Hochzeitsnacht Mythos der Vergangenheit

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Hochzeitsnacht Mythos der Vergangenheit

Hochzeit – der schönste Tag im Leben? Diese Woche geht es um das was in der Fantasie der meisten Mädchen und vieler Jungs, der schönste Tag unseres Lebens ist. Es geht um die Hochzeit.

Die Hochzeit stellt in gewisser Weise den Endpunkt der Pubertät dar. Jetzt bist Du eine erwachsene Frau. Das ist jener Mann, den Du so großartig findest, der Dich erwählt hat, der Prinz mit dem weißen Pferd, der Dich aus Deinem Elternhaus abholt, vielleicht sogar entführt, um mit Dir zusammen ein großartiges, erwachsenes und auch sexuelles Leben zu führen.

Die Hochzeit ist der Tag an dem das Mädchen stirbt und als Frau häufig sogar mit einem neuen Namen aufersteht. Die Hochzeit ist auch der Tag, wo der Mann aus der Gruppe der Junggesellen als Ehemann und Vater entlassen wird. Häufig ist das auch der Tag, an dem zum Beispiel der junge Bauer die Verantwortung aber auch die Macht auf dem Hof übernimmt und die Eltern aufs Altenteil gehen.

Eine neue Generation beginnt und hat nunmehr die Möglichkeit ihre Welt zu gestalten.

Das Mädchen wird zur Frau, der Knabe zum Mann. Da fast allen Menschen auf irgendeiner Ebene bewusst ist, dass die Vereinigung von Mann und Frau in der Hochzeit einer der mächtigsten Wandlungsschwellen überhaupt ist, erscheint es verständlich, dass alle Kulturen über die Jahrtausende versucht haben, dieses Phänomen in Ritualen zu kanalisieren und damit zu beherrschen.

In der Symbolik der Archetypen bedeutet die Hochzeit jenen Prozess, bei dem sowohl der Mann als auch die Frau ihre Identität opfern, in gewisser Weise gemeinsam einzeln sterben, um dann als fruchtbares Paar wiedergeboren werden. Es ist jedoch in vielen Kulturen gar nicht das Ziel, Menschen auf einer persönlichen Ebene aneinander zu binden.

Die Rolle der Intimität in Paarbeziehungen hat in den letzten 100 bis 150 Jahren wesentliche Wandlungen durchgemacht. Während früher – indes vielen Kulturen heute noch – die persönliche Identität einem traditionellen Diktat unterworfen war, lernten immer mehr Menschen gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunächst vor allem den Blick nach innen.

Die Hochzeitsnacht – Mythos der Vergangenheit?

In diesen Zusammenhang gehört natürlich auch die legendäre Hochzeitsnacht, die bis heute in manchen Kulturen durch das blutige Laken der Defloration in der Gemeinde gefeiert wird. Dieser Zusammenhang zwischen Hochzeit und Sexualität gehört in unserer Kultur weitestgehend der Vergangenheit an.

Wie kommt es denn, dass in der heutigen Zeit die überwältigende Anzahl der Ehen geschieden werden, oft schon primär mangels menschlicher Reife der Eheleute, aber auch mangels gesellschaftlichen Rückhaltes zum Scheitern verurteilt sind?

Ein wichtiger Faktor hierfür ist natürlich der Wegfall der früher gnadenlosen sozialen Kontrolle in unserer Kultur. In anderen Kulturen wird diese durchaus bis heute rigoros gehandhabt und der Ehebrecher, vor allem die Ehebrecherin wird mit dem Tode bedroht. Ein anderer wichtiger Faktor ist natürlich, dass im Rahmen der Gleichberechtigung anders als früher, die Frauen wirtschaftlich in aller Regel weitgehend unabhängig sind, eine Ehe also nicht mehr um jeden Preis ertragen müssen.

Die Scheidungsstatistiken und auch die Singlebewegung lassen uns ahnen, dass heute viele Menschen wichtige Schritte der Initiation nicht durchlaufen haben.
Ein anderer wesentlicher Faktor, den wir auch in unserem Buch Lebensschwellen ausführlich schildern, ergibt sich daraus, dass sich aufgrund des lebenslangen Reifungsprozesses von Männern und Frauen auch die Bedeutung der Hochzeit im Laufe des Lebens immer wieder heftig verändert. Sehr unterhaltsam ist das in dem Film, Vier Hochzeiten und ein Todesfall, dargestellt.

Heirat als Flucht vor dem Leben.

Um ein paar Beispiele zu nennen: Manche heiraten viel zu früh, um ihrem Elternhaus zu entkommen. Später lassen sie sich dann scheiden, um ihrer Ehe zu entkommen. So heiraten sie wiederum der Einsamkeit zu entkommen. In gewisser Weise sind die zugehörigen Partner in ihrer persönlichen Wahrheit fast vollständig nebensächlich. Hauptsache einigermaßen gut aussehen mit ordentlichem Einkommen, usw.

Ein häufiger Grund zu heiraten besteht auch darin, dass wir uns verlieben, also eine Illusion vom anderen mit dessen Wahrheit verwechseln und viele scheitern daran, dass die Konsequenz jeder Verliebtheit darin besteht, dass man den anderen grausamer Weise tatsächlich kennenlernt. Man könnte also sagen viele Hochzeiten in unreifen Jahren dienen nur uns selbst.

Die Fähigkeit den anderen als von uns getrenntes anderes Lebewesen wirklich zu erkennen

und dann dieses Wesen aus vollen Herzen bedingungslos zu lieben ist in den meisten Leben erst späteren Jahren vorbehalten. Es ist oft sehr ergreifend zu sehen, wenn ein Partner nach Jahrzehnten überrascht, oft begeistert feststellt, dass er, obwohl er schon so vieles begriffen haben zu glaubt, eine neue und wesentliche Dimension in der Person des anderen erkennt. In diesen Momenten wird deutlich, wie sinnvoll und wesentlich lange Ehen sind.

Manche Erkenntnisse müssen in Jahrzehnten reifen. Das war aber das, was ursprünglich gemeint war mit dem Bibelsatz: Ich erkenne Dich als meinen Mann, ich erkenne Dich als meine Frau. Erst dann ist Hochzeit im tiefsten Sinne als Vereinigung möglich.

Für Dich, liebe Leserin, lieber Leser, ergibt sich hier wieder die Möglichkeit, einen Blick auf Dein eigenes Leben zu werfen. Du hast gesehen, wie die verschiedenen Linien Deines Lebens verliefen, als Du geheiratet hast. Du hast vielleicht eine Vision dafür entwickelt, wo Dein Leben einst stand, als Du geheiratet hast. Wenn Du schon mehrfach geheiratet hast, ist es auch sehr spannend, einmal zu schauen, ob es immer die gleichen Konstellationen waren, die Dich zu solch einem Schritt geführt haben, oder ob Deine aktuelle Liebe vielleicht eine ganz neue, tiefe Schicht in Dir zum Klingen gebracht hat.

29.12.2019
Wolfgang Krahé
Heinz-Jürgen Weigt
Mehr unter: www.bridge-into-life.de

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Über die Autoren:

Heinz-Jürgen WeigtHeinz-Juergen-Weigt-kamphausen-lebensschwellen

Dipl.-Ing. Heinz-Jürgen Weigt war nach seinem Studium der Ingenieurswissenschaften in verschiedenen Aufgaben im Management tätig. Als Führungskraft war es ihm schon früh ein Anliegen ökonomische und humanitäre Interessen ins Gleichgewicht zu bringen. In seinem heutigen Tätigkeitsbereich bei Bridge into life, als Coach, Trainer und Unternehmensberater ist seine Leitmotivation: Führung ist eine Sonderform von Begegnung.

Wolfgang KrahéWolfgang-Krahe-kamphausen-lebensschwellen

Dr. med., Dipl.-Psych. Wolfgang Krahé ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, sowie Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Gemeinsam mit seiner Frau Katja betreibt er eine psychiatrisch, psychotherapeutische Praxis. Gemeinsam mit Heinz-Jürgen Weigt erarbeitete er die Organisationpsychotherapie, und gemeinsam betreiben sie Bridge into life PartG, ein interdisziplinäres Beratungsunternehmen.

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