realität – nicht verleugnen, sondern anpassen.
  2. Selbstwirksamkeit stärken – aktiv Probleme lösen.
  3. Sinn finden – eine Krise als Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung sehen.
  4. Soziale Unterstützung suchen – Verbundenheit schafft Sicherheit.
  5. Optimismus entwickeln – sich nicht in Pessimismus verlieren.
  6. Flexibel bleiben – anpassungsfähig auf Veränderungen reagieren.
  7. Körperliche und mentale Selbstfürsorge – sich bewusst erholen.

3. Äußerer Halt: Gemeinschaft und Sinn in Krisenzeiten

3.1. Die Kraft der sozialen Verbundenheit

Einsamkeit ist einer der größten Stressfaktoren in Krisen. Der Neurobiologe Stephen Porges (2011) beschreibt in seiner Polyvagal-Theorie, dass soziale Verbundenheit das Nervensystem beruhigt und Ängste reduziert.

Tipps zur Stärkung sozialer Bindungen:

  • Regelmäßige Telefonate oder Treffen mit vertrauten Menschen.
  • Sich einer unterstützenden Gemeinschaft anschließen (z. B. Gruppen für gemeinsame Interessen oder ehrenamtliche Arbeit).
  • Sich nicht scheuen, um Hilfe zu bitten.

3.2. Spiritualität und Sinnfindung als Anker

Viele Menschen finden in Spiritualität oder philosophischer Reflexion einen tieferen Halt. Das bedeutet nicht zwingend Religion, sondern kann sich auch in einer naturverbundenen oder philosophischen Lebensweise ausdrücken.

Praktiken, die helfen können:

  • Lesen von inspirierenden Texten (z. B. stoische Philosophie, buddhistische Weisheiten).
  • Meditation oder Gebet als Ankerpunkt.
  • Sich mit der Natur verbinden – ein Spaziergang im Wald kann Erdung bringen.

3.3. Sinnvolles Handeln als Stabilitätsquelle

Der Psychiater Viktor Frankl (1946) überlebte das Konzentrationslager und stellte fest, dass Menschen am besten mit extremen Krisen umgehen können, wenn sie einen Sinn in ihrem Leben sehen.

Fragen, die bei der Sinnfindung helfen:

  • Was kann ich trotz der Krise beitragen?
  • Welche Werte sind mir wichtig?
  • Welche kleinen Handlungen geben meinem Leben Bedeutung?

Krisen können Momente der Neuausrichtung sein – eine Gelegenheit, alte Muster zu hinterfragen und neue Wege zu gehen.

4. Zukunftsperspektiven – Aus der Krise lernen

Krisen sind anstrengend, aber sie haben auch das Potenzial für Wachstum. Die Frage ist: Wie können wir gestärkt aus Krisen hervorgehen?

Mögliche Perspektiven:

  1. Gesellschaftliche Veränderungen: Viele Krisen führen zu neuen sozialen Bewegungen und Veränderungen (z. B. Nachhaltigkeitsbewusstsein durch die Klimakrise).
  2. Individuelle Entwicklung: Wer sich in einer Krise selbst reflektiert, kann langfristig eine tiefere innere Stärke entwickeln.
  3. Neue Lebensweisen: Manche Krisen führen dazu, dass Menschen bewusstere und achtsamere Lebensformen entwickeln.

Fazit: Halt finden in unsicheren Zeiten

Das Leben wird nie vollständig krisenfrei sein. Doch wir haben Einfluss darauf, wie wir mit Krisen umgehen. Halt zu finden bedeutet nicht, äußere Unsicherheiten zu beseitigen – sondern innere Stabilität zu entwickeln.

Indem wir Achtsamkeit praktizieren, soziale Verbindungen pflegen, Routinen schaffen und einen Sinn in schwierigen Zeiten finden, können wir Krisen nicht nur überstehen, sondern vielleicht sogar gestärkt aus ihnen hervorgehen.

„Es kommt nicht darauf an, was mit uns geschieht, sondern wie wir darauf reagieren.“ – Epiktet

22.09.2024
Heike Schonert

HP für Psychotherapie und Dipl.-Ök.

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Heike SchonertPerlen Zauber Heike Schonert

Heike Schonert, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Diplom- Ökonom. Als Autorin, Journalistin und Gestalterin dieses Magazins gibt sie ihr ganzes Herz und Wissen in diese Aufgabe.
Der große Erfolg des Magazins ist unermüdlicher Antrieb, dazu beizutragen, dieser Erde und all seinen Lebewesen ein lebens- und liebenswertes Umfeld zu bieten, das der Gemeinschaft und der Verbindung aller Lebewesen dient.

Ihr Motto ist: „Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, uns als Ganzheit begreifen und von dem Wunsch erfüllt sind, uns zu heilen und uns zu lieben, wie wir sind, werden wir diese Liebe an andere Menschen weiter geben und mit ihr wachsen.“

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