Kreativität und Trance – ein heilsamer Weg der Erkenntnis

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Kreativitaet-Trance-tattva-viveka-dream-catcherKreativität und Trance
Rituelle Körperhaltungen – ein heilsamer Weg der Erkenntnis

Alles “Sein” befindet sich in einem fortwährenden kreativen Prozess, Kreativität ist Bewegung, Wandlung – sie ist das Schöpfungsprinzip der Welt.
Kreativität als Schöpfungsprinzip ist kreative Intelligenz, ein Prozess des bewussten Werdens.
Begeisterung und der starke Wille zur Verwirklichung kennzeichnen bei uns Menschen diesen Prozess, der beinhaltet, Qualitäten aus den Bewusstseinsräumen in immer wieder neuer Erscheinungsform ins Leben zu bringen.
Die rituellen Körperhaltungen, in denen der Zustand einer willentlich herbeigeführten Wachtrance erfahren werden kann, können Zugänge öffnen zur Verbindung mit dieser universellen kreativen Kraft.

Trancezustände können diesen schöpferischen Impuls,

der in Jeder und Jedem vorhanden ist, erkennen lassen und freisetzen.
Im Zustand der durch einen schnellen Rhythmus und eine bestimmte rituelle Körperhaltung hervorgerufenen Trance, kann eine von materiellen und sozialen Bedingungen unabhängige “Vollkommenheit des Seins” mit allen Sinnen erfahren werden.

Max Planck, der die Quantenphysik begründete, musste einen Vortrag vor Kollegen halten.

Es ging dabei um »Die Theorie des Gesetzes der Energieverteilung im Normalspektrum«. Dieser Vortrag gilt heute als die Geburtsstunde der Quantenphysik. Scharfes Nachdenken und mathematisches Ausprobieren hatte den Physiker zu einer Formel geführt, die alles umfasst was er ausdrücken wollte – außer, dass sie »nicht aufging«.

Als er sie nun in seinem Vortrag präsentieren sollte, setzte er in seiner Verzweiflung über diesen »Schönheitsfehler« und die zu erwartende Blamage einfach willkürlich eine Konstante ein, die er schlicht mit »h« bezeichnete. Die Formel funktionierte, der Grundstein einer neuen Physik war gelegt und keiner hatte es erst einmal richtig bemerkt …

Diese kleine Geschichte macht deutlich, dass ein spontaner Einfall anscheinend wie aus dem »Nichts« kommen kann – und zum anderen, dass er nur in dem Moment eines bestimmten Prozesses nützlich ist. Für diesen Prozess müssen wir bereits einen thematisch vorbereitenden Raum in uns geöffnet haben, um dem spontanen Einfall eine Richtung, einen Bezug geben zu können.

Woher kommt dieser »spontane« Einfall, der zu einem kreativen Ausdruck führen kann?

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©Nana Nauwald-Mapuche-Adler

Meine langjährigen Erfahrungen mit veränderten Bewusstseinszuständen haben mich zu der Überzeugung geführt, dass es ein nicht-persönliches Feld der Kreativität gibt. Kreativität ist für mich das Potential aller Möglichkeiten einer sich immer neu schöpfenden Lebensenergie.
Die Voraussetzungen, aus diesem Potential zu schöpfen, mich speisen zu lassen, sind für mich eine Leere, in der ich zum Empfangen bereit bin, und die Frage – der Hunger und die Sehnsucht nach dem »Erkennen wollen«, dem »Wissen wollen«.

Wir alle haben schon dem nicht gelenkten Spiel kleiner Kinder zugesehen –

in diesem Spiel können sie Lehrmeister sein einer spontanen, unmittelbar gelebten Kreativität. Kinder stehen in den ersten Lebensjahren noch in der unverbildeten Verbindung mit dem geistigen Feld der »unbeschränkten Möglichkeiten«, können sich noch in empfangender und neugieriger, »wissen wollender« Haltung auf immer neue Ideen und deren Ausführung einlassen.

Wir alle haben es ungleich schwerer, in diese empfangende, fragende Haltung zu gehen. Was haben nicht schon viele von uns an Übungen und Kursen hinter sich gebracht, um Momente dieses Empfangens zu erfahren! Momente, in denen wir in der Lage sind, aus dem nicht-persönlichen Kreativitätsfeld Nahrung für unser persönliches Kreativitätspotential so zu erlangen, dass wir diesem Potential einen uns gemäßen Ausdruck geben konnten!

Der Ausdruck von Kreativität ist nicht gebunden an das, was »Kunst« genannt wird.

Kreativ Leben zu gestalten kann in allem Ausdruck finden, mit dem wir uns bewusst beschäftigen.
So braucht die Arbeit eines aufmerksamen, geistig wachen Therapeuten ein Höchstmaß an Kreativität im Umgang mit Menschen. Auch Mütter sind zumeist hohe Meisterinnen der Kreativität und können sicher viele Geschichten davon erzählen, dass Kreativität keine Tiefkühlkost ist, die wir in vorbereitender Absicht lagern oder scheibchenweise benutzen können!
Viele Methoden und Möglichkeiten gibt es, uns in den Zustand der Entleerung und der Empfangsbereitschaft zu versetzen, um uns mit diesem Feld der Kreativität zu verbinden.

Rituelle Körperhaltungen und ekstatische Trance

Die Arbeit mit den rituellen Körperhaltungen, die in den Zustand einer ekstatischen Trance führen können, ist eine der Methoden zur Verbindung mit dem eigenen inneren Wissen, um uns entsprechende Visionen über die Möglichkeiten unserer kreativen Lebensgestaltung erkennen zu können.

Diese »ekstatische Trance« bezeichnet einen veränderten Bewusstseinszustand, in dem es möglich ist, die Räume der nicht-alltäglichen Wirklichkeiten willentlich zu betreten. Ein Zustand, in dem visionäres Erleben mit allen Sinnen möglich ist, ein Zustand, der ein »Andocken« möglich macht an die zeit- und raumlosen Bewusstseinsfelder.

Erforschte rituelle Körperhaltungen, angeregt mit einem Rhythmus von ca. 210-240 bpm ist ein Schlüssel, der einen der vielen Zugänge in die vielfältigen Bewusstseins-Wirklichkeiten öffnen kann, in den Zustand einer ekstatischen Trance.

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© Nana Nauwald und Felicitas-Goodman-Cuyamungue

Die Wiederentdeckung dieses mächtigen Zugangs haben wir der Anthropologin Dr. Felicitas Goodman (1914 – 2005) zu verdanken. Sie stieß während ihrer anthropologischen Feldforschung in einer Pfingstgemeinde in Yucatan, Mexiko, auf den Zusammenhang zwischen Körperhaltung, Rhythmus und einem Trancezustand. In diesem Zustand der Ekstase ist es möglich, nicht-alltägliche Räume der Wirklichkeiten zu erfahren.

Die Bezeichnung »rituell« bezieht sich im Zusammenhang mit der Körperhaltung darauf,

dass die Körperhaltung zusammen mit der rhythmischen Anregung ein in sich geschlossenes Ritual bilden. Dieses Ritual bezeichnet die Absicht, sich willentlich aus dem Alltagsbewusstsein heraus zu bewegen in die nicht-alltäglichen Räume der Wirklichkeiten. Wer einmal die Erfahrung gemacht hat, dass die Existenz meines »Selbst«, meiner »Wesensessenz« unabhängig ist von materieller Erscheinungsform, Zeit und Raum, der kann auch in der alltäglichen Wirklichkeit bewusster und von vorgegebenen Mustern unabhängiger leben.

Ein Großteil der bis heute vom Felicitas-Goodman-Institut (USA, Deutschland, Österreich, Russland) erforschten rituellen Körperhaltungen stammt aus Kulturen, deren soziale Gemeinschaften den Sammlerinnen und Jägerinnen und den Gartenbauern zuzuordnen sind. Die ältesten uns bekannten Trancehaltungen ist der Löwenmensch aus dem Lonetal, aus Mammut-Elfenbein gearbeitet, ca. 35.000 – 41.000 Jahre alt.

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©Nana Nauwald – Baerenhaltung
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©Nana-Nauwald-rituelle Körperhaltung Maya Mann
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©Nana Nauwald- Skulptur-Körperhaltung

Schamanismus in unserer Zeit

»Wer nur mit den Augen sieht, sieht nur die Schatten der Welt« ist ein Wissen, das nicht nur in vielen indigenen Kulturen fest verankert ist, sondern auch das Wissen unserer europäischen Ahninnen war.

Die Kultur der JägerInnen und SammlerInnen und die der Gartenbauer kannte und kennt nicht wie wir heute die Trennung von alltäglicher und nicht-alltäglicher Wirklichkeit. Der Zustand der Trance war und ist in diesen Kulturen eine gesellschaftlich anerkannte Methode, um Körper, Seele und Geist in der Balance zu halten oder sie bei Störungen dieser Balance wieder in die Harmonie zu bringen.

Von manchen der erforschten rituellen Körperhaltungen wissen wir, dass sie auch in unserer Zeit noch von Gemeinschaften, die in der Tradition der Gartenbauer verwurzelt leben, angewendet werden. Auch die Yoga-Haltungen haben ihre Wurzeln in den rituellen Körperhaltungen des schamanistischen Weltbildes.

Füge ich diesen Informationen noch hinzu, dass eine kulturvergleichende Studie von E. Bourguignon zeigt, dass von 488 Gesellschaften in verschiedenen Erdteilen 437 (90%) über mindestens einen institutionalisierten, kulturell geformten Weg zur Erfahrung veränderter Bewusstseinszustände verfügen, so ist der Schritt zur Annahme nicht weit, dass die Fähigkeit zur Trance genetisch vererbt ist.

Das alleine reicht aber nicht aus zu erklären, warum es so ist, dass bei aller Veränderung von Gesellschaftsform, Sprache und Kultur das Wissen um schamanische Praktiken und das Interesse daran nicht verschwunden sind. Was ist es, dass sich in dieser Zeit, die an Sinnesreizen und Selbsterfahrungsmöglichkeiten aller Art überreich ist, immer mehr Menschen die Erfahrung schamanischer Techniken suchen?

Wozu sich auf die Erfahrensunsicherheit von »Seelenreisen« und »Seelenflügen« einlassen,

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©Nana-Nauwald-Höhlenzeichnung-Schamane

wo doch heute »reale« Reisen und »reale« Flüge uns Türen öffnen in viele Erlebnisbereiche?
Was bieten uns im Schamanismus wurzelnde Wege wie die rituellen Körperhaltungen und die damit verbundene ekstatische Trance an Erfahrungsqualitäten, die Reisen in der “äusseren Wirklichkeit” nicht zu bieten scheinen?

Willentlich herbeigeführte bewusstseinsveränderte Zustände im rituellen Kontext können lustvoll und erkenntnisreich und heilsam sein – und das für Jede und Jeden nach einer Vorbereitung auf dieses Erleben erfahrbar.
Dieser Weg, der in den rituellen Körperhaltungen begangen werden kann, ist ohne Dogmen, erzeugt keine Abhängigkeiten von “Gurus” und Glaubenssätzen.

Gelebter Schamanismus,

bestimmt durch das Wissen und die Verbindung mit dem Geist der Natur, ist vielfarbig tanzend!

Schamanismus ist keine Religion. Schamanismus beinhaltet Erfahrung, nicht Glauben. Er ist die älteste geistige Tradition der Menschheit.

Der Schamane, die Schamanin ist heute noch bei den nur noch wenigen indigenen Völkern, die im Geist des Schamanismus leben, ein nicht nur geachteter, sondern oft auch gefürchteter Mensch, die/der in der Lage ist, mit den Geistern zu sprechen und die/der Verantwortung für das geistige Wohl der Gemeinschaft trägt. Dieser Mensch ist im traditionellen Kontext ein von den Geistern “Berufener“. Der jahrelange Lernweg einer Schamanin, eines Schamanen ist dort auch heute noch entbehrungsreich, herausfordernd, beschwerlichen.

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©Nana-Nauwald-Schmied-Heiler-in der Steppe Sibiriens

Ausbildungen über Seminare in unserer heutigen Kultur zur »Schamanin« oder »Schamanenpriester« sind eine schillernde Erscheinung eines geld- und egozentrierten Eso-Supermarktes. Zumal die Bezeichnung »Schamanenpriester« von viel Unkenntnis zeugt, da ein Priester ausschließlich ein religiöser Vermittler im Rahmen einer Glaubensgemeinschaft ist.

Die Aufgabenbereiche der “wirklich” für ihre Gemeinschaft arbeitenden Schamaninnen, Schamanen werden in unserer westlichen Welt übernommen von Spezialisten, wie z.B. Ärztin, Naturheilpraktikerin, Therapeutin, Priester oder Pfarrer, Künstlerin, Ritualfrau.

Wir können viele der uns bekannten, im Schamanismus wurzelnden Methoden auch in unserer westlichen Hightech-Gesellschaft ausführen, alleine oder in Gemeinschaften. Nur – deshalb sind wir keine Schamanen/Schamaninnen! Wir leben in einem nicht vom Schamanismus geprägten Gesellschaft. Wir sollten Respekt vor den noch im Schamanismus lebenden und wirkenden Menschen haben, ihnen nicht ihre Bezeichnung entwenden. Es ist Zeit, aus den alten Wissenswurzeln auch neue Bezeichnungen für dieses Wirken mit dem “alten Wissen” dem “Geist aller Seinsformen” wachsen zu lassen.

Heil-Sein

Die Sehnsucht, vielfältige Bemühung nach “Heil-Sein” hat durch allen gesellschaftlichen Wandel hindurch nichts von seiner zentralen Wichtigkeit für unser Leben verloren.
Heil-Sein ist die Erfahrung des ungehemmten Fließens unserer Lebensfreude, unserer Kreativität, das sichere Wissen eines »Ich bin«, eingewoben in das unendliche Netz aller Lebensenergien.

Die rituellen Trancehaltungen bilden eine auch ohne Vorkenntnisse zu begehende Brücke in die Räume des Bewusstseins, in denen die für Jede und Jeden stimmige Möglichkeiten der Aktivierung der eigenen Heilenergien gespeichert sind. Heil-Sein heißt jedoch nicht, Herrscherin über dieses so feine, komplizierte Lebenssystem Körper zu sein. Auch im manchmal nicht beherrschbaren Zustand von “Krankheit” ist es möglich, “heil” zu sein. Wie es in vielen alten geistigen Traditionen heißt:
Der Körper ist unser Meister.
Unser hochintelligentes Lebenssystem Körper birgt in sich alle Möglichkeiten, in Verbindung zu kommen mit dem eigenen “Sein“, dem Sein aller Lebensformen, mit der Vielfalt der geistigen Bewusstseinsfelder.

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©Nana-Nauwald-Felicitas-in-Kiva

Mehrfach haben Forschende an Universitäten und Instituten in Wien, Stuttgart, Braunschweig Gehirnströme (der Rhythmus von Trommel oder der Rassel erzeugt Thetawellen, die später in Deltawellen übergehen), Blutdruck, Ausschüttung von Endorphinen, Adrenalin, Cortisol u.a. während der Trance in einer rituellen Körperhaltung gemessen.

Wie hilfreich es auch ist, den nervlichen und biochemischen Vorgang im Körper während des Erlebens der Trance durch Blutuntersuchungen und Gehirnwellenmessungen oder andere Verfahren aufzuzeigen und verständlich zu machen – es erklärt nichts von der Dimension dieser Erfahrung selbst.

Das Feld des Bewusstseins,

mit dem wir uns in der Trance verbinden können, ist mehr als der gehirnphysiologische Vorgang.

Die Veränderung der Gehirnschwingungen bewirkt lediglich, dass bestimmte Filter unseres Alltagsbewusstseins für kurze Zeit ausgeschaltet sind – die Startrampe für den Flug durch die Welten des Bewusstseins ist bereitgestellt!

Je länger ich diesen geistigen Weg des Erfahrens über Rhythmus und rituelle Körperhaltung erforschend beschreite desto klarer sehe ich, dass alle meine Erfahrungen und all mein Wissen nur kleine erste Schritte sind in dieser unendlichen Dimension der sich ständig in Bewegung befindlichen Felder eines sich immer neu schöpfenden Bewusstseins.

Der Gang durch das Tor der rituellen Trance in die Räume der Bewusstseins-Wirklichkeiten kann ein unendlich weites Potential an vergessenen oder noch nicht berührten Informationen von Lebens-Energien anstoßen. Ob wir diese Energien als Klang, als Farbe, Wort oder Bild in der Trance erleben – sehr weit und tief rechtshemisphärisch in den unteren Bereichen des Theta- und Deltabewusstseins – macht nur einen Unterschied in der Wahrnehmungsform, nicht in der Qualität der Information.

Visionäres Erleben ist nicht gebunden an bildhaftes Erleben.

Visionäres Erleben kann stattfinden mit jedem unserer Sinne. Der Zugang zum Feld der Informationen, zum Wissen, geschieht für jede/n in Anknüpfung an den Punkt, auf dem sie/er gerade im Bewusstseinsfeld steht.
Felicitas Goodman pflegte zu sagen: »Die Geister geben uns das, was wir brauchen«.

Nana-Nauwald-Burjat-Schamanin
©Nana-Nauwald-Burjat-Schamanin

So kann es geschehen, dass während einer Trancehaltung, in der um eine kreative Einsicht gebeten wird, “nichts” geschieht. Dieses »Nichts« entblättert sich dann oft nach der Trance als das Wissen darum, dass ich genug bin, so wie ich bin – dass es im Moment richtig ist, alles geschehen zu lassen, ohne sich unter Erfüllungs-Druck zu setzen.

Ein Bär ist ein Bär …

Bären, Schlangen, Adler, Jaguare – in den Trancehaltungen der unterschiedlichen Kulturen manifestieren sich häufig die dort lebenden Tiere, denen in der jeweiligen Kosmologie Attribute an Macht, Kraft und Wissen zugeordnet werden. Das Tier, das in der Trance gesehen wird, hat keinen Symbolgehalt – ein Bär ist ein Bär.

Was man sieht ist das, was man sieht. Dieser Bär ist ein Informationsträger für diejenige, die ihn sieht. Worin die Information besteht, wie sie zu lesen ist – das ist die Arbeit, die zu leisten ist von derjenigen, die diesen Bären sieht. Da nur wenigen in unserer Kultur alltäglich mit Bären, Schlangen, Jaguaren leben ist es sehr weise, nicht die Zuordnungen zu diesen Geschöpfen aus den Traditionen, in denen sie leben, zu übernehmen, sondern die Qualitäten zu erspüren, die sie mir vermitteln.

Ich kann in den Kontakt, in die Berührung mit dem Geist eines Tieres in der Trance gelangen, es kann mein Geistbegleiter sein oder werden. Doch es ist – entgegen einiger Seminarversprechungen – deshalb kein “Krafttier“, und vor allem: nicht “mein” Krafttier. Es ist im Schamanismus der Geist in Erscheinung der Form eines Tieres, der sich mir zeigen kann, ein geistiger Begleiter, der unabhängig von mir ist.

Wir können diese Kraft, die sich im Geisttier manifestieren kann, nicht suchen, sie ist da.

Wir können unsere Fähigkeiten und Zugänge zum geistigen
Informationsfeld trainieren, öffnen, um die Informationen lesen zu können, die der Geist des Tieres uns übermittelt.
Hinweise wie „wenn sich dir ein Tier viermal zeigt, ist es dein Krafttier“ vermitteln ein mechanistisches Herangehen an die Begegnung mit einem Geisttier. Mit dieser Art von „Finden“ ist kein „Erkennen“ als geistiger Wachstumsprozess verbunden, sondern wir übertragen die zählbaren und damit kontrollierbaren Vorstellungen unserer Alltags-Wertigkeiten auf eine spirituelle Arbeit.

Wir sind hier bei uns an keine Zuschreibung aus einer indigenen Ethnie gebunden. Komme ich in Berührung mit dem „Geist der Schöpfung“ über die Information, die ein „Geisttier“ trägt, dann kann es jedes Tier sein, dass mich einen „besonderen Aspekt der Lebensenergie“ erfahren lässt.

Ein Schutzgeist ist nicht gleichzusetzen mit einem Geisttier. Aber ein Geisttier kann neben den Qualitäten der Vermittlung von Informationen, Einsichten und Erkenntnissen, der Verbindung zum „allumfassenden Großen Geistes des Bewusstseinsfeldes“ auch die Qualität eines Schutzgeistes haben.

Fragen, Fragen….

Fragen sind das Gefährt, dass wir in der Trance aussenden können wie einen leeren Wagen, der in unserem Trance-Erleben gefüllt werden kann. Es ist eine hohe Kunst, wirklich nur die Frage auszusenden, ohne nicht schon unseren Antwortvorstellungen entsprechende fertig ettikierte Päckchen beim Aussenden auf den Wagen zu legen!

Erkenntnisse, Einfälle, gespeist aus dem Feld der Kreativität, rufen immer einen Moment der Berührung hervor bei derjenigen, die aus diesem Feld empfangen hat. Diese Berührung verbindet mit der Ebene der Schöpfung, der Kreativität.

Alles kreative Tun, dass aus dieser Berührung erwächst, verbindet wiederum die Betrachter der Auswirkungen dieses »Tuns« – wie z.B. eines Bildes, einer Musik, des liebe- und respektvollen Umgangs mit Menschen – mit der Ebene der Schöpfung, aus der dieses »Tun« gespeist wurde. Kreatives Handeln ist immer auch eine Rückverbindung.

Dieser Vorgang der Rückverbindung mit dem kreativen Feld der Lebensenergien ist auch gemeint, wenn Felicitas Goodman von einer »religiösen Trance« spricht, einem Begriff, der mich anfangs sehr verunsichert hat. Dieser Begriff hat nichts mit »Kirche« oder »Glauben« zu tun, diese Rückverbindung geschieht durch direkte, persönliche Erfahrung in einem veränderten Bewusstseinszustand.

Kreativität: Visionen wollen Wirklichkeit werden

In der Ausübung der Trancehaltungen öffnen wir uns immer wieder neu für die Vielzahl lebendiger Welten, mit denen wir sonst in unserem Alltagsbewusstsein keine Berührung haben. Diese Öffnung, diese Verschiebung unserer Wahrnehmungsfilter ist notwendig, um Inspirationen aus dem tanzenden Kreativitätsfeld empfangen zu können.

Natürlich gehört etwas Übung dazu, auch wenn alle Menschen über die Fähigkeit zur Trance verfügen.
Und – wie es am Beispiel der Malerei oder Musik am einfachsten aufzuzeigen ist – reicht es nicht aus, eine Vision, Inspiration zu haben – sie muss auch umgesetzt werden können. Nicht ohne Grund sagt also der Volksmund:
Kreativität ist zu 99% Transpiration und zu 1% Inspiration . . .

Von der Arbeit dieses Umsetzens kann jede Künstlerin ein langes Lied singen.

Wieviel Wissen und Praxis im Umgang mit Material und Werkzeug ist nötig, um das zufriedenstellend ausdrücken zu können, wovon uns eine Vision einen Geschmack gegeben hat! Und das geht nicht nur Künstlern so, jede Realisierung einer Vision erfordert viel Alltagswissen, um die Brücke bauen zu können, die Betrachter, Beteiligte rückverbindet mit dem schöpferischen »Mutterfeld«.

Kreativität hat immer mit dem Akt der Verwirklichung zu tun. Visionen wollen Wirklichkeit werden, wollen eingebunden sein in den Ausdruck der Lebensenergien unserer Alltagswirklichkeiten.

Ich habe beim Malen oft das Gefühl, dass das Bild sich wie ein Wesen dazu drängt, durch mich zum Ausdruck gebracht zu werden. Wenn ich im Prozess des Malens »wirklich« bin, empfänglich und präsent, dann malt das Bild sich selber.

Bedauerlich finde ich es nur manchmal, dass die Vision immer noch diesen langwierigen, konzentrierten Weg über meine Hände durch den Pinsel gehen muss! Ich bin oft ganz ungeduldig im Warten darauf, dass ich das Bild auch endlich außerhalb von mir, sozusagen materiell, sehen kann!

Der größte Stolperstein für kreatives Handeln in allen Berufs- und Lebenslagen ist die Routine! Routine im Denken und Handeln sind »Kreativitäts-Killer«.

Diese Kreativitätskiller schleichen sich auch mit Vorliebe in das Erleben in der Trance ein:

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©Nana Nauwald

sie finden ausreichend Platz und Nahrung in unseren Erwartungen, Interpretationszwängen, Zweifeln am Erfahrenen. Viele von uns können Geschichten davon erzählen wie es ihnen gelungen ist, neue Erfahrungen und neue Sichtweisen zu verhindern. . .

Geschieht das, hilft nur eines: zurück auf »Los«! das heißt, zurück in den Zustand in dem es uns möglich ist, ohne den Ballast alter Gedanken- und Handlungskleider im Erleben in der Trance über die Brücke eines veränderten Bewusstseinszustandes zu gehen und den sich immer wieder neu formierenden Raum der kosmischen Schöpferkraft zu betreten!

Diese Erfahrung kann eine tiefe Erinnerung erwecken an die Vollkommenheit des eigenen “Seins“, an die eigene Ganzheit als ein Anteil am “schöpferischen Ganzen“.

Der Erfahrungsweg Trance kann in den Zustand des “Findens” führen – dahin, die als zur eigenen Ganzheit als fehlend empfundenen Teile zu “finden“.
Das eigene Kreativitätspotential zu erkennen, zu erfahren und freizusetzen heißt, das eigene, vielfältige Lebens-Gestaltungs-Potential zur Entfaltung zu bringen.

04.11.2019
Nana Nauwald
Fotos: ©Copyright bei Nana Nauwald
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Bücher von Nana Nauwald:

Ekstatische Trance – Rituelle Körperhaltungen, Das Praxisbuch, AT-Verlag
Mein Wort ist mächtig, AT-Verlag
Schamanische Rituale der Wahrnehmung – den Geist der Tiere erfahren, AT-Verlag
Feuerfrau und Windgesang – Schamanische Rituale für Schutz und Stärkung, AT-Verlag
Der Flug des Schamanen – Schamanische Mythen und Märchen
Der Gesang des schwarzen Jaguars
Das Lachen der Geister
Bärenkraft und Jaguarmedizin


Über Nana Nauwald

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©Nana Nauwald

Nana Nauwald, geb. 1947, erfährt und erforscht seit 30 Jahren in der Weltsicht Schamanismus lebende Ethnien in Südamerika, Nepal und Sibirien. Sie ist visionäre Malerin, Buchautorin, Dozentin für Rituale der Wahrnehmung.
Sie war jahrelange Schülerin von Dr. Felicitas Goodman und ist Mit-Erforscherin der rituellen Trance, eines veränderten Bewusstseinszustands der hervorgerufen wird durch einen schnellen Rhythmus und spezielle Körperhaltungen.
In ihrem Artikel beschreibt sie die Möglichkeit, in einer rituellen Körperhaltung willentlich mit allen Sinnen in einen veränderten Bewusstseinszustand zu gehen um die Vielfalt der Bewusstseinswelten zu erfahren.
www.felicitas-goodman-institut.de
www.ekstatische-trance.de
www.visonary-art.de


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