Janoska Ensemble Gespräch – Nur gemeinsam geht’s

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Fotocopyright Andreas Bitesnich

Janoska Ensemble – Nur gemeinsam geht’s …  

Wie gehen mehr und mehr in das Gemeinsame, das einem Orchester, einem Ensemble gleicht. Das ist nicht Zeitgeist, sondern wir sind aufgefordert, uns mit dem Gemeinsamen zu beschäftigen und zu lernen. Abstimmung, Respekt, Zuhören … zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen. Das wird mehr denn je gefordert.

Andrea Riemer ist dazu im Gespräch mit den Mitgliedern des Janoska Ensemble, einem einzigartigen Quartett mit einem einzigartigen Zugang zu Musik. Es geht um Wege, wie man aus schwierigen Bedingungen das Beste macht, wie man sich in der Gemeinschaft stärken kann, wie wichtig Einheit über Musik und das Herz ist, über die Bedeutung der Familie, und was in der Ruhe und Stille alles möglich – sogar eine große Komposition zu Ehren von Ludwig van Beethoven. Spiritualität als Gemeinschaftserlebnis.

2020 ist ja ein wahrlich besonderes Jahr

mit den vielen Einschränkungen. Wie geht Ihr als Ensemble damit um? Hilft dabei eine Grundspiritualität, ein Grundvertrauen, um durch diese herausfordernde Zeit gut durchzukommen?

Ondrej: „Also, wir sind eigentlich privilegiert, denn wir konnten gleich nach Aufhebung des ersten Lockdowns, also ab Anfang Juli, wieder regelmäßig spielen. Vielen Kollegen ging es da nicht so gut und wir sind deshalb sehr dankbar, dass Veranstalter an uns festhielten. Durch die Beschränkungen des Corona Virus gingen sehr viele Festivals und Veranstalter über, sogenannte Streaming Konzerte über Social Media zu absolvieren: Das war eine ganz neue Erfahrung für uns – in einem Theater vor mehreren Kameras und entsprechender Mikrophonierung, aber ohne Publikum für viele Menschen on air oder on demand zu spielen. Eigenartig dabei war übrigens, dass man nicht mal weiß, wie viele Menschen da gerade zuhören.“

Franti: „Ja, aber spannend war auch, dass dies unsere Spielfreude nicht beeinflusste: wir sind untereinander so stark verbunden, dass wir alle davon überzeugt sind, dass das was wir tun, richtig ist und – letztlich deshalb auch unsere unbändige Freude am gemeinsamen Musizieren – wir den Menschen etwas geben können, diese Freude im Stande sind zu transportieren und eben – auch nur virtuell – einen Kontakt zu unseren Fans herstellen können.“

Die Familie gilt für vieles als Wurzel

und ist Ausdruck von Gemeinsamkeit. Gemeinsam agieren gilt ja auch als DAS Thema der neuanbrechenden Zeit. Auch wenn es da und dort Reibungspunkte gibt, gilt die Familie vielen als Auffangnetz, vor allem in schwierigen Zeiten.
Inwieweit spielt Eure Familiengeschichte in die Musik, die Ihr präsentiert hinein?

Roman: „Wie machen nun bereits in der siebten Generation Musik, bei Julius wird bereits seit drei Generationen Kontrabass gespielt, und natürlich war und ist unsere gemeinsame „Sprache“ immer die Musik. Wir haben außerdem Corona gut genutzt und viel Zeit mit unserer Familie, unseren Kindern verbracht. Wir waren in den vergangenen Jahren viel auf Tournee und genießen deshalb sehr, mit unseren Lieben gemeinsam zu musizieren, zu spielen und lernen oder einfach privat miteinander Zeit zu verbringen. Diese „Aus-Zeit“ konnten wir auch nutzen, um zu komponieren, neue Konzepte zu erstellen: so sind in dieser Zeit einige neue Stücke entstanden, unter anderem eine groß angelegte Komposition zu Ehren Ludwig van Beethovens mit dem Titel „Nine Symphonies in nine minutes“ oder mein neues Stück „Tango for Marco“, das ich meinem zweitgeborenen Sohn gewidmet habe. Die Familie als Umfeld gibt uns da ein absolut wichtiges und ideales Umfeld.“ 

Inwieweit gibt sie Euch Kraft und Inspiration?

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Fotocopyright Andreas Bitesnich

Julius: „Wenn alle mit einem Lächeln aus dem Konzert hinausgehen, dann sind wir glücklich! Wir haben zum Beispiel in den USA nach Konzerten, mit Leuten gesprochen, die auf uns zukamen und meinten, sie fühlen sich so >energetisiert<, also aufgeladen. Wir verstehen das ja auch so, dass wir während des Konzertes unsere Energie ans Publikum geben – es unmittelbar, also noch während des Konzerts, vom Publikum wieder zurückbekommen und das zirkuliert dann…“ 

Gibt es dabei eine spirituelle Komponente?

Ondrej: „Ja, auf jeden Fall: durch unsere Familie, durch unseren Zusammenhalt – und man sieht ja, dass wir sehr gut aufeinander eingestimmt sind: DAS merken die ZuhörerInnen auch.“

Julius: „Durch das harmonische Zusammenspiel entsteht eine Einheit, ein großer Kreis, der sich dann schließt – und dieser „geschlossene“ Kreis, Musik zu machen – würden wir uns nicht verstehen, würde das auch das Publikum merken, nämlich in der Musik, dass dort etwas fehl am Platz ist: Durch die Harmonie des Ensembles – nicht nur musikalisch sondern auch menschlich – verkörpern wir eine Einheit.“

Franti: „Wie bereits erwähnt, machen unsere Vorfahren schon seit vielen Generationen andere Menschen mit und durch Musik glücklich. Und wir haben das geerbt! Wir können die Menschen zum Lachen und zum Weinen bringen – durch Emotionen und durch unser Spiel. Und wenn ich jetzt genauer überlege, so meine ich, wir spielen nicht wie andere Künstler – also das wir „nur“ ein Stück interpretieren – sondern wir beobachten auch die Menschen, die uns zuhören.“

Roman: „Wir möchten, dass die Leute glücklich sind. Und über Improvisation versuchen
wir, diejenigen Emotionen raus zu bringen, welche die Menschen, die uns zuhören, brauchen. Eine Bekannte von uns hat beim letzten Konzert zum Beispiel gemeint, sie hätte das ganze Konzert durchgeheult, weil wir so tiefe Emotionen in ihr geweckt haben.“

Julius: „Es ist vielleicht auch interessant, dass Roman vor jedem Konzert kurz meditiert und dass wir vor dem Konzert ein Ritual haben, und zwar dass wir uns alle in einem Kreis die Hand geben, damit die Energie gut fließen kann – und dabei wünschen wir uns das bestmögliche für das Publikum und uns beim Konzert.“

Franti: „In diesen Kreis beziehen wir auch alle Anwesenden, also Inspizienten, Bühnenarbeiter oder Veranstalter mit ein, damit alles reibungslos funktioniert – es ist fast wie bei einem Football-Spiel – und unser Ruf ist dann >Janoska Style!<.“

Wie spirituell ist Komposition (Franti)?

Franti: „Mir ist es wichtig, dass die Frequenz um mich herum positiv gestimmt ist – also ich umgeben bin von Menschen, die sich freuen, dass sie sich sehen und gut miteinander sprechen – dann kann ich arbeiten und komponieren. So ist meine erste Symphonie auch entstanden. Da habe ich einfach die Melodien aufgenommen und später aufgeschrieben. Und dann brauche ich einen Raum, wo wirklich Ruhe ist. Denn da muss man wie ein Mathematiker denken, welche Stimmen im Orchester passen können … also Detailarbeit. Das ist ein wichtiger Teil. Aber der noch viel wichtigere Teil ist die Inspiration, also wenn mir das einfällt und dabei in meinem Kopf das ganze schon klingt. Dann muss ich das schnell mit Klavier spielen und aufnehmen oder auch merken, um es dann parat zu haben.
Das ist ja letztendlich auch ein sehr spiritueller Moment, wenn man die Komposition im Kopf schon hört – es kommt ja auch alles irgendwie von innen heraus.
Es gibt übrigens auch ein Video, wo ich „Leos dance“ komponiert habe: Mein Sohn Amadeus spielt auf seinem kleinen Klavier – damals noch irgendetwas Beliebiges – und Leonidas am Schlagzeug. Und da ist dieses Stück geboren worden. Das habe ich kurzer Hand aufgenommen und für das Ensemble adaptiert.“

Wie fügt sich die Geige in das Ensemble

(Ondrej und Roman) und wo liegen die Unterschiede zwischen Euch beiden im Vortrag und Beitrag?

Ondrej: „Wir haben – im Unterschied zu andere Ensembles oder Kammermusik-Formationen – keine Erste oder Zweite Geige, sondern sind beide ebenbürtig.“

Roman: „Ondrej ist vorwiegend für die klassische Ausarbeitung zuständig, und ich für die jazzige Phrasierung. Das kann aber auch wechseln…“

Ondrej: „Ja, das ist zwischen uns beiden ein Art Wechsel – wie ein Echo – oder noch besser wie ein Dialog und korrespondiert natürlich stark mit Franti am Klavier und Julius am Bass.“

Roman: „Das passiert alles innerhalb spontaner Improvisation auf der Bühne und ist eigentlich wie in einem Gespräch..“

Über die Spiritualität des Kontrabasses

sprachen wir ja bereits – doch wie speziell ist das in diesem Ensemble (Julius)?

Julius: „Ich bin im Ensemble sozusagen das „Fundament“, bin für die Grooves verantwortlich und spiele eine wichtige Rolle auch, die dem Ensemble einen Zusammenhalt ermöglicht.“

Wollt Ihr mit Eurer Musik auch

– zusätzlich zur musikalischen Botschaft – eine spirituelle Botschaft vermitteln – auch wenn Ihr es vielleicht so nicht ausdrückt?

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Fotocopyright Andreas Bitsenich

Julius: „Wenn wir ein Konzert spielen – ein Konzert dauert meistens ca. 90 Minuten plus Pause – dann ist es unser Ziel, dass wir die Menschen in dieser Zeit wirklich unterhalten und sie aus dem Alltag, den sie haben, herausnehmen. Dieses Feedback, also dass uns das glückt, haben wir von mehreren Leuten schon bekommen, nämlich dass sie, wenn sie in unserem Konzert sind, alles andere für eineinhalb Stunden vergessen können uns sich emotional erfreuen. Das macht uns glücklich, motiviert uns und bestätigt uns in unserem Glauben an unser Tun.“

Wie sehen Eure Abstimmungsprozesse im Ensemble aus?

Franti: „Es ist – beim Entstehen einer Nummer – immer entscheidend, wer welche Wünsche hat oder was der Einzelne für gut empfindet: das wird von den anderen respektiert. Und das Schöne ist, dass wir meistens immer derselben Meinung sind. Das hängt natürlich sehr damit zusammen, dass wir uns natürlich alle sehr gut kennen, dass wir drei Brüder sind und jeder weiß um die Vorlieben der anderen.“

Ondrej: „Wir sind natürlich alle Vier sehr starke Persönlichkeiten und jeder bringt sein Element in die Musik, aber auch in das Ensemble hinein.“ 

Roman: „Wir entscheiden uns zum Beispiel zuerst einmal für ein Stück, das uns spirituell anspricht, was wir gerne haben. Mit diesem Stück kommt dann einer von uns zur Probe; wir schauen uns das Stück gemeinsam an, besprechen was wir hier und dort machen oder wie wir das in unserem Stil gestalten könnten.“

Julius: „Dann bringt der Frantisek 60% auf Papier und 40% sind dann immer in jedem Konzert anders, weil improvisiert wird. Es entstehen auf der Bühne spontane, spirituell Improvisationsmomente – deswegen sind keines unserer Konzerte gleich und das Programm immer abwechslungsreich und vielfältig.“

Wie spirituell im Sinne vom Mitgefühl,

Rücksichtnahme, Begegnung auf Augenhöhe, Achtsamkeit und Bewusstsein ist das Ensembleleben?

Franti: „Voraussetzung für ein Miteinander ist natürlich Respekt. Aber auch wenn wir eine Diskussion oder Auseinandersetzung haben, zum Beispiel zur Ausführung einer Passage, dann dauert das nie länger als drei oder fünf Minuten, weil man Familie ist!“

Ondrej: „Dabei ist wichtig festzuhalten, dass gerade konträre Meinungen sehr oft zu etwas Neuem führen und zur Weiterentwicklung des Ensembles beitragen. Also das darf man ruhig auch konstruktiv sehen.“

Julius: „Ja, das ist ein Lernprozess – aber dadurch, dass wir alle immer das Gleiche anstreben, sind wir uns meistens sehr schnell einig. Ich weiß zum Beispiel immer – wenn wir uns in ein Restaurant setzen – was Roman essen wird, wenn ich die Karte sehe: weil ich ihn so gut kenne…“

Roman: „Wichtig sind für diesen Zusammenhalt auch die familiären Partys, wie zum Beispiel das große Fest von Ondrej im Sommer, wo wir alle gemeinsam feiern und uns eben noch näher kommen. Das heißt, wir sind nicht nur musikalisch gemeinsam unterwegs, sondern auch im Alltag.“

Julius: „Ja, das stärkt unsere Beziehung und wenn wir alle zusammenkommen und alle gute Laune haben, dann nehmen wir die Instrumente und spielen dann – ich würde sagen, das ist Freude und Musik für uns, da spielen wir dann für die Familie.“

Franti: „.. für die Familie, für die Kinder, für die Frauen: Wenn ich meine Frau glücklich machen will, spiele ich für sie was am Klavier…“

Mehr zum Janoska Ensemble finden Sie unter janoskaensemble.com

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Unsere Empfehlung …

Ihr aktuelles Programm widmet sich THE BIG B’s. Bach, Beethoven, Brahms und Beatles, vier Große der Musik, die spiritueller nicht sein könnten. Improvisation – also etwas ohne Vorbereitung, aus dem Stegreif darzubieten – war bis zu Zeiten eines Johannes Brahms noch unumstößliches Markenzeichen der großen Meister. Doch um improvisieren zu können, muss man nicht nur Musik durchdrungen haben, sondern auch das Gemeinsame als Ensemble leben, aufeinander hören, sich wahrnehmen – ohne zu reden. Das ist eine besondere Form von Präzision jenseits von Noten am Blatt – und doch aus dem Innersten heraus. Nur wer aus dem Innersten getragen ist und eine Basis hat, kann sich frei spielen – gemeinsam. Mit ihrem Programm treten die vier Musiker des Janoska Ensembles an, um die hohe Kunst des Improvisierens in virtuoser Vollendung darzubieten. Dabei gelingt es den Ausnahmekünstlern in einer Art „Fusion“ mit der ursprünglichen Komposition zu verschmelzen. So entsteht eine neue, nie dagewesene Synergie zwischen Original und moderner Improvisation.

Tradition und Zeitgemäßes in einer neuen Verbindung. Auch höchst spirituell übrigens und hörenswert.

[*] Das Janoskaensemble besteht aus den drei Brüdern Ondrej, Frantisek (Franti) und Roman Janoska und Julius Darvas.

25.01.2021
Außerordentl. Honorarprofessorin Dr.habil. Dr. Andrea Riemer, Ph.D.
Zur Autorin finden Sie alles Wissenswerte unter:
www.andrea-riemer.de

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Veranstalterin Andrea Riemer

Andrea Riemer hat es nach einer 25 Jahre umfassenden, internationalen wissenschaftlichen Karriere in Strategie und Sicherheitspolitik gemeistert, sich seit 2012 als gefragte Autorin und Beraterin in Fragen zu Bewusstsein und Achtsamkeit zu etablieren.
Sie gilt mit ihren Arbeiten als Vordenkerin, die abstrakte Überlegungen mit praktischen Übungen für den Alltag gekonnt verbindet.

Damit man Zusammenhänge erkennt, zu Hintergründen Bescheid weiß und so Bewusstsein und Achtsamkeit lebendig lebt.
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