Leben auf Bali – Wenn ich meinem Herzen folge – wache ich auf in BALI! Teil 2/3
Teil 1 dieser Serie finden Sie >>> HIER . Bali ist, zum Erstaunen mancher Touristen, kein eigenes Land sondern gehört zu Indonesien. Indonesien ist der größte Inselstaat der Welt, bestehend aus 17.508 Inseln. Von diesen Inseln ist Bali die mit Abstand bekannteste und sie ist touristisch von all diesen Inseln auch am besten erschlossen, was sicher auch in dem Zauber von Bali begründet liegt.
Mit seinen rund 255 Millionen Einwohnern steht Indonesien an vierter Stelle der bevölkerungsreichsten Länder der Erde und gilt als Entwicklungsland. Davon sind über 191 Millionen Muslime, was Indonesien zum größten muslimischen Land der Welt macht. Allein Bali pflegt konsequent seine althinduistische Ausprägung und natürlich fürchten die Balinesen, eines Tages von der Übermacht der Muslime überrollt zu werden.
Umso mehr halten sie dafür an ihrer Tradition und ihrem unerschütterlichen Glauben fest!
Leben auf Bali – Balinesen sind ein ungemein freundliches Volk, auch ein Teil von dem Zauber von Bali!
Religion ist der zweitgrößte Wirtschaftszweig der Insel, der größte ist der Tourismus (siehe Teil 1). Da so viele Menschen auf der ganzen Welt Bali besuchen, hat sich die einheimische Bevölkerung auf den Besucherstrom eingestellt und ist berühmt für ihre zuvorkommende Gastfreundlichkeit. Aber vor allem sind die Balinesen ein zutiefst gläubiges Volk, dessen gesamtes Leben von ihrer Religion, einem alten Zweig des Hinduismus, bestimmt wird.
Den Göttern zu opfern oder den Ahnen zu huldigen in bestimmten, vorgeschriebenen Zeremonien, ist für einen Balinesen oberstes Gebot! Diese Pflichten zu vernachlässigen und damit die Götter, Dämonen und Ahnen zu erzürnen, ist für sie undenkbar.
Die Religion steht an erster Stelle, an zweiter Stelle die Familie und erst an dritter Stelle die Arbeit.
In Europa würden wir das wohl anders definieren …
Dass der Vulkan letztes Jahr erwachte, dass die Erde bebt, dass nun die Touristen ausbleiben und sie und ihre Familien kaum noch ein Auskommen haben – sind alles Zeichen der unsichtbaren Mächte und werden im wahrsten Sinne des Wortes als „gottgegeben“ hingenommen.
Die Balinesen betrachten es als ihre Aufgabe, die Welt der Götter und die Welt der Dämonen in Balance zu halten und Opfergaben werden täglich beiden Welten dargebracht. So kommt es, dass kaum eine Insel so reich an Tempeln ist, wie Bali. Neben den großen und bekannten, öffentlichen Tempeln, hat jedes Dorf seinen eigenen Tempel, jede Familie wiederum ihren Tempel und sogar jedes einzelne Haus hat seinen Tempel. Bevor ein Auto oder ein Motorroller, ein neues Gebäude oder sogar nur ein neues Dach in Betrieb genommen werden – muss erst eine Segenszeremonie mit Opfergaben durchgeführt werden. Bei jedem Vorhaben ist es wichtig, in Harmonie mit den Göttern zu sein – nicht alle Tage eignen sich für Hochzeiten, Beerdigungen, größere Anschaffungen oder Tempelzeremonien.
Vorher muss der Priester befragt werden und er gibt dann Auskunft über den geeigneten Zeitpunkt.
Bei den unzähligen Zeremonien werden viele Nahrungsmittel der Familien zunächst einmal gesegnet.
Es ist ein herrlicher Anblick, die für den Tempel bezaubernd in spitzenbesetzte Kebayas und Sarongs gewandeten Balinesinnen (siehe Teil 1 des Artikels) anmutig Körbe mit Opfergaben auf dem Kopf balancieren zu sehen! Je nach Bedeutung der Zeremonie reichen Blumen, Früchte, Eier, Reis und Gemüse alleine nicht aus. Dann müssen auch Tiere ihr Leben für die Zeremonien lassen.
Meistens Hühner aber manchmal ist auch ein Schwein erforderlich, das rituell geschlachtet, dann den Göttern dargebracht, gesegnet und nach der Zeremonie als knuspriges „Babi Guling“ (=gegrilltes Spanferkel) verspeist wird.
Und vor hunderten von Jahren schreckten die Bewohner der kleinen Sunda-Inseln, zu denen Bali zählt, auch vor Menschenopfern nicht zurück – aber diese Zeiten sind zum Glück lange vorbei. Was es hingegen trotz offiziellem Verbot der Regierung noch gibt, sind Hahnenkämpfe. Deren Blut wird aus rituellen Gründen den Dämonen geopfert, was die Balinesen jedoch nicht davon abhält, viel Geld bei den Hahnenkämpfen zu verwetten. Die Zucht von Kampfhähnen ist ein einträgliches Geschäft für die Familien und wenn man über die Insel fährt, kann man überall am Straßenrand die schönen Korbflechtereien sehen, unter denen die Hähne heranwachsen. Würden wir ihnen in diesem Fall mit Argumenten von Tierschutz und Tierquälerei kommen, stieße das auf völliges Unverständnis!
Der höchste Feiertag in Bali ist Galungan, in der Bedeutung am ehesten mit unserem Weihnachtsfest zu vergleichen.
Die Balinesen glauben, dass an diesem Tag ihre Ahnen zurückkehren in die Familien und dann bis Kuningan (ca. drei Wochen später) mit ihnen wohnen. Für die Ahnen werden dann Tempel, Häuser und Straßen festlich geschmückt und viele Zeremonien mit Unmengen von Opfergaben werden in dieser Zeit abgehalten – ein echter Stress für eine balinesische Hausfrau!
Überhaupt ist der Totenkult in Bali extrem ausgeprägt! Wenn jemand stirbt, benötigen die Götter den Verstorbenen eben nötiger, als seine Familie. Hat er dann genug Dienste für die Götter geleistet, kommt er irgendwann zurück und wird wiedergeboren. Damit das möglich ist, muss die Seele des Toten bei der rituellen Feuerbestattung vom Körper getrennt werden. Geht dabei etwas schief, muss die Seele ewig auf Erden herumirren und kann nicht wiedergeboren werden – für Balinesen eine entsetzliche Vorstellung!
Dieser Glaube führte dazu, dass die Totenzeremonien ungeheuer aufwändig sind!
Damit Familien sich dabei nicht übermäßig verschulden, halten Dörfer hin und wieder „Sammelkremationen“ ab. Dazu werden die Toten bis zu fünf Jahre lang „vorläufig“ auf dem Friedhof beigesetzt. Ist der Tag der offiziellen Bestattung dann gekommen, wird ihre Seele geweckt. Dazu werden sie ausgegraben, von ihrer Familie neu eingekleidet, gesegnet und dann mit vielen Opfergaben ausgestattet in ihren Sarg gelegt. Für jeden Sarg wurde eigens ein riesiger Stier (bzw. für Frauen eine Kuh) aus Pappmaché als Sarkophag angefertigt. Diese Sarkophage werden feierlich zum Tempel getragen und dort rituell verbrannt. Niemand trauert dabei, es ist ein riesiges, fröhliches Fest mit Lachen und Tanzen, bei dem das gesamte Dorf auf den Beinen ist. Jeder versucht schon zu Lebzeiten, sich mit der Dorfgemeinschaft gut zu stellen – denn auf deren Wohlwollen ist er bei seiner Bestattung angewiesen!
Zeremonien wie diese bestimmen oft das Straßenbild Balis. Wenn eine prächtige Zeremonie-Prozession mit lauter Gamelan-Musik, unzähligen Opfergaben und gefühlt dem ganzen Dorf festlich gewandet im Schlepptau durch die Hauptstraße zieht – liegt der Verkehr brach. Autos und Motorroller müssen warten. Das sollte man unbedingt einkalkulieren, wenn man z.B. eine eilige Fahrt vom Norden der Insel zum Flughafen plant.
Balinesen leben in engster Verbindung mit der Natur, die ihnen überall Botschaften der Geister übermitteln kann.
Laut ihrem Glauben leben Geister in den Bäumen, in Felsformationen oder Wolkengebilden – einfach schlichtweg überall! Und diese Geister können natürlich sowohl gut als auch böse sein. Deshalb stehen vor den Hauseingängen Wächter mit grimmigem Aussehen, um die bösen Geister zu vertreiben. Was den Balinesen heilig ist, das umschlingen sie mit einem Sarong und ehren es mit einem Schirmchen. Um alte Bäume, Haustempel oder heilige Figuren werden z.B. schwarz-weiß karierte Sarongs geschlungen, was einem in Bali nahezu überall begegnet. Dieses Muster symbolisiert die Welt der Götter und Dämonen. Die bei diesem Webmuster entstehenden grauen Flächen stehen für den Menschen, der beide Anteile in sich in Balance halten muss.
Sitz der Götter Balis ist nach balinesischem Glauben der höchste Berg der Insel – der majestätische Vulkan Gunung Agung. Als er in den 60er Jahren ausbrach, kamen fast 1.600 Menschen dabei ums Leben. Keine Frage, dass den Göttern der Vulkane höchste Ehrerbietung dargebracht wird!
So war es auch, als der Gunung Agung im September 2017 neu erwachte. Ich durfte miterleben, wie die Höchstwarnstufe ausgerufen wurde und eine groß angelegte Evakuierung der Bevölkerung rund um den Vulkan einsetzte. Mit allen Habseligkeiten von Kühlschrank bis Federvieh traten sie den Weg ins Exil an. Notunterkünfte, Lebensmittel und Decken wurden von der Regierung bereitgestellt für diejenigen, die nicht bei Verwandten außerhalb der Sperrzone unterkommen konnten.
Teilweise 50-60 Personen wurden mit beispielloser Selbstverständlichkeit in den Familien des Dorfes aufgenommen und lebten wochenlang auf engstem Raum zusammen. Alle fürchteten einen erneuten Ausbruch, die Alten erinnerten sich noch gut an das letzte Mal – mit Entsetzen im Blick. Wir wussten zwar, dass wir hier in unserem Dorf Sambirenteng in sicherer Entfernung zum Gunung Agung waren und uns keine Lebensgefahr drohte. Aber wir fürchteten uns sehr wohl vor dem drohenden Ascheregen, der je nach Dauer die gesamte Vegetation hätte vernichten können – wie das 1963 der Fall war.
Allein – der Gunung Agung blieb friedlich. Er produzierte zwar furchterregende Wolken aus Wasserdampf und Asche – diese zogen jedoch in den Süden, wir hier im Norden haben nicht ein Stäubchen davon ab bekommen. Bei uns merkte man, von den Flüchtlingen einmal abgesehen, vom Ausbruch des Gunung Agung – garnichts!
Einmal bildeten die Ascheformationen das Haupt eines grimmigen Löwen ab, der in den Süden blickte – schaurig rot beleuchtet am Abend von der glühenden Lava im Vulkankrater. Ein anderes Mal konnte man in den Aschewolken die Umrisse eines Mannes erkennen. Für die Balinesen war vollkommen klar, dass das der Geist des Berges sein musste. Er war zornig und es galt, ihn zu besänftigen – was in unzähligen Zeremonien natürlich auch geschah. Und offenbar sogar zum Erfolg führte, denn der Gunung Agung legte sich nach diesen „Drohgebärden“ schlafen und machte bisher keine Anstalten mehr, erneut zu erwachen.
Ich begann damit, diesen Vulkan regelrecht zu lieben!
Erstens sieht er wirklich bildschön, gewaltig und majestätisch aus – mit und ohne Aschewolken, weithin sichtbar von vielen Punkten der Insel aus. Zweitens kam mir sofort der Gedanke, dass der Berg seine Insel zu beschützen suchte und nicht nach Vernichtung strebte. Und drittens hatten wir in dieser Zeit unglaubliche Erlebnisse! Es schien, als ob parallel zu dem Vulkan, der das innerste der Erde nach oben ans Licht brachte, auch die innersten Tiefen in Menschen sichtbar wurden.
Obwohl NICHTS in unserem Resort von den Geschehnissen um den Gunung Agung wahrnehmbar war, obwohl jedem bewusst war, dass uns keine unmittelbare Gefahr drohte und wohlüberlegte Vorsorge für den Ernstfall getroffen war – reisten manche, allein aufgrund der Berichterstattung in Europa, Hals über Kopf ab.
Erstaunlicherweise gerade diejenigen, die spirituell einen langen Entwicklungsweg hinter sich zu haben schienen. Obwohl niemand zu diesem Zeitpunkt sagen konnte, wie die Entwicklung des Vulkanausbruchs weiter gehen würde, sind ganze Gruppen mit spiritueller Ausrichtung gar nicht erst angereist.
Andere wiederum, laut eigener Aussage „mit spirituell nichts am Hut“, freuten sich ob der spannenden Zeit, die sie gerade miterleben durften und signalisierten im Bedarfsfall ihre Mithilfe.
Der Vulkan trennte die Spreu vom Weizen:
Wo „spirituell“ drauf steht, ist nicht unbedingt auch immer „spirituell“ drin!
Andere Beiträge von Antje Nagula
Bali hat bewusste Touristen verdient!
Menschen, die sich für die Bewohner dieser Insel und ihrer besonderen Kultur interessieren und Zeit nehmen – statt per Auto von einer Sehenswürdigkeit zur anderen zu hetzen um „mitzunehmen was geht“ oder gar in kolonialherrlicher Manier die Balinesen und ihre Kultur abzuwerten. Und Menschen, die sich berühren lassen von der Schönheit und dem Zauber Balis – statt auf die Erfüllung von Luxusansprüchen zu pochen, die sie nicht einmal zuhause stellen würden.
Sich selbst lebendig spüren als Teil dieses Paradieses, die Kraft der Naturgewalten erkennen und respektieren, Ehrfurcht vor der Erde und ihrer Kraft wieder zu lernen, im Hier und Jetzt zu leben und die Balance in sich selbst zu finden, die Verbindung mit dem eigenen Körper wieder her zu stellen und ihn als Tempel der Seele zu ehren, wohlwollende Wärme und zufriedene Freundlichkeit von Menschen erleben, die wesentlich weniger Besitz ihr eigen nennen, als der Durchschnittseuropäer, wie tief empfundener Glaube ohne Scheu im Außen sichtbar werden kann, wie einfach und ausgeglichen sich ein Leben in spiritueller Ausrichtung gestaltet – DAS sind ungemein wertvolle Dinge, die man beim Besuch dieses Inselparadieses erfahren, aber in keinem Reisekatalog buchen kann!
Doch nur wer seinem Herzen folgt, wird solche Kostbarkeiten und noch viel mehr in Bali für sich finden. Wer Bali hingegen noch immer für eine „zugemüllte Insel voller Gefahren wie Vulkanausbrüche und Erdbeben“ hält – für den ist die Zeit vielleicht einfach noch nicht gekommen, um die wahren Schätze dieser Insel für sich zu heben. (Fortsetzung folgt!)
Teil 3 finden Sie ab 04.11.2018 hier auf Spirit online.
20.10.2018
Antje Nagula
Antje Nagula studierte Gesang und Darstellende Kunst mit Diplom und ist Produzentin eigener, spiritueller Musik in ihrem Label „AbwUnMusic“. Sie ist international zertifizierte Nada Yoga Lehrerin, seit 15 Jahren Tontherapeutin nach Sri Vemu Mukunda und Mitglied der „Gesellschaft für Sonologie nach dem Nada Brahma System e.V.“. Im Rahmen der „Nada Yoga Academy“ erforscht sie das Wissen um die Eigentönigkeit des Menschen. Für ihre Arbeit wurde sie 2014 mit dem „Mind Award“, einem Preis für Bildung und Neues Bewusstsein ausgezeichnet. Sie führt selbst Grundtonbestimmungen durch und gibt ihr Wissen im Rahmen von Seminaren und Einzelsitzungen zum Thema „Nada Yoga“ weiter.
“… Noch während ihres Examens fand ihre Karriere als Opernsängerin jedoch krankheitsbedingt ein jähes Ende.
Sie widmete sich fortan intensiv der Meditation und den Studien des spirituellen Wissens der Musiktradition der großen Weltreligionen. So kam sie in Kontakt mit spiritueller Musik, was ihr nach langer Zeit einen neuen Zugang zu Musik und der faszinierenden Wirkung ihrer Stimme auf Menschen eröffnete. …”
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