Bedeutung und Kunst des Sich Mitteilens
Das Sich-Mitteilen ist eine der elementarsten Handlungen des Menschseins, doch gleichzeitig eine der tiefsten spirituellen Praktiken. Es ist der Akt, unser Inneres nach außen zu bringen, uns mit anderen zu verbinden und die universelle Wahrheit zu teilen, die in uns allen liegt. In diesem Beitrag möchte ich die Bedeutung des Sich-Mitteilens als spirituellen Wert ausführlicher beleuchten, indem wir sowohl philosophische als auch spirituelle Lehren heranziehen und Zitate bedeutender Lehrer einbinden.
Sich-Mitteilen: Die Brücke zwischen Innen und Außen
Das Sich-Mitteilen beginnt mit einem inneren Bedürfnis: Der Wunsch, gesehen, gehört und verstanden zu werden. Dieses Bedürfnis entspringt nicht nur dem Ego, sondern auch dem Wunsch nach Verbundenheit. Spirituell betrachtet ist das Sich-Mitteilen die Brücke, die unser Inneres mit der äußeren Welt verbindet.
Rumi: “Singe wie ein Vogel”
Der persische Mystiker und Dichter Rumi schrieb:
“Singe wie ein Vogel, nicht weil du Antworten hast, sondern weil du ein Lied hast.”
Dieser Satz verdeutlicht, dass das Sich-Mitteilen keine Frage von Perfektion oder intellektueller Klarheit ist. Es ist vielmehr der natürliche Ausdruck unserer Seele, der durch unsere Worte, Gesten und unser Handeln fließt. Sich mitzuteilen bedeutet, sich authentisch auszudrücken, ohne Angst vor Beurteilung.
Das Sich-Mitteilen in spirituellen Traditionen
In den großen spirituellen Traditionen der Welt wird das Sich-Mitteilen als eine heilige Praxis betrachtet. Es ist mehr als der Austausch von Informationen – es ist ein Akt der Liebe, des Mitgefühls und der Gemeinschaft.
Buddhismus: Die Praxis des „richtigen Sprechens“
Im Buddhismus wird „richtiges Sprechen“ (Samma Vaca) im Achtfachen Pfad als zentrale Tugend hervorgehoben. Der Buddha lehrte, dass Worte nicht nur Werkzeuge sind, sondern auch spirituelle Energien tragen können. Wahrhaftiges, mitfühlendes und nützliches Sprechen ist eine Form der spirituellen Praxis, die Harmonie schafft.
Der Buddha sagte:
“Sprich nur, wenn deine Worte schöner sind als die Stille.”
Dies zeigt, dass das Sich-Mitteilen in der spirituellen Dimension nicht wahllos oder gedankenlos erfolgen sollte. Es sollte durchdrungen sein von Bewusstheit, Mitgefühl und dem Wunsch, Positives zu bewirken.
Christentum: Das Wort als heilige Kraft
Im Christentum hat das „Wort“ eine zentrale Bedeutung. Die Bibel beginnt mit den Worten:
“Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.” (Johannes 1,1)
Das Sich-Mitteilen wird hier als eine schöpferische und transformative Kraft betrachtet, durch die göttliche Wahrheit und Liebe in die Welt getragen werden können. Sich mitzuteilen bedeutet in diesem Kontext, die Stimme der göttlichen Liebe und Wahrheit zu sein.
Sufismus: Kommunikation als Ausdruck der Einheit
Im Sufismus wird das Sich-Mitteilen als Akt der Einheit gesehen. Die Worte, die wir sprechen, und die Gesten, die wir machen, sind Ausdruck der göttlichen Einheit, die uns alle verbindet. Der Sufi-Meister Hazrat Inayat Khan sagte:
“Jede Seele ist ein Notenblatt im Lied des Universums. Wenn wir uns mitteilen, spielen wir unsere Note und bringen Harmonie in das große Lied.
Diese Sichtweise hebt hervor, dass das Sich-Mitteilen nicht nur ein individueller Akt ist, sondern ein Beitrag zum großen kosmischen Ganzen.
Die spirituelle Tiefe des Zuhörens
Das Sich-Mitteilen ist keine Einbahnstraße. Es erfordert auch das aktive Zuhören, das in vielen spirituellen Traditionen als ebenso wichtig angesehen wird wie das Sprechen. Zuhören ist ein Akt des Mitgefühls und der Präsenz.
Thich Nhat Hanh: „Mitfühlendes Zuhören“
Der vietnamesische Zen-Meister Thich Nhat Hanh hat die Praxis des „tiefen Zuhörens“ gelehrt, die er als Form der Liebe beschreibt:
“Manchmal reicht es, jemandem wirklich zuzuhören, um sein Leiden zu lindern.
Zuhören ist ein Akt des Sich-Mitteilens, weil wir durch unsere Präsenz und Aufmerksamkeit dem anderen signalisieren: „Ich bin hier, um dich zu empfangen.“ Dieses bewusste Zuhören ist eine Möglichkeit, Heilung und Verbindung zu fördern.
Sich-Mitteilen als Akt der Authentizität und des Vertrauens
Sich mitzuteilen bedeutet, sich verletzlich zu machen. Es erfordert den Mut, authentisch zu sein, auch wenn das Risiko besteht, nicht verstanden zu werden. Authentizität ist ein spiritueller Wert, der uns mit unserer wahren Natur verbindet.
Brené Brown: Verletzlichkeit als Stärke
Die moderne Forscherin und spirituelle Lehrerin Brené Brown schrieb:
“Sich verletzlich zu zeigen ist der größte Akt des Mutes. Es ist auch der Beginn jeder echten Verbindung.”
Spirituell betrachtet bringt uns das Sich-Mitteilen in Kontakt mit unserer Essenz und erlaubt uns, uns so zu zeigen, wie wir wirklich sind – ohne Maske, ohne Ego.
Das Geschenk des Sich-Mitteilens in Gemeinschaften
In Gemeinschaften, sei es eine Familie, ein Freundeskreis oder eine spirituelle Gruppe, ist das Sich-Mitteilen der Schlüssel zu Einheit und Harmonie. Es schafft Räume für Verstehen, Trost und gemeinsame Freude.
Martin Buber: „Ich und Du“
Der Philosoph Martin Buber betonte, dass echte menschliche Begegnungen durch das „Ich-Du“-Verhältnis geprägt sind. Er schrieb:
“Alles wirkliche Leben ist Begegnung.
Das Sich-Mitteilen ermöglicht diese Begegnung, bei der wir einander nicht als Objekte, sondern als vollständige und gleichwertige Wesen wahrnehmen.
Sich-Mitteilen als spirituelle Praxis in der modernen Welt
In einer Welt, die zunehmend von oberflächlicher Kommunikation geprägt ist, wird das Sich-Mitteilen zu einer Gegenbewegung. Es geht darum, echte Verbindungen herzustellen, die Tiefe haben und Sinn stiften.
Praktische Ansätze für achtsames Sich-Mitteilen:
- Ehrlichkeit und Authentizität: Sprechen Sie aus Ihrem Herzen, ohne Angst vor Urteilen.
- Aktives Zuhören: Seien Sie präsent und schenken Sie der anderen Person Ihre volle Aufmerksamkeit.
- Mitgefühl kultivieren: Lassen Sie Ihre Worte von Mitgefühl geleitet sein, nicht von Ego oder Ärger.
Fazit: Sich-Mitteilen als universeller Ausdruck der Liebe
Am Ende ist das Sich-Mitteilen ein Ausdruck der Liebe – Liebe zu sich selbst, zu anderen und zur göttlichen Einheit, die alles durchdringt. Es ist ein Akt der Schöpfung, des Vertrauens und der Verbundenheit. Indem wir uns mitteilen, erheben wir unsere Seele und tragen zur spirituellen Entwicklung aller bei.
Lassen wir uns von den Worten des Heiligen Franz von Assisi inspirieren:
“Oh Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens. Wo Hass ist, lass mich Liebe bringen; wo Verletzung ist, Vergebung; wo Zweifel ist, Glauben.”
Durch unser Sich-Mitteilen können wir genau dies tun: ein Werkzeug des Friedens, der Liebe und des Lichts sein.
02.10.2024
Uwe Taschow
Uwe Taschow
Als Autor und Herausgeber von Spirit Online denke ich über das Leben nach. Eigene Geschichten sagen mir wer ich bin, aber auch wer ich sein kann. Ich ringe dem Leben Erkenntnisse ab um zu gestalten, Wahrheiten zu erkennen für die es sich lohnt zu schreiben.
Das ist einer der Gründe warum ich als Mitherausgeber des online Magazins Spirit Online arbeite.
“Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.”
Albert Einstein
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