Neurowissenschaftler berichtet über Nahtod

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Neurowissenschaftler berichtet über Nahtod – Blick in die Ewigkeit

Neurowissenschaftler Wissenschaftler Dr. med. Eben Alexander lag sieben Tage im Koma und war partiell hirntot. Sein Buch »Blick in die Ewigkeit. Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen« ist ein zugleich nüchternes wie auch inspiriertes Zeugnis einer außerkörperlichen Erfahrung von himmlischen Welten und einer Begegnung mit Gott.
Alexander ist ein geschulter renommierter Wissenschaftler und seine Beschreibungen sind nicht von spirituellen Konzepten vorbelastet.

Das macht seinen Bericht zu einer gelungenen Synthese von Wissenschaft und Spiritualität.AufeinenBlick
Dieses Buch ist der sehr persönliche und authentische Bericht der Nahtoderfahrung des Neurowissenschaftlers Eben Alexander.

Er lag sieben Tage lang wegen einer schweren Meningitis im Koma.

Bakterielle Meningitis, auch als Hirnhautentzündung bekannt, ist ein bakterieller Befall der Gehirnoberfläche. Die Bakterien dringen als erstes in die Hirnrinde ein. Dies hat zur Folge, dass der Neocortex des Betroffenen seine Funktion einstellt. Obwohl der Neocortex, in dem das Denken und die bewusste Wahrnehmung verarbeitet werden, vollständig ausgeschaltet war, hat Dr. Eben Alexander komplexe und bewusste Erinnerungen an Erfahrungen, die er in einer Art außerkörperlichem Zustand erlebte:

eine Art wunderschöne, fast paradiesisches Erlebnis einer verkörperten Welt,
sowie eine Begegnung mit einem göttlichen Wesen.

Diese Publikation ist vor einigen Jahren auf Deutsch erschienen  (Juni-Juli 2013) und war auf der Spiegel-Bestsellerliste. Das ist sicher nicht zuletzt der außergewöhnlichen Kombination von Wissenschaft und Spiritualität zu verdanken.
Das Außergewöhnliche am Fall von Eben Alexander besteht darin, dass er seine extrem schwere Hirnerkrankung gesund überstanden hat – die Sterblichkeitsrate liegt bei 97% und die Überlebenden bleiben in der Regel geistig und körperlich behindert – und dass er außerdem ein hoch qualifizierter und renommierter Neurochirurg ist, der alle medizinischen Befunde verstehen und auswerten kann.

Folglich ist sein Bericht sehr detailliert und kompetent.

Er gibt auch der Frage immer wieder Raum, inwieweit es sich bei seinen Erlebnissen in den geistigen Welten um halluzinatorische Produkte seines traumatisierten Gehirns handeln könnte und diskutiert dies auf dem Hintergrund der neurowissenschaftlichen Erkenntnisse.

Vom wissenschaftlichen Erkenntnisstand aus gesehen, sind seine Erlebnisse physiologisch nicht erklärbar. Seine spirituellen Erfahrungen sind für ihn überwältigend und er erlebte sie als äußerst real, komplex und klar.

Er kann sich auch nach dem Wiedererwachen aus dem Koma klar an die Erlebnisse erinnern und die Wochen und Monate nach dem Erlebnis sind für ihn von einer tiefen inneren Glückseligkeit und einem ganz anderen Blick auf das Leben, Tod und Dasein gekennzeichnet.

Aus den spirituellen Traditionen kennt man diese Folgeerscheinungen und versteht sie als Beweis für eine tatsächliche Erleuchtungserfahrung. Aus der indischen Spiritualität ist der »nirvikalpa samadhi« bekannt, bei dem der Aspirant sein Bewusstsein im irdischen Wachzustand komplett verliert und mitunter für tot gehalten wird. Wenn er jedoch aus dem samadhi zurückkehrt, befindet er sich wochen- und monatelang im Zustand von innerem Frieden, Wissen und Glückseligkeit (satcitananda).

Eben berichtet von verschiedenen Zuständen seines Bewusstseins während des Komas.

Im ersten Zustand befand er sich in einer Art Schlamm mit einem sehr bedeckten Bewusstsein. Im folgenden Zustand fand er sich in einer wunderschönen Landschaft wieder. Schließlich gelangte er ins »Zentrum«, wo er Gott begegnete. Die Beschreibungen sind sensationell und decken sich weitestgehend mit den Beschreibungen aus den vedischen Schriften. Aber man merkt eindeutig, dass er diese Erfahrungen selbst gemacht hat. Sie sind nicht etwa angelesen.

Er betont, dass er ein ganz normaler materialistischer Wissenschaftler war, der nicht an Esoterik glaubte und sich damit auch nie beschäftigt hatte. Insofern war er vor seiner Nahtoderfahrung von spirituellen Glaubenssystemen nicht beeinflusst.
Er wollte kurz nach seiner Genesung anfangen, die einschlägige Literatur zu studieren, motiviert von dem Wunsch, seine eigenen Erlebnisse besser zu verstehen.

Aber sein großer Sohn, selbst Neurochirurg, riet ihm davon ab, um seine Erlebnisse nicht bereits durch Interpretationen überlagern zu lassen. Das Spezielle an diesem Bericht ist deshalb die Herangehensweise, die gleichzeitig wissenschaftlich und spirituell ist. Wissenschaftlich bedeutet, dass er empirisch und ohne Interpretationsrahmen an die reinen Fakten herangeht.

Spirituell bedeutet, dass er die Existenz von Bewusstsein, Seele, Gott, Wahrheit und nicht-materiellen Welten erfährt und akzeptiert. Da er ein bekannter Neurochirurg ist, wurde die Diagnose und Behandlung seiner Krankheit von den qualifiziertesten seiner Kollegen durchgeführt und dokumentiert. Es besteht kein Zweifel, dass seine höheren Gehirnregionen ausgeschaltet waren. Dennoch hat er bewusste Erinnerungen an sein siebentägiges Koma.

Seine außerkörperlichen Erinnerungen

Eben berichtet, dass er sich zunächst in einer Art schlammigen Umgebung befand. Er nennt es die

»Regenwurmperspektive« (S. 48)

»Mein Bewusstsein war keineswegs getrübt oder verzerrt, als ich dort war. Es war nur eingeschränkt(48)

Während die späteren Erfahrungen der spirituellen Welten von Licht, Freude und Klarheit gekennzeichnet waren, ist die Schlammperspektive von Dunkelheit, Furcht und Trübheit bestimmt.

Sein Austritt aus dem körperlichen Zustand seiner irdischen Existenz beginnt mit diesem kalten und nassen Schlamm, in dem amorphe Gestalten auftraten. Er spricht von einem pochenden, monotonen Geräusch und von dem Geruch von Kot, Blut und Erbrochenem. Er empfindet sich selbst als nicht zugehörig und will dort heraus. In dem Moment taucht ein Wesen aus einer anderen Sphäre auf, das so schön und strahlend ist, dass er es nicht beschreiben kann.

Er hört einen lebendigen Klang, so schön, wie er noch nie einen gehört hat, und sieht Lichtfäden wie Gold. Dann wird er durch eine Öffnung nach oben gesaugt und findet sich in einer anderen Welt wieder, einer grünen, üppigen Landschaft. Er versucht immer wieder zu beschreiben, wie schön dieser Anblick ist, aber die schönsten Worte sind nur ein hilfloser Versuch, diese wunderbare himmlische Sphäre zu beschreiben.

Dann trifft er ein Wesen, ein junge Frau. Er erfährt eine Liebe, die über alles hinausgeht, was es auf der Erde gibt:

»Es war ein Blick, der irgendwie über alles hinausging … über all die verschiedenen Arten von Liebe, die wir hier auf der Erde kennen. Es war etwas Höheres, das all die anderen Arten von Liebe in sich trug und gleichzeitig echter und reiner war als sie alle zusammen.«(62)

Schließlich bewegt er sich noch höher, über den Wolken.

Dort sah er kugelartige Kreaturen, die einen gewaltigen Freudengesang hervorbrachten.
Immer wieder spricht er davon, wie real und greifbar alles wirkt.

»Sehen und Hören waren nicht voneinander getrennt an diesem Ort, an dem ich mich nun aufhielt. Ich konnte die sichtbare Schönheit der silbrigen Körper jener funkelnden Wesen über mir hören und die wogende, freudvolle Vollkommenheit dessen, was sie sangen, sehen.« (70)

»Jedesmal, wenn ich in der Stille eine Frage aufwarf, kam die Antwort sofort, und zwar in Form einer Explosion aus Licht, Farbe, Liebe und Schönheit, die wie ein hohe Welle durch mich hindurchfegte(71)

»Diese Gedanken waren massiv und unmittelbar – heißer als Feuer und nasser als Wasser –, und während ich sie empfing, war ich auf der Stelle und ohne jede Anstrengung in der Lage, Konzepte zu begreifen, für deren Verständnis ich in meinem irdischen Leben Jahre gebraucht hätte.« (71)

Die Eigenschaften Gottes

Am Ende begegnet Eben  auch Gott.

»Ich bewegte mich noch weiter und ging alsbald in eine gewaltige Leere ein – vollkommen dunkel, unermesslich, aber auch unendlich tröstlich. Sie war rabenschwarz, floss aber gleichzeitig über vor Licht – einem Licht, das aus einer strahlenden Kugel zu kommen schien, die ich jetzt direkt neben mir spürte. Diese Kugel lebte und war fast materiell, wie die Lieder der Engelwesen es gewesen waren. (…) Dieses Wesen war so nah, dass es überhaupt keine Distanz mehr zwischen Gott und mir selbst gab. Aber gleichzeitig konnte ich die unendliche Weite des Schöpfers spüren, konnte sehen, wie winzig klein ich im Vergleich zu ihm war. Ich werde Gott gelegentlich Om nennen, weil ich diese Bezeichnung für ihn ursprünglich in meinen Aufzeichnungen nach dem Koma benutzt habe. »Om« war der Klang, den ich im Zusammenhang mit dem allwissenden, allmächtigen und bedingungslos liebenden Gott gehört hatte, aber jede Beschreibung von ihm greift zu kurz.« (71f.)

Besonders bedeutsam scheint mir die Beschreibung Gottes als

»eine tiefschwarze Dunkelheit, die zugleich übervoll von Licht war«(72)

zu sein. Es ist erstaunlich, dass in Indien Gott ebenso beschrieben wird. Krishna leuchtet nach Aussage der Veden in einem schwarzen Licht, und es wird gelegentlich mit der Farbe einer Monsunwolke kurz vor einem Gewitter verglichen. Krishna wird in der Ikonografie entweder schwarz oder lila-blau dargestellt, was natürlich begrenzte Nachbildungen mit materiellen Mitteln sind.

Es macht Sinn, dass eine göttliche Wesenheit gleichzeitig dunkel und lichtvoll ist, denn simple Schwarzweiß-Muster im Sinne eines dualistischen Verständnisses greifen hier sicherlich zu kurz. Das göttliche Wesen in Alexanders Erlebnis ist jedoch nicht amorph und eigenschaftslos oder unwahrnehmbar. Stattdessen sind die Eigenschaften paradox und übersteigen irdische Begrenzungen. Er konnte das gesamte Universum wie einen gigantischen Mutterleib wahrnehmen. Er kommunizierte weiterhin mit Gott und nimmt ihn als »persönlich« wahr.

»Es verstand die Menschen und verfügte über Eigenschaften, die wir auch haben, nur in einem unendlich größeren Ausmaß.
Es kannte mich in- und auswendig und sprudelte über vor Eigenschaften, die ich mein ganzes Leben lang mit menschlichen Wesen – und nur mit menschlichen Wesen – in Verbindung gebracht hatte:
Wärme, Mitgefühl, Pathos … ja, sogar Humor und Ironie
(73)

Bei seinen Beschreibungen wird deutlich, dass er kein vorgefasstes Konzept von Gott hat. Er nennt Gott Om, und spricht hier von »es«. Er beschreibt Sinneswahrnehmungen – Dunkelheit, Licht, eine Stimme – und Gefühle und Eigenschaften dieses Wesens. Es ist ein Wesen. Am Ende des Buches wird er schreiben, dass er sich wie eins mit ihm fühlte, aber dennoch nicht eins mit ihm war.

Dass es für ihn in dieser Sphäre noch Wahrnehmung und eine persönliche Erfahrung gibt, halte ich für sehr bedeutend. Dies zeigt, dass sowohl bei ihm im körperlosen Zustand als auch auf der Seite Gottes eine persönliche Struktur existiert, eine Art Individualität. Eben hat keine Gestalt Gottes gesehen, sondern nur dieses Licht.

Es wird jedoch in der Sri Isopanishad, einer wichtigen Schrift der Veden, beschrieben, dass Gott von dieser gleißenden Ausstrahlung von Licht umgeben ist und es nur wenigen Lebewesen möglich ist, die Gestalt hinter dem Licht zu sehen. Wie viel man von Gott erfahren und wahrnehmen kann, hängt von dem Grad der Reinheit der Sinne und des Bewusstseins ab.

Irdisches und himmlisches Dasein

Als er aus dem körperlichen Zustand ausstieg, war sein Bewusstsein noch voll mit den irdischen Bedingtheiten identifiziert. Deshalb fand er sich zunächst in einer Art Schlamm (»schmutzige Götterspeise«) wieder, der wohl wenig mit Licht zu tun hatte. Auch später, kurz vor seiner Rückkehr aus der geistigen Welt, erkennt er die Ähnlichkeit der irdischen Sphäre mit dieser schlammigen Sphäre, auch wenn diese nicht identisch sind.

Aus der spirituellen Perspektive der Krishna-Bhakti konnte ich auch schon oft diesen bedeckten und trägen Zustand der materiellen Welt, die Primitivität unserer stofflichen Körper und das unselige Dasein in diesem »Sumpf« wahrnehmen – obwohl es mir aus einer leicht anderen Perspektive ebenso möglich ist, die Schönheit und Freude des irdischen Daseins zu spüren und sehen.

Es ist möglich, das irdische Leben als etwas Schönes und Freudvolles zu sehen, aber genauso wahr ist es, dass aus einer göttlichen Perspektive die irdischen Freuden schal und erbärmlich sind. In den Veden wird der Vergleich gegeben: die irdischen Freuden verhalten sich zu der spirituellen Glückseligkeit wie das Wasser im Hufabdruck eines Kalbes im Vergleich zum Ozean. Genau diese gigantische Erfahrung hat Alexander gemacht. Alle Maßstäbe verschieben sich. Dennoch kam er wieder aus dieser Welt zurück. Warum? Weil sein kleiner, 10jähriger Sohn ihn rief und ihn brauchte.

Wir haben uns für diese Existenz in der materiellen Welt entschieden und unterliegen nun den Gesetzen der materiellen Natur, den Widerständen, den Bedingtheiten, den Anhaftungen. Es ist ungeheuer schwer, sich von dieser Anhaftung zu lösen, selbst wenn man schon die höheren Welten erfahren hat.

Das unsterbliche Bewusstsein wird immer wieder bedeckt und man beginnt, sich mit dem, was ist, zu identifizieren.

Das Bewusstsein ist in der Lage, sich mit der Lebensweise eines Regenwurms zu identifizieren und das als eine angenehme und erstrebenswerte Existenzform zu empfinden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass dem wirklich so ist.

Die absolute Erfahrung ist die Erfahrung Gottes. Das ist der ultimative Referenzpunkt, von dem aus sich alles andere offenbart – wie Perlen auf einer Schnur.

Diese Erfahrung beinhaltet, so schmerzlich das mitunter ist, eine Wertung. Die Dunkelheit der Regenwurmperspektive wird durch das göttliche Licht erkennbar. Die Trägheit und Trübheit der Unterwelt wird erst durch die Lebendigkeit und Klarheit der himmlischen Sphären evident.

Alexander steigt durch eine Zwischenwelt in dieses »Zentrum« auf und nennt es u.a. »ultra-real«. Er nimmt immer mehr von Gott wahr und kommt ihm ziemlich nah. Immer bleibt eine personale Komponente erhalten, die sich in menschlichen Eigenschaften zeigt. Tatsächlich wäre es wohl angemessener zu sagen, wir Menschen haben göttliche Eigenschaften, als zu sagen, Gott habe menschliche Eigenschaften. Aber beides stimmt natürlich.

Spirituell gedeutet heißt das meines Erachtens, dass Gott eine Person ist.

Wir sind als spirituelle Wesen ebenfalls Personen. Die Eigenschaften und Qualitäten, die wir als irdisch Inkarnierte haben,

wie Aussehen, Klang, Geruch, Körperempfindungen, haben wir nur, weil es diese auch in der spirituellen Sphäre gibt.

Dort allerdings in ihrer spirituellen Form. Wie Eben es beschreibt: herrliche Gesänge, Düfte, wunderschöne Wesen, durchdringende Liebe, unmittelbare Erkenntnis, funkelnde Körper, massive Gedanken, ekstatische Gefühle.

Die spirituelle Sphäre ist das Original, die irdische Sphäre ist die Kopie,

die in ihrer Qualität deutlich gemindert ist. Dass die irdische Welt irgendwie unvollkommen oder gar im Vergleich zur spirituellen Welt weniger gut sein könnte, hören manche vielleicht nicht gerne, aber in unserer ursprünglichen Heimat, bei Gott, sind wir jederzeit willkommen. ErSieEs möchte unsere Hand halten. Wir sind geliebt.

Alexander kehrt schließlich aus der Welt des göttlichen Zentrums zurück. Er sieht wieder die Zwischenwelt. Dann wandelt sich die herrliche Musik wieder in das Pochen der Regenwurmperspektive. Die Düsternis und die fratzenhaften Gesichter tauchen wieder auf. Aber diesmal hat er keine Angst. Er versteht, dass er nicht mehr ein Teil dieses Ortes ist, sondern ihm nur einen Besuch abstattet. Mit der Zeit gelingt es ihm, immer wieder die Ebenen zu wechseln.

Emotionale Wahrheit und wissenschaftliche Evidenz

Das Wichtigste, was Alexander in dieser Erfahrung lernt, ist die Liebe (104). Er bemüht sich nach Kräften, seine Überzeugung zu vermitteln, dass dies eine echte Erfahrung und keine Illusion war. Was ihm bleibt, ist die Berufung auf die Evidenz der Erfahrung, ihre Klarheit und Offensichtlichkeit. Er ist ein Wissenschaftler, und er scheut sich nicht, seine Erfahrung als wissenschaftlich einzustufen.

»Keine sonderlich wissenschaftliche Einsicht? Nun, hier bitte ich zu unterscheiden. Ich war an diesem Ort, ich bin von dort zurückgekehrt, und nichts könnte mich davon überzeugen, dass dies nicht nur die wichtigste emotionale Wahrheit im Universum ist, sondern auch die wichtigste wissenschaftliche Wahrheit.« (104)

Sehr bedeutend finde ich hier auch die Assoziation von Emotion und Wahrheit. Tatsächlich ist die spirituelle Erfahrung eine gefühlte Erfahrung. Eben erkennt dies nicht bewusst und stellt es auch nicht dar, aber ich finde, in seinem Buch wird deutlich, wie elementar die Ebene des Gefühls auch in den spirituellen Sphären wirkt.

Meine These hierzu ist mittlerweile, dass es beim Sein überhaupt nur um das Fühlen geht.

Das Fühlen ist der höchste Sinn unserer Existenz.

Alexanders Erfahrungen sind geprägt von Liebe und von Wissen, aber insbesondere die Gefühle, die er in den niederen und höheren Ebenen hat, prägen sein Erleben – Gefühle von Liebe und Geliebtsein, Zugehörigkeit, Ekstase, Freude, Erstaunen, Begeisterung.

Wir sind fühlende Wesen. Dies wird in der Wissenschaft bis dato nicht berücksichtigt. Die materielle Wissenschaft klammert alle diese Bereiche aus. Aus Alexanders Perspektive liest sich das wie der Filter des physischen Gehirns, das die nicht-physischen Bereiche der Realität mangels geeigneter Rezeptoren nicht wahrnimmt. Unser Blick auf die Dinge ist durch unsere materielle Identifizierung verstellt. Gleichwohl ist seine Situation als Wissenschaftler genial. »Wir müssen mehr von jenem größeren Wissen wieder erlangen, während wir hier auf der Erde leben, also während unsere Hirne voll funktionsfähig sind.« (106) Gerade die Erfassung der spirituellen Erfahrungen im physischen Körper erscheint ihm das Bedeutsame zu sein. Er plädiert für die Verbindung von Wissenschaft und Spiritualität. Dafür, so Alexander, habe er diese Erkenntnisse veröffentlicht.
Ich kann dies nachvollziehen und unterschreiben. Es liegt eine eigene Qualität in der Verbindung der spirituellen Erfahrungen mit den physischen Seinszuständen, und erst dieses Amalgam vermag wohl die Ganzheit des Seins zu umfassen.

Verwirklichungen von Gott

»Die (falsche) Vermutung, wir könnten irgendwie von Gott getrennt sein, ist die Wurzel jeder Form von Angst im Universum, und das Heilmittel gegen diese Angst – das ich teilweise im Übergangsbereich und vollständig im Innern des Zentrums erhielt – war die Gewissheit, dass uns nichts jemals von Gott wegreißen kann.« (111)

»Einer der größten Fehler, die Menschen machen, wenn sie über Gott nachdenken, ist, sich Gott als unpersönliches Wesen vorzustellen. Ja, Gott ist hinter den Zahlen, hinter der Perfektion des Universums, welche die Wissenschaft misst und zu verstehen versucht. Aber – und auch das ist ein Paradox – das Om ist auch »menschlich« – menschlicher sogar als Sie und ich. Das Om hat Verständnis für und Sympathie mit unserer menschlichen Situation, und zwar tief gehender und persönlicher, als wir uns das überhaupt vorstellen können, denn das Om weiß, was wir vergessen haben, und versteht, was für eine schreckliche Bürde es ist, auch nur für einen Moment ohne jede Erinnerung an das Göttliche zu leben(124)

Direkte Gotteserfahrungen gab es und gibt es in der menschlichen Geschichte immer wieder. Ein bekanntes Beispiel sind die Marienerscheinungen, unter anderem die von Fatima. Die drei Kinder, die dort die Begegnung mit Maria hatten, berichten, dass Gott wegen des Leidens der Menschheit weint.

Dies ist ein wunderschönes Bild und zeigt ähnlich wie bei Alexander, dass Gott Gefühle hat. Gott ist es nicht egal, wie es uns Lebewesen geht, und die gleichen Gefühle von Freude und Leid, mit denen wir hier auf der Erde und in unserem menschlichen Dasein zu tun haben, empfindet auch Gott. Alexander spricht hier von der Sympathie und dem Mitgefühl, das er bei Gott spürt.

Alexander sagt deutlich, dass wir niemals von Gott getrennt sind, dass es ein großer Fehler ist, sich Gott als unpersönlich vorzustellen, dass Gott menschlicher und persönlicher ist, als wir es uns vorstellen können. Ich finde diese Erfahrung wunderschön. Auch hier wird die spirituelle Lehre der Krishna-Bhakti bestätigt, derzufolge Gott eine individuelle Person ist, ebenso wie wir als ewige, spirituelle Seelen ewige individuelle Personen sind. Dies wird in der Kata Upanishad gesagt: nityo nityanam cetanas cetananam.

»Wir sind alle ewige Personen und Gott ist die höchste ewige Person.«

Alexanders unmittelbare Erfahrung ist eine ontologische Aussage zur Kategorie Gottes und kann gar nicht überschätzt werden, denn sie hat direkte philosophische Konsequenzen. Sie widerspricht dem Advaita-Ansatz, demgemäß Gott formlos, leer und unpersönlich ist. Ich werde dies im zweiten Teil des Artikels detaillierter diskutieren.

Bewusstseinserweiterungen

»Das heißt, dass ich mit meinem sterblichen, materiellen Gehirn Jahre brauchen werde um das zu verstehen, was ich in den gehirnfreien Reichen der jenseitigen Welt sofort mühelos verstanden habe.« (118)

In den »gehirnfreien« Bereichen – welch ein famoser Ausdruck! Liest man Alexanders Buch, versteht man, dass die wahre Erkenntnis erst jenseits des Hirns anfängt. Erst wenn wir von dieser Drosselklappe befreit sind, können wir die Gesamtheit der Realität ansatzweise wahrnehmen. Nicht falsch verstehen!

Dies bedeutet nicht, dass wir sterben müssen um dieses Wissen zu bekommen. Denn dafür gibt es die spirituellen Wege und das spirituelle Bewusstsein um dies auch innerhalb des physischen Körpers erreichen zu können. Unser spiritueller Anteil, d.h. unser wahres Selbst, ist jederzeit dazu in der Lage, seine materielle Identifizierung zu transzendieren, auch wenn dies nicht einfach ist.

»Wieder einmal ist es eine extreme Herausforderung zu beschreiben, wie sich das anfühlte. Das liegt an dem Engpass der linearen Sprache, durch den wir hier auf der Erde alles zwängen müssen, und an der allgemeinen Verflachung des Erlebens, das sich einstellt, wenn wir uns in einem Körper befinden. Denken Sie an alle Enttäuschungen, die Sie je erlebt haben. In gewissem Sinne sind alle Verluste, die wir hier auf der Erde erfahren, in Wirklichkeit Varianten des einen absolut zentralen Verlustes: des Verlustes des Himmels(143)

Oft versuchen wir, uns und die Welt aus einem Rahmen heraus zu verstehen, der zu begrenzt ist. Der Rahmen, den wir als Referenz nehmen, ist oft die materielle, irdische Existenz. Alexander hingegen hat in seinem Nahtod -Erlebnis höhere Welten kennen gelernt, die er kurz als den »Himmel« bezeichnet.

Dies macht es ihm möglich, seinen Referenzrahmen zu vergrößern und das Leiden der Menschen vor einem anderen Hintergrund zu verstehen. Wie oft stehen wir in unserem Leben vor Enttäuschungen oder einem Scherbenhaufen und können nicht erklären, wie es dazu kam. Die Gotteserfahrung ermöglicht es indes, unser wahres Gefühl und unsere echte Heimat wenigstens für den Moment zu erleben. Dann können wir verstehen, was uns wirklich fehlt und warum wir wirklich enttäuscht sind.

»Mein Bewusstsein, mein wahres Selbst bahnte sich einen Weg zurück in den viel zu engen und einschränkenden Anzug der physischen Existenz mit seinen raum-zeitlichen Grenzen, seinem linearen Denken und seiner Beschränkung auf die verbale Kommunikation – Dinge, die ich bis vor einer Woche für den einzigen Existenzmodus gehalten hatte, die sich jetzt aber als außerordentlich sperrige Einschränkungen erwiesen.« (161)

Hier beschreibt Alexander noch einmal sehr konkret, wie die irdische Existenz mit ihren raum-zeitlichen Begrenzungen das Bewusstsein und damit auch die Selbsterkenntnis einschränkt. Es ist auch im Sinne einer wissenschaftlichen Forschung unabdingbar, diese höheren Bereiche des Bewusstseins zu erfahren. Nur dann kann man die irdischen Phänomene in den vollständigen Bezugsrahmen stellen und das vollständige Bild des Lebens erkennen.

»Während ich im Koma lag, hatte mein Hirn aber nicht nur unzureichend gearbeitet. Es hatte überhaupt nicht gearbeitet. Der Teil meines Gehirns, der, wie ich in den Jahren an der medizinischen Hochschule gelernt hatte, für den inneren Aufbau der Welt verantwortlich war, in der ich lebte und mich bewegte, und dafür, dass ich die Rohdaten, die über meine Sinnesorgane herein kamen, zu einem sinnvollen Universum zusammensetzen konnte, dieser Teil meines Gehirns war am Ende. Dennoch war ich am Leben und bei Bewusstsein, wirklich bei Bewusstsein in einem Universum, das vor allem von Liebe, Bewusstheit und Realität geprägt war. Diese Tatsache war für mich einfach unbestreitbar. Ich wusste es so unzweifelhaft, dass es weh tat.« (177)

Dies ist ein Beispiel für Alexanders Ringen um die Koexistenz dieser beiden Realitäten – einerseits der irdischen und andererseits der spirituellen. Seine fundierte und langjährige wissenschaftliche Ausbildung hatte keinen Platz für seine spirituellen Erfahrungen. Er hat diese außer körperlichen, nicht materiellen Zustände erlebt und versucht, sie mit seinem wissenschaftlichen Weltbild in Einklang zu bringen.

Der Widerspruch ist massiv und könnte heftiger nicht sein. Er rührt nicht daher, dass er im materiellen Alltagsbewusstsein an einer spirituellen Sitzung teilgenommen hätte, was ein nachgerade harmloser Widerspruch gewesen wäre – nein, sein Großhirn war tot! Mausetot! Das war keine Simulation einer Nahtoderfahrung, sondern es war tatsächlich eine. Es brachte ihn dazu, sich mit dieser außerkörperlichen, nicht materiellen Erfahrung auseinanderzusetzen und die Existenz dieser nicht-physischen Realität zu akzeptieren.

Spiritualität

»Die physische Seite [des Universums] ist ein Staubkörnchen im Vergleich zu seinem unsichtbaren, spirituellen Teil. Früher hätte es mir meine Auffassung verboten, ein Wort wie spirituell in einem wissenschaftlichen Gespräch zu verwenden. Mittlerweile halte ich es für ein Wort, das wegzulassen wir uns nicht leisten können.« (119)

»Wir – die spirituellen Wesen, die gegenwärtig unsere im Laufe der Evolution entwickelten sterblichen Körper und Gehirne bewohnen, das Produkt und die Erfordernis der Erde – treffen die wirklichen Entscheidungen. Wahres Denken ist keine Sache des Gehirns. (…) Wahres Denken ist vorkörperlich. Es ist das Denken hinter dem Denken (…)« (122)

»Und die tiefe und beruhigende Wahrheit zu wissen, dass unser ewiges spirituelles Selbst realer ist als irgendetwas, was wir in diesem physischen Bereich wahrnehmen, und dass es eine göttliche Verbindung zur grenzenlosen Liebe des Schöpfers hat.« (198)

»Ich war blind, und jetzt kann ich sehen‹, bekam eine ganz neue Bedeutung, denn ich verstand auf einmal, wie blind wir auf der Erde für die umfassende Natur des spirituellen Universums sind. Das gilt besonders für Menschen, wie ich einer gewesen war, die glauben, dass die Materie die eigentliche Wirklichkeit ist und dass alles andere – Denken, Bewusstsein, Ideen, Emotionen, Geist – einfach nur Produkte davon sind. Diese Offenbarung inspirierte mich sehr, weil sie mir erlaubte, die Schwindel erregenden Höhen der Gemeinschaft und des Verstehens zu sehen, die vor uns allen liegen, wenn jeder von uns die Einschränkungen seines physischen Körpers und Gehirns hinter sich lässt.« (212)

Diese Zitate stehen im Prinzip für sich. Man muss sie nicht weiter kommentieren. Alexander hat die Spiritualität erfahren.
Sie ist kein intellektuelles Konzept oder eine logische Schlussfolgerung von ihm. Erst mit dieser Erfahrung der spirituellen Dimension ordnet sich alles in der richtigen Relation, auch das Denken! Kernerkenntnis der spirituellen Erfahrung ist, dass die Materie nicht die eigentliche Wirklichkeit ist.

Gefühle

»An dem Tag, an dem die Himmelstore für mich verschlossen blieben, empfand ich eine Traurigkeit, wie ich sie nie zuvor empfunden hatte. Gefühle sind anders dort oben. Alle menschlichen Emotionen sind präsent, aber sie sind tiefer, weiter. Sie sind nicht nur innen, sondern auch außen. Stellen Sie sich vor, dass sich jedes Mal, wenn sich hier auf der Erde ihre Stimmung verändert, sofort auch das Wetter mit verändert. Dass ihre Tränen einen sintflutartigen Regen auslösen und ihre Freude auf der Stelle die Wolken zum Verschwinden bringt. Das gibt uns eine Vorstellung davon, wie viel riesiger und folgenschwerer als hier unten Stimmungsschwankungen dort oben sind, wie seltsam und wie kraftvoll, dass das was wir uns als ›innen‹ und ›außen‹ denken, überhaupt nicht wirklich existiert.« (144)

Ich durfte es selbst schon erleben, wie eine sehr intensive emotionale Begegnung mit einer Frau dazu führte, dass wir Wetter machten. Unsere Begegnung war ein Auf und Ab von Streit und Versöhnung und jedes Mal passte das Wetter dazu. Der Himmel verdunkelte sich gleichzeitig mit schweren Wolken oder die Sonne schien leuchtend auf uns herab. Man mag es Zufall nennen, aber die ganze Situation war so magisch, dass diese Trennung zwischen innen und außen tatsächlich aufgehoben schien.

Alexander spricht auch von den Folgen von Stimmungsschwankungen in diesen höheren Regionen, die ungleich schwerer wiegen als hier in der irdischen Sphäre. Aus der vedischen Spiritualität erfahren wir, dass in der spirituellen Welt jede Vorstellung sofort Wirklichkeit wird. Jeder Gedanke manifestiert sich sofort als Realität. Jedes Gefühl manifestiert sich im Außen.

Deshalb kann nur eine Seele in die spirituelle Welt eintreten, die vollständig von ihrem materiellen Ego gereinigt ist. Man stelle sich die Störung vor, wenn ein Egoist seine Gedanken und Wünsche sofort realisieren könnte. Dass dies hier auf unserer Realitätsebene nicht funktioniert, liegt demzufolge daran, dass wir nicht in unserer spirituellen Identität sind. Die Spaltung zwischen Innen und Außen bzw. zwischen Idee und Realität resultiert aus der Abspaltung von unserer spirituellen Identität.

Das spirituelle Ich

»Je mehr von meinem wissenschaftlichen Denken zurückkehrte, desto deutlicher sah ich, in welch radikalem Gegensatz das, was ich in Jahrzehnten der akademischen Ausbildung und der medizinischen Praxis gelernt hatte, zu dem stand, was ich im Koma erlebt hatte, und desto mehr verstand ich, dass das Bewusstsein und die Persönlichkeit (unsere Seele oder unser Geist, wie manche es nennen würden) über den Körper hinaus existieren. Ich musste der Welt meine Geschichte erzählen (174)

Für ihn ist es so evident wie nur irgendwas, dass er trotz des Komas und des damit verbundenen Hirntodes bewusste Erfahrungen machte. Er spricht hier auch wieder von der »Persönlichkeit«. Es ist im allgemeinen schwierig, für dieses Phänomen einen verbindlichen Begriff zu finden. Es gibt keinen. Manche nennen es Geist, manche nennen es Seele.

Es gibt viele Begriffe, aber nur ein Etwas, was damit bezeichnet wird. Von daher ist es müßig, immer wieder über die Definition oder die Benennung zu streiten oder zu diskutieren. Es geht um dieses innere Wesen von uns, unseren wahren Kern, unsere Identität, unser Ontos. Wohl hat dieses Ontos indes klare Eigenschaften, die zu beschreiben möglich sein sollte. Interessant finde ich, dass er es als eine Persönlichkeit bezeichnet. Verfolgt man Alexanders Geschichte, findet man, dass er immer als Ich existent ist. Alles, was er in diesen spirituellen oder feinstofflichen Bereichen erlebt, erlebt er als ein Individuum, als eine Person. Wir werden diesen Aspekt im zweiten Teil näher diskutieren.

Das Nahtoderlebnis – klinischer Tod

»Mir wurde schnell klar, dass mein Nahtoderlebnis aus fachlicher Sicht nahezu makellos gewesen ist, vielleicht einer der überzeugendsten Fälle dieser Art in der neueren Geschichte. Was in meinem Fall wirklich Gewicht hat, ist nicht das, was mir persönlich passiert ist, sondern die absolute Unmöglichkeit, aus medizinischer Sicht zu behaupten, dass dies alles Fantasie gewesen ist.« (184)

Er schreibt dies sicherlich in Hinsicht auf seine Kollegen in der Ärzteschaft, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen reduktionistischen Prägung kaum bereit sind, derartige Schilderungen von Laien zu akzeptieren. Aufgrund seiner Karriere in den Neurowissenschaften bietet sich hier jedoch die einzigartige Gelegenheit, es auch diesen Zuhörern schmackhaft zu machen.

Das ist es, was das Buch für mich so spannend macht: dass hier eine wissenschaftlich geschulte Intelligenz diese Erfahrung verarbeitet. Hier muss man recht wenig blind glauben und die Phänomene, die er beobachtet und erfährt, werden sehr nachvollziehbar und klar beschrieben.

»Diese Phänomene sind real, und wir müssen versuchen, sie in ihrem Wesen zu verstehen, wenn wir die Realität unserer Existenz begreifen wollen(207)

Die Realität unserer Existenz geht über dieses kleine Fenster des zeitweiligen irdischen Daseins hinaus. Materialistische Wissenschaftler sind wie Menschen, die durch ein Fenster schauen. Wenn auf der linken Seite ein Vogel erscheint, vorbeifliegt und auf der rechten Seite wieder verschwindet, so schlussfolgern sie, der Vogel hätte in dem Moment, als er links erschien, begonnen zu existieren, und seine Existenz sei zu Ende, wenn er auf der rechten Seite des Fensters wieder verschwindet.

Die Realität bekommt eine ganz andere Dimension, wenn sich dieser Bewusstseinsraum der Ewigkeit öffnet. Viele kleine Kreise und Unterkreise unseres Daseins, die wir sonst als absolut sehen, relativieren sich.

Bewusstsein und Wissenschaft

»Es ist unmöglich, die innerste Realität des Universums zu erforschen, ohne sein Bewusstsein einzusetzen. Das Bewusstsein ist nicht nur alles andere als ein unwichtiges Nebenprodukt körperlicher Prozesse, wie ich vor meinem Erlebnis gedacht hatte, es ist auch sehr real, und zwar sehr viel realer als der Rest der physischen Existenz und höchstwahrscheinlich die Basis von allem.« (202)

Heutzutage erfahren wir gerade aus der Quantenphysik, wie hoch der Stellenwert des Bewusstseins ist. Die modernsten Forschungen (C. F. v. Weizsäcker, Th. Görnitz, H. P. Duerr) sind bereits bei der Materielosigkeit angekommen und postulieren eine immaterielle Wirkung auf die Materie. Momentan verwenden sie dafür bevorzugt den Begriff der »Information« – für nüchterne Wissenschaftler sicherlich ein ausreichend neutraler Begriff, um sich einerseits nicht explizit auf geistige oder gar spirituelle Kategorien berufen zu müssen und andererseits aber doch immaterielle Ursachen beschreiben zu können.

Aus der vedischen spirituellen Tradition erfahren wir, dass die materielle Manifestation eine Art sekundärer Ausflockung des spirituellen Originals ist.

»Was ich da draußen entdeckt habe, ist die unbeschreibliche Grenzenlosigkeit und Komplexität des Universums, sowie die Tatsache, dass das Bewusstsein die Basis von allem ist, was existiert. (…) Was meine Erfahrung so ungewöhnlich machte, war (…) die aufsteigende Unmittelbarkeit, mit der ich die grundlegende Rolle des Bewusstseins oder Geistes erlebte.« (208)

»Doch als ich meinen physischen Körper hinter mir ließ, erlebte ich diese Fakten unmittelbar, ich kann mit voller Überzeugung sagen, dass ich, während ich im Übergangsbereich und dem Zentrum war, tatsächlich ›wissenschaftlich arbeitete‹, auch wenn ich zu der Zeit den Begriff nicht einmal kannte. Es war eine Wissenschaft, die sich auf das wahrste und anspruchsvollste Werkzeug für die wissenschaftliche Forschung stützte, das uns zur Verfügung steht: das Bewusstsein selbst. Je eingehender ich mich damit beschäftigte, desto mehr war ich davon überzeugt, dass meine Entdeckung nicht einfach nur interessant oder dramatisch war. Sie war wissenschaftlich. Je nachdem, mit wem man sich unterhält, ist Bewusstsein für die wissenschaftliche Forschung entweder das größte Rätsel oder absolut uninteressant. Erstaunlich ist, wie viele Wissenschaftler es für Letzteres halten. Für viele – vielleicht die meisten – Wissenschaftler ist Bewusstsein nichts, worüber man sich Gedanken machen müsste, weil es ihrer Ansicht nach nur ein Nebenprodukt körperlicher Prozesse ist. Viele Wissenschaftler gehen sogar noch weiter und sagen, Bewusstsein sei nicht nur ein zweitrangiges Problem, sondern zudem nicht einmal real.« (204)

An dieser Stelle benennt Alexander das ganze bodenlose und bestürzende Problem der modernen materialistischen Wissenschaft und ihrer Vertreter: Sie ignorieren oder leugnen das Bewusstsein. Sie tun einfach so, als sei das nicht wichtig. Tatsächlich wissen sie nicht, wie sie es beschreiben und in ihren reduktionistischen Rahmen einfügen sollen. Also ignorieren sie es einfach.

Dies ist genauso absurd wie die Tatsache, dass die Biologie die Lebendigkeit nicht erklären kann und es auch nicht versucht.

Die Biologie ist die Wissenschaft vom Leben, aber die Biologen untersuchen nur isolierte Zellen oder totes Gewebe. Sie bemühen sich nicht, das lebende, lebendige Lebewesen in seiner Ganzheit zu beschreiben, denn dann müssten sie die spirituellen Ebenen mit einbeziehen.

Aber da sie selbst Materialisten sind, deren Motiv eine einfache mechanische Naturbeherrschung ist, eine Kontrolle der Elemente zwecks ihrer Umformung zu Gebrauchsgegenständen für den menschlichen Genuss, müssen sie diese spirituellen Ebenen abspalten. Sobald sie sich nämlich für diese spirituelle Ebene öffnen, kommen Fragen der Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit in die Reichweite und sie müssen sich ihren egoistischen Motiven stellen.

Naturbeherrschung und Einverleibung von anderen Lebewesen für den eigenen Vorteil lässt sich mit einer spirituellen Wahrheit nicht vereinen.

Eben hat einen erweiterten Wissenschaftsbegriff, wie er für das neue Zeitalter und das neue Paradigma beispielhaft ist.

Zuerst hatte er diese reale, empirische Situation der Nahtoderfahrung. Dadurch erweitert sich sein Wissen über die Realität und er kommt mit der Zwangsläufigkeit einer logischen Stringenz zu dem Ergebnis, dass die spirituellen Kategorien in eine wissenschaftliche Beschreibung der Realität integriert werden müssen. Dies ist die faszinierende Qualität und Einzigartigkeit seines Falles.

Sein Wissen entspringt nicht aus seiner kognitiven Erkenntnis, sondern aus seinem realen Tod. Sein Fall ist damit ein Präzedenzfall und eine Fundgrube für die Synthese von Wissenschaft und Spiritualität.

Lesen Sie am 18. Mai 2019, im 2. Teil des Aufsatzes, wie Alexander Gott als unendliche Liebe wahrnahm, aber »nicht ganz eins« mit ihm werden konnte. Seine Gotteserfahrung ist detailliert und sehr persönlich. Sie offenbart für Religion und Spiritualität grundlegende Einsichten.

Literaturnachweis:cover-blick in die Ewigkeit

»Blick in die Ewigkeit.
Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen«,
Dr. med. Eben Alexander
Ansata Verlag, München 2013, geb.,
Taschenbuch: 256 Seiten

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04.05.2019
Ronald Engert


Über den Autor dieses Artikels

Neurowissenschaftler berichtet über Nahtod Ronald Engert Tattva Viveka
Ronald Engert

Ronald Engert
Geb. 1961. Studium der Germanistik, Romanistik, Philosophie und Filmwissenschaften, später Indologie und Religionswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M. 1994
Mitgründung der Tattva Viveka, seit 1996 Herausgeber und Chefredakteur. 1994 Gründung des INES-Instituts (Institut für Essenzphilosophie).
Blog: www.ronaldengert.com


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1 Kommentar

  1. Einer der besten Beiträge zu diesem Thema, mit dem ich 2015 selbst Erfahrung machen durfte. Sie ist – im Nachhinein betrachtet – ein Gottesgeschenk.
    Vieles kann ich bestätigen. Manches nahm ich anders wahr, doch das tut dieser universellen Wahrheit natürlich keinen Abbruch.
    Danke für den fundamentalen Beitrag, der auch für Nichterfahrene lesbar verfasst ist. Sehr empfehlenswert, weil er uns zeigt, was Verbindung ist und wie sehr wir noch immer von der großen Trennung beeinflusst sind.

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